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Von der Gründung 1863 bis 1945 (Teil 1)
Deutschland
war ein Flickenteppich aus zahlreichen Staaten. In Preußen wirkte Otto
von Bismarck, der spätere Gründer des Zweiten Deutschen Reichs, ab 1862
als Ministerpräsident. Kevelaer, der Wallfahrtsort am Niederrhein,
konnte sich 1863 endlich aus seiner Randlage befreien und wurde ans
Eisenbahnnetz angeschlossen. Gut zwei Monate nach der Eröffnung der
Strecke Krefeld-Geldern-Kleve ereignete sich im Leipziger Pantheon das,
was die SPD heute als ihren Geburtstag feiert: Gründung des Allgemeinen
Deutschen Arbeitervereins (ADAV) durch Ferdinand Lassalle (23. Mai
1863).
ADAV und die Sozialdemokratische Arbeiterpartei (SDAP) schlossen sich
1875 zur Sozialistischen Arbeiterpartei Deutschlands (SAP) zusammen. Die
SAP wiederum änderte 1890 ihren Namen in „Sozialdemokratische Partei
Deutschlands“.
Im SPD-Gründungsjahr 1863 besuchte Preußens König Wilhelm I. die Stadt
Geldern. In Kevelaer trat
Joseph van Ackeren die Nachfolge des
Langzeit-Pfarrers
Johann Heinrich Krickelberg an. Im selben Jahr
wurde in Württemberg die erste Rotkreuzgesellschaft auf dem deutschem
Gebiet gegründet - das DRK.
In Kevelaer wie überall im katholischen Rheinland konnte weder für
sozialistisches, noch sozialdemokratisches Gedankengut freundliche
Aufnahme erwartet werden. Die überwiegend katholisch geprägten Bürger im
Kreis Geldern stützten sich auf die Zentrumspartei, die für Katholiken
und Kirche das politische Sprachrohr war.
Die erdrückende Vormachtstellung der katholischen Vereinigungen im Kreis
Geldern ließ sozialdemokratisch orientierte Menschen eher im Hintergrund
verharren. Regelmäßige Treffen von SPD-Sympathisanten aus dem heutigen
Kreis Kleve im ausgehenden 19. Jahrhundert sind nur aus Emmerich
bekannt: Dort sammelten sie sich im Männergesangverein "Freiheit", der
nach außen hin eine Chorgemeinschaft, tatsächlich aber der vielleicht
erste SPD-Zirkel im heutigen Kreis Kleve war.
Das als Zeitung für "Thron und Altar" 1879 gegründete Kävels Bläche, das
heutige Kevelaerer Blatt, war in den Gründerjahren lupenrein auf die
Zentrumspartei konzentriert. In Kenntnis der politischen Haltung ihrer
Leser und der Bevölkerung von Kevelaer brachte die Zeitung Anfang 1894
die Meldung:
"Kevelaer, 9. Febr. Am Sonntag Morgen wurde vielen Bewohnern Kevelaers ein socialdemokratisches Flugblatt unter die Thür in's Haus gesteckt. Daß diese Liebesmühe hier eine vergebliche ist, braucht nicht bemerkt zu werden."
Das war nicht einmal ein Versuch, Meinungen zu beeinflussen, sondern entsprach schlichtweg der Wahrheit: In Kevelaer bekam kein Sozialdemokrat ein Bein auf die Erde. Erhellend ist auch ein KB-Bericht von 1904 über eine politische Zusammenkunft des Volksvereins:
"Twisteden, 21. Nov.
Gestern Abend 5 Uhr fand in dem Lokale von Heuvens hierselbst eine
Versammlung von Männern und Jünglingen statt, um den Volks-Verein für
das kath. Deutschland in unserer Pfarre einzuführen, bezw. neu zu
beleben. Herr Edmund Janssen aus Kevelaer - Vertrauensmann letzterer
Ortsgruppe - eröffnete die Versammlung und richtete herzliche
Dankesworte an die Erschienenen, insbesondere an den Herrn Pfarrer,
sowie die beiden Redner, die Herren Schuhfabrikant
Theodor Bergmann und
Bildhauer Aug. Dierkes Kevelaer (...)
Nach einem gemeinsam gesungenen Lied auf Papst und Kaiser verbreitete
sich Herr Aug. Dierkes in schönen Worten über die Bedeutung des
Volks-Vereins im allgemeinen und über die Notwendigkeit, demselben als
Mitglied anzugehören, im besonderen. Der Herr Redner führte aus: (...)
müssen wir uns rüsten gegen die Feinde des Glaubens, wir müssen Front
machen gegen die verderblichen Umsturzbestrebungen der
Sozialdemokratie."
In Geldern
kam es im Juli 1908 zur Gründung eines SPD-Unterbezirks. Er gab sich als
"Sozialdemokratischer Verein für den Wahlkreis Cleve und Geldern" ein
Statut, in dem es hieß: "1. Der Verein führt den Namen
Sozialdemokratischer Verein Cleve-Geldern und erstreckt sich über den
Reichstagswahlkreis Cleve-Geldern. 2. Der Verein bezweckt die geistige
und gesellschaftliche Hebung und politische Schulung der Bevölkerung auf
der Grundlage des sozialdemokratischen Parteiprogramms durch: Förderung
der sozialdemokratischen Parteipresse, Gründung und Erhaltung einer
Vereinsbibliothek, Einwirkung auf öffentliche und politische
Angelegenheiten. (...)“
1919 wurden in
der Stadtverordnetenversammlung von Geldern von 24 Sitzen sechs für die
SPD gewonnen. Im Gemeinderat Kevelaer dagegen sollte eine solche
Teilhabe der SPD an der kommunalen "Macht" noch viele Jahrzehnte auf
sich warten lassen. Gleichwohl gab es auch hier Aktivitäten der
Sozialdemokraten, beispielsweise Mitte 1920, als rund 500 Menschen eine
sozialdemokratische Wählerversammlung unter freiem Himmel besuchten
(weil die Wirte keinen Saal zur Verfügung gestellt hatten).
Das Zentrum war nicht zimperlich, wenn es darum ging,
Sozialdemokraten zu verunglimpfen. Das Kreiskomitee Geldern der
Zentrumspartei forderte 1921 in einem Wahlaufruf: "Darum keine Stimme
der Sozialdemokratie und ihren Söhnen, den USPern und den Kommunisten,
den Todfeinden von Gott und Christentum."
Es bildete sich in Kevelaer eine kleine Gruppe von Sozialdemokraten, die
1925 in einem Antrag an den Gemeinderat Kevelaer darum baten, ihnen möge
ein Versammlungslokal zugewiesen werden. Denn immer noch ließen die
Wirte in Kevelaer keine SPD-Versammlungen in ihren Sälen zu. Das Rathaus
erlaubte daraufhin die Benutzung eines Schulraums.
Während des Nazi-Terrors wurden auch hierzulande Sozialdemokraten bis
aufs Blut verfolgt. Nach dem Verbot der SPD - 1933, ab da arbeitete die
SPD als Sopade im Prager Exil - wurden auch sechs
Kevelaerer SPD-Mitglieder verhaftet und hochverräterischer Umtriebe
beschuldigt, was ihr Leben unmittelbar bedrohte.
Die SPD gründete sich im März 1946 im Kreis Geldern neu. Zwei
Jahre danach eröffneten die Sozialdemokraten ihr Parteibüro für die
Kreise Geldern und Kleve in Geldern am Nordwall. 1975 entstand im Zuge
der Kreisneugliederung der heutige SPD-Unterbezirk Kreis Kleve.
Teil 1: SPD von der
Gründung bis 1945
Teil 2: SPD von 1945 bis
zum "Willy-Jahr" 1972
Teil 3: SPD von 1973 bis 1999
Teil 4: SPD von 2000 bis 2013