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    SACHBEGRIFFE |
Brügelmann, Wilhelm

Protestantischer Bürgermeister in Kevelaer | † 1884

Während des Kulturkampfs in Preußen setzte die Regierung in der Wallfahrtsgemeinde Kevelaer mit Wilhelm Brügelmann einen protestantischen Bürgermeister ein, der dem aus Protest gegen die kirchenfeindliche Politik zurückgetretenen Bürgermeister > Gerhard Cremeren nachfolgte. Brügelmann wurde im Herbst 1875 in sein Amt eingeführt. In der Vakanz zwischen dem Rücktritt von Cremeren (1. Juni) bis zum Amtsantritt im Rathaus (1. September) war Beigeordneter Risbroeck als Übergangsverwalter tätig.

Das katholische Kevelaer empfand die Berufung des Protestanten Brügelmann als Provokation. Schon nach einigen Monaten lernten die Kevelaerer den "neuen Wind" kennen, der nun im Rathaus herrschte. Brügelmann wurde seiner Rolle als verlängerter Arm der preußischen Regierung gerecht. Hatte Gelderns Landrat Georg von Eerde 1876 den Regierungsbefehl, die im Besitz des Bistums befindlichen Gebäude in Kevelaer zu beschlagnahmen, noch zu verschleppen versucht, indem er Urlaub einreichte (was ihn kurz darauf sein Amt kostete), ließ Brügelmann Polizei gegen das > Priesterhaus anrücken, wo Staats- und Kirchengewalt aufeinander prallten: Alle Polizisten, die ihre Mitwirkung verweigerten, wurden aus dem Dienst entlassen; auf der anderen Seite wurde der eine Polizist, der Brügelmann zur Seite gestanden hatte, exkommuniziert - für fast zwei Jahre.

Das Bild, das die Kevelaerer von Wilhelm Brügelmann in den ersten zwei Amtsjahren gewannen, war indes ein Zerrbild. Der Protestant war kein "Katholiken-Gegner", sondern in erster Linie ein pflichtbewusster Regierungsbeamter. So wie er im Fall der angeordneten Beschlagnahme des Priesterhauses bedenkenlos den Regierungsbefehl ausführte, sorgte er sich engagiert und im Interesse Kevelaers um Verbesserung der Infrastruktur im Wallfahrtsort.

Kreuzbaum 19301880 ließ er als Verwalter des Armenvermögens, zu dem im heutigen Marienpark das Grundstück gehörte, auf dem ein altes Kreuz stand, die berühmte Kreuzigungsgruppe des Kölner Bildhauers E. Renard errichten. Diese Kreuzigungsgruppe stand am Anfang der Geschichte des Kevelaerer Kreuzwegs, den Pastor > Joseph van Ackeren von 1889 bis 1892 im Marienpark anlegen ließ. Brügelmann selbst hatte den Auftrag an den Kölner Bildhauer vergeben.

Kreuzigungsgruppe des Bildhauers Renard, geschaffen aus französischem Kalkstein, vor dem mächtigen Kreuzbaum im Marienpark (Fotografie von 1930). Die uralte Linde wurde Ende der 1990er-Jahre gefällt. Auf dem Kreuzweg besteht übrigens "Verwechslungsgefahr": Hier gibt es eine zweite, ebenfalls dreiteilige Kreuzigungsgruppe, und zwar die des Bildhauers Franz Cleve.

Auch die Gründung der > Sparkasse Kevelaer geht auf eine Initiative des Bürgermeisters zurück - allerdings, wie so oft in jener Zeit, nur als Konsequenz aus einer regierungsamtlichen Anordnung: Die königliche preußische Regierung hatte Brügelmann im Frühjahr 1883 aufgefordert, über eine Gemeindesparkasse für den Ort Kevelaer nachzudenken.

Mit großer Empathie ging Wilhelm Brügelmann freilich nicht ans Sparkassen-Werk: Er verabredete mit dem Bürgermeister von Weeze, wo es eine Gemeindesparkasse bereits gab, dass die in Kevelaer zu gründende Sparkasse "bloß eine Empfangsstelle für die Sparkasse von Weeze" werden solle. Brügelmanns Gemeinderat spielte aber nicht mit. Die Ratsmitglieder beschlossen im November 1883 "in Anbetracht der großen Vortheile, welche das Institut einer eigenen Verwaltung mit sich führt, eine selbständige Sparkasse zu gründen und ernennt zu diesem Ende eine Commission, bestehend aus den Herren van Gulik, H. Schellen, Seegers und Voß, welche schleunigst einen Statuten-Entwurf vortragen sollen."

Als Bürgermeister Brügelmann nach neunjähriger Amtszeit 1884 starb, nahmen an der Beerdigung pflichtgemäß Beamte, Schüler und Ratsvertreter teil. Der redaktionelle Nachruf im Kävels Bläche beschränkte sich im Wesentlichen auf die Frage, wen die Regierung nun einsetzen werde:

Die hiesige Gemeinde ist durch den Tod des Herrn Bürgermeisters Brügelmann natürlicherweise zwischen Furcht und Hoffnung gesetzt, und mit ängstlicher Spannung sieht man der Zukunft entgegen, welche uns bald einen Nachfolger bringen wird. Man begreift leicht, daß gerade die Verwaltung dieser Stelle einen ganzen Mann erfordert, der da fähig ist, nicht bloß die hiesige Gemeinde zu lenken, sondern auch in verantwortiger Weise, soweit die weltliche Seite in Betracht kommt, den Anforderungen eines Wallfahrtsortes gerecht zu werden.

In den letzten Worten des Nachrufs klang durch, dass sich die Kevelaerer wieder einen katholischen Bürgermeister wünschten. Und sie bekamen ihn mit > Gerhard Leeuw, der im September 1884 Vorschusslorbeeren im Kävels Bläche bekam:

Soeben wird den hiesigen Bewohnern die frohe Botschaft zugebracht, daß Herr G. Leeuw von hier zum commissarischen Bürgermeister der Gemeinde Kevelaer ernannt ist. So hat also der vielbesuchte Gnadenort wieder einen katholischen Mann an der Spitze, und die Bürgerschaft hat einen Vorsteher erhalten, welcher nicht bloß die Verhältnisse und Interessen des Ortes kennt und theilt, sondern auch bei jedem Einwohner volles Zutrauen finden wird.

Von Wilhelm Brügelmann blieb nicht viel im Gedächtnis der Kevelaerer. Eine Fotografie - wie von seinem Vorgänger Gerhard Cremeren - ist nicht überliefert. Nicht einmal seinen Geburtstag kennen wir.

© Martin Willing 2012, 2013