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1884 eröffnet
Weeze, Goch und Geldern waren bereits mit Gemeindekassen versorgt, als
Anfang 1880 auf Druck der Kevelaerer Bürger auch hier Überlegungen für
eine Sparkasse angestellt wurden. Ende 1883 befasste sich der
Gemeinderat unter Punkt 2 der Tagesordnung mit der „Errichtung einer
Sparkasse“. Im Regierungsbezirk, so hörten die Politiker, gebe es noch
67 Ortschaften mit mehr als 2000 Einwohnern, die ohne Gemeindekasse
auskommen müssten, darunter sechs im Kreis Geldern - Kevelaer
eingeschlossen.
Mit Rücksicht auf Weeze schlug Bürgermeister
Wilhelm Brügelmann vor, in
Kevelaer nur eine Empfangsstelle für die Weezer Sparkasse zu errichten.
Aber der Gemeinderat beschloss „in Anbetracht der großen Vortheile,
welche das Institut einer eigenen Verwaltung mit sich führt, eine
selbständige Sparkasse zu gründen“.
Drei Tage danach trat eine vom Gemeinderat eingesetzte „Commission zur
Berathung und Gründung einer Sparkasse“ zusammen. Das schon damals
bestens informierte KB berichtete über die nicht öffentliche Sitzung,
„daß endlich dem lange gefühlten Bedürfniß einer Sparkasse abgeholfen
wird“. Und: „Abgesehen von dem großen materiellen Vortheil, den die
Sparkasse mit sich bringt, ist es von unschätzbarer Wichtigkeit, wenn
der kleine Mann, insbesondere Dienstboten, Gesellen und Fabrikarbeiter,
Gelegenheit haben, den ersparten Thaler sofort mit Zinsen anlegen zu
können, ein anderer hinwiederum die Möglichkeit findet, bei einer
Geldverlegenheit leicht eine Anleihe machen zu können, ohne Gefahr zu
laufen, einem Halsabschneider in die Finger zu fallen.“
Am 27. November 1883 trafen die Ratsmitglieder die Entscheidung: Der
Statutenentwurf wurde abgesegnet und zur Genehmigung an die Regierung
geschickt. Die Kevelaerer Sparkasse nahm bald darauf ihren
Geschäftsbetrieb auf, und zwar - vermutlich - am 1. April 1884.
Anderthalb Monate danach wurde auch in der Gemeinde Winnekendonk eine
Sparkasse gegründet.
Die Arbeit des Kevelaerer Kassenbediensteten Franz Seegers mit den
Sparstrümpfen der Bürger war recht übersichtlich. Rendant Seegers konnte
das Geschäft nebenher erledigen und bekam sein Gehalt nicht von der
neuen Sparkasse, sondern von der Gemeinde Kevelaer. Nie war die
Verbindung zwischen Gemeinde und Sparkasse Kevelaer ausgeprägter als
Anfang des 20. Jahrhunderts, als das Geldinstitut mit der Kasse des
Rathauses zusammengelegt wurde (1909).
Rathausbedienstete
fungierten fortan auch als Sparkassenleute, die Darlehen an die
heimische Wirtschaft bewilligten. Die Geschäftsräume der vereinigten
Kasse befanden sich an der Küstereistraße (heute: Busmannstraße). Um die
Jugend an das Geldgeschäft und vor allem das Sparen heranzuführen,
gründete Kaplan Wolffram im Sommer 1912, als in Kevelaer ein
katholisches Jugendheim eröffnet wurde, eine Jugendsparkasse.
Sparkasse an der heutigen Busmannstraße
(1942).
Das Sparkassenwesen entwickelte sich neben dem Genossenschaftsmodell der
Volksbanken zur tragenden Säule für die Geldgeschäfte der Bürger und
der heimischen Wirtschaft. Dabei war Vertrauen der Kundschaft das
wichtigste Kapital. In den Jahren der Inflation nach dem Ersten
Weltkrieg musste die Sparkasse um dieses Vertrauen kämpfen.
Hilfreich war dabei, dass 1923 das Sparkassengeheimnis wieder eingeführt
wurde: "Wir brauchen nur noch in einem förmlichen
Steuerermittlungsverfahren Auskunft über die Einlage zu machen und zwar
auch nur dann, wenn die Ermittlungen bei den Steuerpflichtigen und
dessen Angaben kein Ergebnis hatten", gab die Gemeindesparkasse Kevelaer
amtlich bekannt. "Es besteht sonach keine Veranlassung mehr, Gelder zu
Hause aufzubewahren und sich der Gefahr des Diebstahls oder der
Vernichtung durch Feuer und Mäusefraß auszusetzen. Die Verzinsung der
Spargelder ist bei uns eine zeitgemäße und richtet sich nach Betrag und
Kündigungszeit. Wer weiter unnötig Geld zu Haus aufbewahrt, schädigt
sich selbst und die Allgemeinheit. Die Gelder zu Hause sind niemand
nütz. Sie erhöhen den Notenlauf und verteuern dadurch den Kredit."
1931 legte die Gemeindesparkasse Kevelaer in einer Anzeige nach: "Das
Gebot der Stunde heisst: Alle verfügbaren Gelder den Sparinstituten
zuführen. Die aus den Einzahlungen bewirkten Guthaben kommen
ausschließlich dem heimischen Bezirk wieder zugute. Das Geld muß dem
Kampf gegen die wirtschaftliche Not und Arbeitslosigkeit dienstbar
gemacht werden. Die Einlagen bei der Sparkasse genießen ein Höchstmaß an
Sicherheit. Die Sparkasse bietet eine vergünstigte Verzinsung der
Einlagen. Das Spargeheimnis bleibt unbedingt gewahrt. Die deutsche
Währung ist durchaus gesund und wird auch in Zukunft stabil gehalten.
Wer spart, nützt sich selbst und hilft gleichzeitig mit an der
Ueberwindung der Wirtschaftskrise. Darum: Einzahlen."
Politischem Einfluss während der NS-Zeit konnte sich auch die Sparkasse
nicht entziehen. Als im Frühjahr 1933 ein neuer Sparkassenvorstand vom
Gemeinderat gewählt werden sollte, wurden die Personalvorschläge vom
Tisch gefegt und in der Sitzung darauf neu gefasst und beschlossen: Nun
kamen ausgewiesene Nazis zum Zuge, darunter NSDAP-Fraktionsführer
Heinrich Esser und NSDAP-Ortsgruppenleiter Franz Steinberger. Der
bisherige Sparkassenleiter Rittel wurde zwangsbeurlaubt - mit
fadenscheinigen Vorwürfen, die nie belegt oder bewiesen wurden. Zum
vorläufigen neuen Chef des Instituts wurde Dr. Hengesbach (NSDAP)
bestellt. In Kevelaer wehte ein neuer Wind: Wenige Tage zuvor hatten die
Ratsmitglieder Adolf Hitler zum Ehrenbürger des Wallfahrtsorts
Kevelaer ernannt.
Während der Kriegsjahre warb die Gemeindesparkasse im Kävels Bläche mit
Anzeigen wie dieser: "Im Kriege sollst du eisern sparen, im Frieden
kaufst du dafür Waren! Jeder Kevelaerer Betrieb spart bei der örtlichen
Sparkasse! Gemeindesparkasse Kevelaer." Oder: "Ich bin zwar nur ein
kleiner Mann, doch ich weiss: Auf mich kommt's an. Den Pfennig ehre,
durch Sparen vermehre!" Und: "Du mußt sparen jetzt im Kriege, Kaufen
kannst Du nach dem Siege."
Gemeinsam mit der reorganisierten Sparkasse machten sich die Bürger
Kevelaers nach der Befreiung vom NS-Regime an die Aufbauarbeit. Im März
1958 konnte das Geldinstitut in seinen Neubau an der Gelderner Straße
einziehen. Sein 75-jähriges Bestehen im September 1959 wurde nicht
gefeiert, um auf die laufende Wallfahrtszeit mit ihren Höhepunkten im
September Rücksicht zu nehmen.
Das Jubiläumsfest wurde im Januar 1960 nachgeholt. Sparkassendirektor
Jakob Plum erinnerte an den ersten Redanten Franz Seegers, der die Kasse
von 1884 bis 1909 in seinem Wohnhaus an der Hauptstraße in Kevelaer
geführt hatte. Sein Nachfolger war der Gemeindeempfänger Bauer gewesen,
der die Sparkasse in sein Amtszimmer in die hinteren Räume des Kaiserhofs verlegt hatte. Dann war die Sparkasse in ihr Domizil an der
Ecke Maas-/Venloer Straße und schließlich zur Busmannstraße gezogen.
Zwei Monate
nach dem Jubiläumsfest trat Hermann Kaltenbach als neuer
Sparkassendirekor und Nachfolger von Jakob Plum seinen Dienst an.
Schlüsselübergabe für das neue Sparkassengebäude 1989 (v.l.): Heinz Ophey, Architekt Alfred Martens, Gerd Blombach.
1971 eröffnete die Sparkasse ihre erste Filiale an der Egmontstraße.
Statt einer Eröffnungsfeier spendete die Sparkasse 2.000 Mark für den
Kevelaerer Hallenbadverein. Noch im selben Jahr folgte die Eröffnung
einer Filiale in Wetten.
Die Jahre 1973 und 1974 waren von Fusionsideen beherrscht. Schließlich
beugte sich auch der Kevelaerer Stadtrat den Notwendigkeiten und
billigte im Herbst 1974 die Fusion der Sparkassen von Goch, Weeze und
Kevelaer zur Verbandssparkasse, die zu Beginn 1975 vollzogen wurde.
Älteste Rechtsvorgängerin war die im Herbst 1854 gegründete Sparkasse
Weeze. Bereits Ende 1974 stand der Kevelaerer Werner Benger als Direktor
der neuen Verbandssparkasse fest.
1985
starb Werner Benger, der 1979 zum Vorsitzenden des Vorstandes berufen
worden war, im Alter von nur 50 Jahren.
Gerd Blombach (r.) und sein Nachfolger Thomas
Müller bei einer Buchvorstellung der Herausgeber
Delia Evers und Martin
Willing im
Museum Kevelaer (2010).
Im Herbst 1985 wurde der aus Remscheid stammende
Gerd Blombach zum neuen
Vorstandsvorsitzenden berufen.
Im
Sommer 1989 bezog die Sparkasse ihren Neubau an der Busmannstraße. Das
alte Sparkassengebäude an der Gelderner Straße wurde aufgegeben (und
später verkauft und abgerissen).
Der Sparkassenneubau an der Busmannstraße,
der in den Peter-Plümpe-Platz hineinragt, wurde 1989 eröffnet.
Gerd Blombachs Vertrag lief bis Oktober 2010, doch im November 2009
überraschte er die Gremien und die Öffentlichkeit mit der Bitte, ihn aus
gesundheitlichen Gründen zum Jahresende vorzeitig aus den Diensten zu
entlassen. Sein Nachfolger wurde Thomas Müller.