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Rathaus Kevelaer

Von den Anfängen 1848 bis heute



Foto zeigt Rathaus KevelaerRathaus Kevelaer (2013).

Nach Bau einer neuen Schule (1848) auf dem Marktplatz (Marktschule) wurde das bisherige Gebäude der Pfarrschule an der St.-Antonius-Kirche (Bahnstr. 2) für die Verwaltung der Bürgermeisterei Kevelaer genutzt. Dieses erste Kevelaerer Rathaus (Broo) bestand aus zwei Schreibstuben, einem Bürgermeisterzimmer, einem Sitzungszimmer für den 13-köpfigen Gemeinderat und einer Allzweckstube. Zuvor war Bürgermeister Gerhard Cremeren in seinem Privathaus (Zum goldenen Schwan, Hauptstr. 13) den Amtsgeschäften nachgegangen.

Unter Bürgermeister Gerhard Leeuw wurde 1899 ein Neubau vorbereitet, weil das Rathaus baufällig geworden war und die Kirchengemeinde das Grundstück für die Erweiterung der Pfarrkirche benötigte. Der Pfarrei wurde das Grundstück im Tausch gegen ein kirchliches an der Küstereistraße [heute Busmannstr.] überlassen (Ratsbeschluss: August 1901). Mit der Planung wurde Architekt Caspar Clemens Pickel beauftragt.

Altes Rathaus Kevelaer
Eine alte Postkarte zeigt das 1903 in Betrieb genommene Rathaus Kevelaer (im Hintergrund ist die im Zweiten Weltkrieg zerstörte Kirche des Klarissenklosters zu sehen).

Nach der Grundsteinlegung (Juli 1902), bei der u.a. ein Bild der Trösterin der Betrübten, ein Büchlein über die Wallfahrt und ein Kävels Bläche beigelegt wurden, und der Fertigstellung des Rathauses (April 1903) wurde auf eine Einweihungsfeier (geplant für Mai 1903) verzichtet, weil Pastor Joseph van Ackeren im Sterben lag. Inzwischen war der Abbruch des bisherigen Rathauses an der Kirche bereits so gut wie abgeschlossen.

Die erste Ratssitzung im neuen Rathaus (Juni 1903) unter Bürgermeister Mathias Marx klang mit einer Feier im Hotel "Goldener Apfel" aus, vom KB angekündigt als „eine gemütliche Vereinigung der Herren Gemeinde-Verordneten [...], bei welcher auch Gäste sehr willkommen sind“. Bei der Feier sagte Marx: „Als ich vor zwei Jahren mein Amt hier antrat, glaubte ich nicht, daß wir in diesem Frühjahr schon den Einzug in das neue Rathaus hätten bewirken können. Wenn auch die Notwendigkeit des Baues schon damals allgemein anerkannt wurde, so war es doch aus begreiflichen Gründen für mich sehr peinlich, sofort die Angelegenheit in die Hand zu nehmen [...]“. -

1925 erwarb die Gemeinde Kevelaer unter Bürgermeister Bernhard Widmann das Fabrikgebäude Terhoeven und Söhne an der Küstereistraße 64 (Kronenburg), baute es aus und richtete es als Verwaltungsgebäude II mit Gemeindekasse, Bau- und Steueramt sowie Wohlfahrtsbüro ein. Ab 1938 wurde das Rathaus, das im selben Jahr eine neue elektrische Turmuhr erhielt, nachts angestrahlt. 1942 ließ die Gemeinde im Rathaus einen Luftschutzkeller ausbauen. -

Nach der Einnahme Kevelaers durch die Briten (3.3.1945) wurde das Rathaus beschlagnahmt; die Verwaltung wich bis zur Freigabe der Gebäude in die obere Etage der Orgelfabrik Seifert und in das bisherige Hotel Kölner Hof (Hauptstr. 36) aus. -

Das Verwaltungsgebäude II wurde verkauft (an Textilhaus Kaenders, 1956); ein Erweiterungsbau am Rathaus wurde errichtet (1957), der 30 Jahre danach dem Volksbank-Gebäude wich. Mit Abbruch der Marktschule (1962), des ehemaligen Luftschutzbunkers und weiterer Gebäude entstand eine große Freifläche, die für einen Rathausneubau und eine Ausgestaltung zum heutigen Peter-Plümpe-Platz genutzt werden sollte. Noch vor der Kommunalen Neuordnung (1969) wurde mit dem Bau des Verwaltungsgebäudes, dem bis 1987 der Name „Rathaus“ verwehrt wurde, begonnen.

Der Rat der neuen Stadt Kevelaer, nunmehr erweitert um Vertreter aus Winnekendonk, Wetten, Twisteden, Kleinkevelaer, Kervendonk und Kervenheim, musste über das Schicksal des Torso (Keller und Erdgeschoss im Rohbau) entscheiden: Abbrechen oder vollenden? Nach langen, heftigen Diskussionen wurde weitergebaut, das Gebäude auf fünf Geschosse aufgestockt (Fertigstellung: Oktober 1973).

Rathaus Kevelaer mit Pavillon
Der erste Anbau für das neue Rathaus am Peter-Plümpe-Platz war der Flachdach-Pavillon, in den der Verkehrsverein einzog.

Im März 1985 wurde ein Anbau beschlossen - besonders für einen neuen Ratssaal, weil der bisherige in der 5. Etage den Bestimmungen des Feuerschutzes nicht entsprach. Das Erdgeschoss sollte fremdvermietet werden (Deutsche Bank). Diesem Plan fiel der Flachdach-Pavillon zum Opfer. Der mehrstöckige Anbau wurde vom Architektenteam Wallner/Wierichs geplant. Weil er den Ratsbeschluss für den Rathausanbau als „Wahlbetrug“ empfand, trat im April 1985 Ratsmitglied und CDA-Vorsitzender Günter Gruyters aus der CDU-Fraktion aus.

1986 ging die mit dem Anbau beschäftigte Bauunternehmung Verheyen in Konkurs. Zu einer gravierenden Verzögerung der Fertigstellung des Anbaus kam es dadurch nicht. 1988 wurde der erst 1957 errichtete Anbau am [alten] Rathaus abgerissen; auf dem Grundstück baute die Volksbank ein teilweise gewerblich genutztes Haus.

1991 bis 1992 wurde das alte Rathaus aufwändig renoviert, dann wurde im neuen Rathaus mit dem Umbau des Eingangsbereichs begonnen.

Drehtür im neuen RathauseingangAnfang 1996 sorgte der neue, fast fertige Rathauseingang für erhebliche Unruhe in der heimischen Wirtschaft, weil seine Möblierung an Kevelaerer Handwerkern vorbei gezielt ausgeschrieben worden war. Im Erdgeschoss wurde ein Service-Center mit Drehtür eingerichtet (Inbetriebnahme: Mai 1996).

Die 1996 installierte Drehtür fiel in den Folgejahren immer häufiger dadurch auf, dass sie defekt war.

Auch über Sinn und Kosten dieser Drehtür wurde in der Öffentlichkeit kontrovers debattiert. 2009 musste die Drehtür wegen defekten Motors zunächst still gelegt werden.

Der unzureichende Brandschutz im "neuen" Rathaus war schon in den 1980er-Jahren ernstes Thema unter den Politikern. So wurde beispielsweise beantragt, im fünften Stock, wo sich der Sitzungssaal des Stadtrats befand, nicht mehr zu tagen, weil im Falle eines Brandes die Ratsmitglieder nicht über eine Feuertreppe ins Freie gelangen könnten.

"Amtlich" und schriftlich wurden die Brandschutzmängel im April 2001 zum ersten Mal dokumentiert. Seitdem ist der Verwaltung und der Politik bekannt, dass erhebliche bauliche Veränderungen im Rathausgebäude nötig sind, um die Sicherheit der Menschen in dem Gebäude wiederherzustellen. Weil sich die Sanierungsplanungen hinzogen, bekam das Rathaus 2011 schon mal eine Außentreppe als Rettungsweg im Brandfall.

Rathaus-Dependence 2013Im Oktober 2012 fällte der Stadtrat die Entscheidung über die Kernsanierung des Rathauses und die Verlagerung des Dezernats II zum Hoogeweg 71.

"Rathaus-Filiale" im ehemaligen Verlagsgebäude von Butzon & Bercker
 am Hoogeweg.

Dort zog in das ehemalige Verwaltungsgebäude von Butzon & Bercker die Abteilungen Jugendamt, Jobcenter, Wohngeldstelle, Schulen und Sport ein und nahmen Mitte Juli 2013 die Arbeit auf. Der Miet-Vertrag mit Bercker hat eine Dauer von zehn Jahren.

Für die Kernsanierung des früheren Verwaltungsgebäudes und nun "neuen" Rathauses am Peter-Plümpe-Platz soll das Gebäude Mitte Oktober 2013 komplett geräumt werden. Für die Mitarbeiter werden dann Büros im Alten Rathaus, in der Begegnungsstätte und in Büro-Containern vorgehalten. Für Anfang November 2013 sind die ersten Abbrucharbeiten terminiert.

© Martin Willing 2012, 2013