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    SACHBEGRIFFE |
Priesterhaus

Ehemaliges Kloster der Oratorianer | 1647 Baubeginn

Priesterhaus im Jahr 1930Chronik

1646
Ankunft der ersten beiden Oratorianer-Patres in Kevelaer. Unterbringung im ehemaligen Schulgebäude neben der St.-Antonius-Pfarrkirche.

Priesterhaus im Jahr 1930.


1647
Bau und Fertigstellung des Klosters, finanziert durch Spenden (heute: südöstliche Teil des Baukomplexes). Grundstück (heutiger Kapellenplatz) wird ohne Einverständnis des Besitzers (Schloss Wissen) bebaut. Bezug der ersten Oratorianer-Wohnung (Sommer 1647). Am Haupteingang wird die Inschrift angebracht: "Christo peregrinanti in terris" (dem auf Erden pilgernden Christus).

1649
Schriftverkehr zwischen der Bischöflichen Behörde Roermond und Schloss Wissen zum Grundstück mit dem Bildstock von Busmann, der Kerzenkapelle und dem Kloster. Bitte an Degenhard Bertram Freiherrn von Loe, der Kirche das Grundstück zu überlassen. Freiherr von Loe erklärt sich in einem Schreiben an das Generalvikariat des Bistums Roermond bereit, sechs Morgen - den heutigen Kapellenplatz - den Oratorianern zu überlassen, solange das Gnadenbild in Kevelaer ist und verehrt wird. Außerdem: "Die ewige Verpflichtung zu einer jährlich für die Verstorbenen Eures wohledlen Hauses und Familie zu lesenden Messe nimmt die Congregation an und sie überläßt es Eurem Urteil und Eurem Gutbefinden, eine Stelle in der Kirche für Euer und der Euren Begräbnis näher zu bezeichnen". Unterzeichnung des Grundstücksvertrags zwischen Schloss Wissen und Bistum Roermond.

1664
Die Verwaltung der St.-Antonius-Pfarrei Kevelaer wird den Oratorianern übertragen. Der Kloster-Superior wird zugleich Pastor der Pfarrei. Das Oratorianerkloster wird Pastorat (= Wohnung des Pastors).

1696
Erweiterung des Klosters.

1705
Erweiterung des Klosters.

1720
Im Kloster wohnen 13 Priester, 3 Theologen, 9 Brüder.

1722
Um den Klostergarten wird eine Mauer gezogen.

1752
Erweiterung des Klosters (um nordwestlichen Flügel).

1756
Auf dem Gelände des Klosters wird ein Krankensaal errichtet (Krankenhaus-Vorläufer).

1764
Brand im Kloster: Das brennende Wachslager löst Großbrand aus.

1792
Französische Soldaten dringen in das Kloster ein.

1802
Auflösung aller Klöster durch Konsularbeschluss der französischen Regierung. Betroffen im Kevelaerer Kloster: 13 Oratorianer. Nur Superior Melchior van Cleemputte darf bleiben, weil er zugleich Pastor von St. Antonius ist.

1804
Das beschlagnahmte Klostergebäude soll durch die französische Domänen-Verwaltung verkauft oder verpachtet werden. Kevelaerer Bürger, denen der Kauf verwehrt wird, treten in einen Pachtvertrag ein und verhindern, dass Fremde das Gebäude übernehmen. Die in Pfarrei und Wallfahrt tätigen Priester können im Priesterhaus wohnen und von hier aus ihre Aufgaben wahrnehmen.

1805
Kirchen und Kapellen werden zur Nutzung (Pfarrgottesdienste) an die Kirchen zurückgegeben, nicht aber die Klöster (sofern sie nicht für Pfarrgottesdienste gebraucht werden). Das Gebäude des aufgelösten Oratorianer-Klosters bleibt im Staatsbesitz.

1807
Der französische Staat gibt das ehemalige Orator-Haus (über den Bischof zu Aachen) zurück. Begründung: Die Pfarrei St. Antonius braucht es als Pastorat (Pfarrerwohnung).

1814
Abzug der französischen Besatzer.

1857
Abbruch eines östlichen Klosterflügels, Bau des Klostergangs (Vorstufe zur Beichtkapelle, 1858 geweiht).

1859
Gründung einer katholischen privaten Rektoratschule im Westflügel des Priesterhauses durch Pastor Johann Heinrich Krickelberg.

1870
Beschlagnahme und Schließung des Priesterhauses durch Preußen (Kulturkampf).

1871
Vorsehungsschwestern aus Münster übernehmen die Haushaltsführung im Priesterhaus.

1875
Gesetz über die von Frankreich 1804 ins Staatseigentum übernommenen Besitztümer der Kirche: Der preußische Staat übernimmt diese Grundstücke und Gebäude in seinen Besitz und überlässt sie der Kirche zur Nutzung. Ordensgesetz: Alle Orden - außer denen in der Krankenpflege - müssen sich binnen sechs Monaten auflösen. Die Vorsehungsschwestern müssen ihr Wirken im Priesterhaus sofort einstellen.

1875
Auf Grund dieses Gesetzes verfügt das Oberpräsidium die Beschlagnahme der Kirchenbauten im Rheinland. Der Anspruch des Staates wird mit Polizeigewalt durchgesetzt.

1876
Das Priesterhaus soll im Auftrag der Königlichen Bezirksregierung durch Bürgermeister Brügelmann beschlagnahmt werden. Passiver Widerstand der Bewohner und Bürger Kevelaers. Alle Priesterhaus-Bewohner werden aus den Zimmer geholt und zum Ausgang abgeführt. Sie beziehen Privatquartiere in Kevelaer. Drei Tage nach der Ausweisung erhalten die Geistlichen die Erlaubnis, von 10 bis 12 Uhr privates Eigentum aus dem Priesterhaus herauszuholen. Hunderte von Kevelaerern helfen ihnen dabei. Die verschlossenen Türen des Priesterhauses werden gewaltsam geöffnet. Die Wallfahrtsleitung wird in den früheren Gasthof "Stadt London", Maasstraße 133, verlegt.

1880
Der Priesterhaus steht nun im vierten Jahr leer. Einbruch ins Priesterhaus: In einem Saal wird zusammengebundenes Bettzeug gefunden. Teile der Bettwäsche liegen auf Treppen, Söller und in Toiletten. Zwei bekannte Kevelaerer geraten in Verdacht, den versuchten Diebstahl begangen zu haben. Es stellt sich heraus, dass die beiden tatsächlich eingedrungenen Bürger nur besorgt haben prüfen wollen, ob sich ungebetene Gäste im Priesterhaus zu schaffen gemacht haben. Die "Räuberpistole" wird durch das Kävels Bläche veröffentlicht. Die beiden übereifrigen Bürger, von der Polizei verhört, ernten Spott.

1880
Das Reichsgericht erklärt als höchste Instanz, dass die Inbesitznahme der von Frankreich enteigneten Kirchengüter durch Preußen rechtswidrig ist. Die Güter werden wieder den Kirchen zugesprochen.

1880
Nach dem Urteil des Reichsgerichts wird für das Priesterhaus Entscheidung erwartet: Die königliche Regierung zu Düsseldorf soll die Beschlagnahme aufheben, da das Priesterhaus als Pfarrerwohnung benutzt worden ist und weiterhin gebraucht wird. Halbjährige Verhandlungen zwischen Regierung und Kirchenvorstand von St. Antonius: Der Kirchenvorstand behält sich ausdrücklich vor, über die Frage, wem das beschlagnahmte Priesterhaus gehört, eine Gerichtsentscheidung anzustreben. Zunächst will der Vorstand erreichen, dass die Kirche das Kloster mit seinem Garten pachten kann. Bedingung der Regierung: Der Geistlichkeit bleibt das Kloster verschlossen. Das Bistum Münster überträgt seine Vermögenswerte auf die Kirchengemeinde St. Antonius, wodurch der Beschlagnahme die juristische Grundlage entzogen ist (Beschlagnahme richtet sich gegen Bistumsbesitz). - Rückkehr der Geistlichen in das Priesterhaus.

Priesterhaus heute vom Turm der Basilika gesehen1895
Die Königlich-preußische Regierung genehmigt den Schwestern von der Göttlichen Vorsehung, die Haushaltsführung im Priesterhaus wieder zu übernehmen.

Priesterhaus heute (vom Turm der Basilika aus gesehen). Der Kapellenplatz befindet sich links.


1908
Ein neuer Flügel des Priesterhauses an der Amsterdamer Straße, konstruiert von Architekt Pickel, wird eingesegnet.

1933
Erweiterungs- und Umbauarbeiten für das Priesterhaus.

1935
Abschluss der Bauarbeiten, Einsegnung.

1942
Beschlagnahme des Priesterhauses als Lazarett.

1945
Zwangsevakuierung aller Priesterhaus-Bewohner. Kaplan Erich Bensch lässt aus dem Messwein-Vorrat (1000 Flaschen) eine Notration auf Bauernhöfen verbergen. - Schäden bei Bombenangriffen. - Beschlagnahme des Priesterhauses durch die britische Militärbehörde: Unterbringung von ehemaligen KZ-Insassen und ausländischen Kriegsgefangenen. Außerdem beherbert es die Kommandantur des Repatriierungslagers für Displaced persons (DP). - Brand im Priesterhaus, Dachstuhl wird zerstört.

Priesterhaus 19891947
Beschlagnahme des Priesterhauses aufgehoben. Instandsetzung und Wiederbezug. - Militärkirche im Priesterhaus: Gottesdienste der evangelischen Christen finden im Fahnensaal statt.

Priesterhaus (1989).

1986
Die Fassade des Priesterhauses - weicher Sandstein aus dem 17. Jahrhundert - wird renoviert. - Bau eines neuen Flügels am Priesterhaus: Räume für Lehrgänge, Tagungen, Kurse, moderne Sanitäranlagen, Aufzug.

1991
Restaurierung des Flügels an der Amsterdamer Straße.

1992
Die 6.000 Bände umfassende Bibliothek der Oratorianer wird der interessierten Öffentlichkeit als Studienbibliothek zugänglich gemacht.

© Martin Willing 2012, 2013