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    SACHBEGRIFFE |
Verrieth, Heinz

Gärtner, Unternehmer und Politiker | * 1943

Heinz VerriethEr geht bereits auf die 70 zu, als er nach langer Sendepause in Kevelaer wieder von sich Reden macht. Heinz Verrieth, der zu den schillerndsten Persönlichkeiten unter den Kommunalpolitikern im Stadtgebiet zählt, beschäftigt seit 2012 die Stadt mit seinem Plan, im einem Teilgebiet des Traberparks Den Heyberg einen Campingplatz anzubieten. Als Gelände soll ein Teil der früheren Rennbahn dienen, die Heinz Verrieth und Hans Spronk (Kessel) mit einem Waldstück 2011 erworben hat. 

Nicht jeder Gärtner träumt von der Karriere, die Heinz Verrieth gemacht hat. Nicht jeder Unternehmer hat den Mut dieses Gärtners aus Twisteden, mit allen Risiken ins große Geschäft einzusteigen. Und nicht jeder Kommunalpolitiker ist bereit, sich mit Haut und Haaren für sein Dorf einzusetzen, so wie es Verrieth früher getan hat.

Heinz VerriethVerrieth war in seiner "aktiven Zeit" zweifellos ein Ausnahmepolitiker, der über Jahrzehnte eine Dorfgemeinschaft hinter sich zu vereinen verstand - als eine verschworene Gesellschaft. Das Geheimnis war so schlicht wie Verrieths Sprache: Jedem im Dorf sollte es besser gehen.

Heinz Verrieth (1970er-Jahre).

Das verstand jeder, das wollte jeder. Und das Schönste: Es nützte jedem.

Wer Twisteden aus den 1970er-Jahren kennt und das Dorf heute inspiziert, muss nicht einmal wissen, dass es 1998 zum schönsten Dorf der Republik gekürt worden ist, um an jeder Biegung zu spüren, dass hier ein niederrheinisches Juwel herangewachsen ist.

Heinz Verrieth, Werner NeumannMit dieser Leistungsbilanz hätte sich der Ortsvorsteher getrost zurücklehnen können - die Laudatio im Geschichtsbuch seiner Heimat war ihm längst sicher. Aber Verrieth begnügte sich nicht damit. Der Ortsvorsteher wartete nicht sehnsüchtig auf Unternehmer, die im Ort etwas unternehmen würden, sondern nutzte selbst jede Chance.

Zwei Weggefährten: Heinz Verrieth und Werner Neumann (1980er-Jahre).

Er wagte es, zusammen mit vielen Berufskollegen gegen die mächtige UGA die GVG ins Leben zu rufen (1986), die als attraktive Alternative für die Gärtner und die Vermarktung ihrer Erzeugnisse schließlich von der großen NBV übernommen wurde (und heute mit der UGA in dem Großunternehmen Landgard vereint ist).

Heinz Verrieth, Verabschiedung Dr. Röser
Heinz Verrieth bei der Verabschiedung von Stadtdirektor Dr. Karl-Heinz Röser (1984), v.l.: Grety Dingermann, Leni Stammen, Heinz Verrieth, Dr. Karl-Heinz Röser und Maria Röser.

Mit seinem gleichaltrigen Mitstreiter Werner Neumann brachte er 1988 den Blumen- und Vogelpark auf den Weg, der zehn Jahre später als Plantaria eröffnete. 1992 stellte er - wieder mit Neumann - die Twester Immobilien aufs Fundament und schuf damit eine Plattform für Dienstleistungen, die im Dorf nachgefragt werden. 1994 stieß er, mit vielen Mitstreitern, das bemerkenswerte Konversionsprojekt „Traberpark“ an, mit dem - nach einigen Turbulenzen - heute gutes Geld verdient wird.

Heinz Verrieth
Heinz Verrieth beim Neujahrsrundgang des Stadtrats (1985), v.l.: Heinz Verrieth, Mechtild Rennwanz, Tön Sieben, Arnold Strompen, Werner Müllenmeister, Manfred Jacobs, Edgar Zappe, Dr. Klaus Hölzle, Reinhard Thoenissen und Hans Broeckmann.

Heinz VerriethHeinz Verrieth, der Unternehmer, der Politiker, mischte überall mit und machte keinen Hehl daraus, dass Gotteslohn nicht alles sei, woran er interessiert sei. Er versuchte nie zu verschleiern, dass sein unternehmerisches, politisches Engagement im Dorf auch ihm selbst nützen sollte.

Heinz Verrieth (1988).

Mit dieser entwaffnenden Offenheit leistete er sich allerdings auch eine empfindliche Angriffsfläche: Ob über die Politik erworbenes Insiderwissen - Verrieth war ab 1999 auch Vorsitzender des Planungsausschusses im Kevelaerer Rathaus - ihm Vorteile verschafft hatte, mit dieser Frage musste Verrieth leben.

Dass manche nicht nur fragten, sondern ihn mit der Frage zugleich verdächtigen wollten, zählte für den Twistedener Ortsvorsteher zu den weniger schönen Lebenserfahrungen.

Heinhz Verrieth
Heinz Verrieth (1989) und sein Ortsvorsteher-Nachfolger Franz Wustmans.

Vielleicht verdankte er dem Stadtdirektor und späteren Bürgermeister Heinz Paal, mit dem er sich auf dem Tennisplatz beharkte, dass er die Fettnäpfchen, die seine Sohle aufnehmen wollten, sicher umging.

Heinz VerriethHeinz Verrieth zahlte für seinen Einsatz und Erfolg einen hohen Preis. Aus dem naturverbundenen Gärtner - ein Traumberuf für manchen - hatte sich ein tempoorientierter Manager entwickelt, der allem Privaten einen ungesund schlechten Stellenwert zuteilte. Die gesundheitlichen Rückschläge, die er einstecken musste, sollten allerdings ausreichend anmahnen, den roten Drehzahlbereich besser zu verlassen.

Heinz Verrieth mit Ernst Schlusen und Willi Dicks (r, 1990).

Nach zwei Herzinfarkten in kurzer Folge legte Heinz Verrieth zur Kommunalwahl 2004 seine politischen Ämter - Ratsmandat, Vorsitzender des Planungsausschusses, Ortsvorsteher in Twisteden - nieder. Verrieth wurde vom Stadtrat - bei ausdrücklicher Stimmenthaltung der KBV-Mitglieder - zum Ehrenortsvorsteher ernannt.

Heinz VerriethNach dem Ausscheiden von Bürgermeister Heinz Paal aus dem Amt betrieben Paal und Verrieth eine gemeinsame Immobilienfirma.

Heinz Verrieth mit Ursula Roosen und Franz Wustmans (2003).

Mit der Verleihung des Bundesverdienstkreuzes (2005) wurde es stiller um Heinz Verrieth. Aber unternehmerisch war er immer noch am Drücker: Als Aufsichtsrats- und Beiratsvorsitzender wirkte Verrieth 2006 maßgeblich an der umstrittenen Entlassung des Geschäftsführers der Den Heyberg-Gruppe, Peter Roosen, mit.

Zum schillernden Bild, das Verrieth zeigt, gehören auch glänzende Ereignisse wie die Verleihung der Ehrennadel des DJK Twisteden (1974), der Kampf für den Erhalt der Dorfschule (1978), die Übernahme des Vorsitzes der Arbeitsgemeinschaft "Dritte Welt - Kevelaer in Südafrika" (1988) und der unermüdliche Einsatz für sein Dorf als Ortsvorsteher (ab 1979).

Heinz VerriethDer Rückzug aus der Politik nach dem Bürgermeisterwechsel von Paal zu Stibi war fast zwangsläufig, denn die neuen Ratsmitglieder kannten das Verrieth'sche System nicht und die alten spielten nicht mehr mit.

Heinz Verrieth mit Heinz Paal und Leni Stammen (2004).

 Der tief verwurzelten Ortsfürsten-Monarchie, die der Twistedener beherrschte wie kein zweiter, war der Boden entzogen.

Die Erfolgsgeschichte des Heinz Verrieth schließt sein Scheitern mit ein. Ob seine Gartenbau-Vetriebs-Gesellschaft (GVG), der Erlebnispark Plantaria oder der Traberpark Den Heyberg - nichts davon ist davon so erhalten, wie es die ursprüngliche Zielsetzung vorsah. Aber was politisch wie Scheitern aussehen mag, ist Alltag im Leben eines am Ende erfolgreichen Unternehmers.

Inzwischen ist Normalität eingekehrt. Ob Verrieths neuestes Projekt - der Campingplatz am Gerberweg-Wald im Bereich der ehemaligen Rennbahn - von der Stadtpolitik akzeptiert wird, liegt nicht in seiner Hand. Darüber entscheidet eine neue Generation von Kommunalpolitikern.

Vielleicht ist sogar eine neue Generation von politisch aufgeklärten Bürgern in Twisteden schon soweit, Heinz Verrieth, ihrem Ehrenortsvorsteher, diesen kleinen unternehmerischen Erfolg am Abend seines aufregenden Lebens von Herzen zu gönnen.

Heinz Verrieth
Heinz Verrieth: Entschlossener Mann, tatkräftiger Unternehmer und geschickter Politiker aus Twisteden (1997).
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Heinz Verrieth Textstellen in der Kevelaerer Enzyklopädie:
| Thomas Flacke | Initiative für Partnerschaft in der einen Welt | Airport Weeze | Heinz Paal | Uta Ranke-Heinemann | Irmgard Wustmans |

© Martin Willing 2012, 2013