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Wallfahrtsrektor und Pastor in Kevelaer | * 1830 | † 1903
Joseph van Ackeren, der wohl bedeutendste Kevelaerer Wallfahrtsrektor im
19. Jahrhundert, hatte als Kaplan zwei Jahre lang auf der Nordseeinsel
Nordstrand gedient, als ihn im Mai 1860 der Ruf nach Kevelaer erreichte,
wo er die Leitung der Wallfahrtsstätten übernehmen sollte. Gut drei
Jahre später wurde er zusätzlich Pastor der St.-Antonius-Pfarrei.
Joseph van Ackeren.
Gemälde (Marienhospital
Kevelaer).
Bischof Johann Georg Müller, der für einen Monat lang im heutigen
Priesterhaus Quartier genommen hatte, führte ihn in sein neues Amt ein.
Die erste Handlung von van Ackeren, die bis heute nachwirkt, war die
Belebung der Beziehung Kevelaers zu Luxemburg, die durch das Gnadenbild,
ein Abbild der Luxemburger Madonna, seit 1642 bestand, jedoch noch ohne
Leben war. Er bereitete 1866, als Luxemburg die 200 Jahre zuvor
ausgesprochene Ernennung der „Trösterin der Betrübten“ zur Patronin der
Stadt feierte, die erste Wallfahrt von der „Tochter in Kevelaer“ zur
„Mutter in Luxemburg“ vor.
Es brach jedoch der Krieg zwischen Preußen und Österreich aus, die
Kevelaerer konnten nicht pilgern; so fand die „Premiere“ fünf Jahre
später statt. Rechtzeitig zum Jubiläum war das per Post geschickte
Geschenk Kevelaers in Luxemburg angekommen - eine massive Silberplatte
mit der Aufschrift „Filia Matri“ - „Die Tochter der Mutter“.
Seine nächste bleibende Spur in der Kevelaerer Geschichte setzte Joseph
van Ackeren 1872 mit der Vorbereitung für ein Kevelaerer Krankenhaus,
für das er die behördliche Erlaubnis beschaffte und das schließlich mit
Hilfe privater Stiftungen Wirklichkeit wurde.
Die Ausmalung der Kapellen und der großen Marienkirche, von 1858 bis
1864 erbaut und 20 Jahre nach van Ackerens Tod durch den Papst zur
„Basilica minor“ erhoben (1923), bekam erst durch diesen
Wallfahrtsrektor ihre heute hoch eingeschätzte kulturhistorische
Bedeutung. Nachdem bereits zehn andere in- und ausländische Studios
Entwürfe für Wandbilder und Fenster vorgelegt hatten, stieß van Ackeren
auf den Kirchenmaler Friedrich Stummel. Der Pastor stoppte 1879 den
bereits angelaufenen Prozess der Auftragsvergabe und leitete mit seiner
Verbindung zu dem Künstler das Jahrhundertwerk von Stummel und seinen
Schülern für Kevelaer ein. Es begann mit dem „Jüngsten Gericht“ in der
Beichtkapelle (1882) und der byzantinischen Kuppelausmalung der
Gnadenkapelle (1888).
Joseph van Ackeren schaltete sich mit Klugheit und Weitsicht in das
profane Leben des Ortes ein und scheute vor Auseinandersetzungen mit
Gewerbetreibenden nicht zurück, was er im Streit um die
Devotionalien-Buden rund um den Kapellenplatz bewies. Die Buden wurden
teils von der weltlichen, teils von der kirchlichen Gemeinde verpachtet,
wobei die Kommune den Nießbrauch öffentlich für ein Jahr versteigerte,
die Kirche aber ihre Buden an Pächter gezielt vergab. Die 32 Buden in
Kirchenbesitz waren besonders begehrt, weil sie die Betreiber nur einen
Bruchteil des Geldes kosteten, das die Kommune für ihre 15
Verkaufsstände forderte und bekam.
Der Pastor und sein Kirchenvorstand machten mit dieser Privilegierung
bestimmter Kaufleute Ende April 1880 Schluss und führten für ihre
Verkaufsbuden die öffentliche Verpachtung mittels Versteigerung ein.
Ergebnis: Statt 800 Mark Jahrespacht erzielte die Wallfahrtsleitung
einen Erlös von 6558 Mark. Ein aufgebrachter Budenbetreiber fiel in
einem anonymen Schreiben über den Pastor her, verglich ihn indirekt mit
einem Räuber und Raffsack und schloss mit der Warnung: „Weh euch, ihr
Heuchler! Ihr gleichet übertünchten Gräbern, die auswendig schön, aber
inwendig voll Moder und Gestank sind.“ Kommentarlos ließ van Ackeren das
Pamphlet im Kävels Bläche abdrucken.
Im Sommer 1880 bekam der Kevelaerer Pastor Zusatzarbeit, denn er wurde
zum Nachfolger des erkrankten Dechanten des Dekanats Geldern, Brüel,
gewählt. Und dass der Kulturkampf noch lange nicht vorbei war, spürte
van Ackeren im selben Jahr am eigenen Leib: Kaum war ihm die staatliche
Aufgabe der „Localschulinspection“ über das Schulwesen in Kevelaer und
Umgebung übertragen - er war der einzige geistliche Schulinspekteur im
Kreis Geldern -, da wurde er nach nur zwei Monaten des Amtes enthoben:
Joseph van Ackeren hatte einen Aufruf zur Volksversammlung in Geldern,
die der Regierung missfiel, mit unterzeichnet und wurde deshalb
gemaßregelt.
1885 gründete van Ackeren in der Kurzen Straße 4 eine kirchliche
„Kinderbewahrschule“ - vergleichbar mit einem Kindergarten heute - und
übernahm deren geistliche Leitung. Im Gründungsjahr wurden 140 Kinder
von zwei bis sechs Jahren „eingeschult“ und ganztägig betreut.
Zu seinem 25-jährigen Ortsjubiläum am 8. Oktober 1888 richtete Kevelaer
seinem Pastor eine Jubelfeier aus, wie sie heute kaum vorstellbar ist.
Ein Vorbereitungskomitee, dem Chordirektor
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Stanislaus Aenstoots, Kaplan
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Bertram Brockes,
Kirchenvorstandsvorsitzender Risbroeck, sein Vizepräsident Dr. Gulik,
Präsident van den Wyenbergh von der Gemeindevertretung und dessen
Vizepräsident Schellen angehörten, riefen in einer großen Anzeige im
Kävels Bläche die „Mitbürger von Kevelaer“ auf, an den ganztägigen
Feierlichkeiten teilzunehmen.
„Welch’ ein Pfarrer er uns war, was er für Kevelaer gethan hat, weiß
Jedermann. Deshalb drängt es auch die Pfarrangehörigen, diesen Tag
festlich zu begehen und dem verehrten Herrn Pfarrer auch äußerlich zu
zeigen, was er schon weiß, daß unsere Herzen in Dankbarkeit und Liebe
ihm entgegen schlagen“, hieß es in der Annonce. Und auf der Titelseite
des KB vom 6. August 1888 war ein fünfstrophiges Gedicht abgedruckt:
„Mögest du in schönsten Weisen / Unseren theuren Pfarrer preisen, / Den
der Herr uns auserkor.“
Vier Jahre später wurde bekannt, dass in Münster das Mutterhaus der
Klarissenschwestern ein neues Kloster gründen wollte. Die in Kevelaer
lebende Gräfin von Schaesberg stellte 30.000 Mark - ein großes Vermögen
zu jener Zeit, das zwei Drittel der Baukosten decken würde - in
Aussicht, wenn der kontemplative Orden sich im Wallfahrtsort niederließe
und die Klausur-Schwestern stellvertretend für die Anliegen der Pilger
und aller Menschen beteten. Als zusätzlich Pastor Joseph van Ackeren und
sein Kirchenvorstand ein Grundstück zwischen Venloer und Twistedener
Straße zur Verfügung stellten, entschied das Mutterhaus zu Gunsten von
Kevelaer.
Die Verbindung des Wallfahrtsrektors zu dem gebürtigen Emmericher
Geistlichen >
Anton Maria de Waal - er besaß im Vatikan als Leiter des
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„Campo Santo Teutonico“ Einfluss und erwirkte, dass Papst Leo XIII. dem
Kevelaerer Geistlichen zu dessen 25-jährigem Ortsjubiläum seinen
apostolischen Segen übermittelte und ihm eine kostbare Stola schenkte -
bereitete ein Ereignis von historischer Bedeutung vor. Im Briefwechsel
mit van Ackeren hatte sich über mehrere Jahre eine tiefe Beziehung des
„Römers“ zum niederrheinischen Gnadenort ausgedrückt.
Anton Maria de Waals Einfluss auf das Domkapitel von St. Peter ist
unmittelbar zuzuschreiben, dass das Bildchen der „Trösterin der
Betrübten“ gekrönt wurde - eine von Joseph van Ackeren erbetene
Hervorhebung, die ein vom Papst übertragenes Vorrecht des Kapitels ist
und - nach der Approbation durch die bischöfliche Synode zu Venlo (1647)
- einer Bestätigung durch den Papst gleich kommt. Ohne diese Krönung
wäre es 1987 wohl kaum zum Kevelaer-Besuch von Johannes Paul II.
gekommen. Die kleine goldene Krone, ein Meisterwerk der Kevelaerer
Goldschmiede Gebr. Bausch, schmückt das Gnadenbild seit dem 1. Juni
1892. Münsters Bischof Hermann Dingelstad nahm die Krönung vor.
Zehn Jahre vor seinem Tod gründete der Pastor von St. Antonius eine
kirchliche Rektoratsschule und eine Höhere Schule für Mädchen in
Kevelaer (1893) - Vorläuferinnen des heutigen
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Gymnasiums. Angetrieben
von seinem sozialen Engagement, initiierte van Ackeren 1895 die
Ansiedlung einer Niederlassung der
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Schwestern von der göttlichen
Vorsehung, um ihnen die Betreuung und Unterrichtung der Kinder in der
Bewahrschule, die hauswirtschaftliche Leitung des Priesterhauses und die
Unterweisung von jungen Fabrikarbeiterinnen in Handarbeit und
Hauswirtschaft anzuvertrauen.
Joseph van Ackeren starb, zwei Monate vor seinem 73. Geburtstag, im Mai
1903.
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