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1996 gegründet
Die
berufsständischen Vereinigungen und der Verkehrsverein Kevelaer
kümmerten sich zielgerichtet um die Interessen ihrer Mitglieder.
Trotzdem vermissten Unternehmer, Selbstständige und Freiberufler in der
Wallfahrtsstadt einen eigenständigen Verband. Mitte 1995 brachte der
Unternehmer Heinz-Josef van Aaken, Inhaber eines der ältesten
Zimmerer-Betriebe am Niederrhein, mit seinem Vorschlag zur Gründung
eines "Handwerks- und Wirtschaftsverbands Kevelaer" den Stein ins
Rollen.
"Ein neuer Handwerks- und Wirtschaftsverband in Kevelaer wäre ein großer
Fortschritt", schrieb Martin Willing an den Unternehmer. Der neue
Verband solle sich "gezielt um das heimische Handwerk kümmern, die
Aktivitäten des Verkehrsverein mit seiner traditionellen Ausrichtung auf
den Handel positiv ergänzen, der Gesamtwirtschaft in unserer Heimatstadt
dienen und als eigenständiger Verband ohne direkte Anbindung an eine
Partei für jeden offen sein, der im Kevelaerer Wirtschaftskreislauf
Verantwortung trägt."
Die beiden KB-Herausgeber
Delia Evers und Martin Willing beteiligten
sich ebenso wie
Günther Krüger und Bernd Vos an den nun beginnenden
Vorbereitungsarbeiten für den zu gründenden Verband. Die Gründer
verständigten sich auf den Namen "Unternehmervereinigung Kevelaer" (UVK)
und erklärten im Oktober 1996, als die UVK aus der Taufe gehoben wurde,
zum vornehmsten Ziel:
"In der Unternehmervereinigung Kevelaer wollen die Mitglieder zunächst ein Wir-Gefühl entwickeln und beispielsweise am monatlichen Unternehmer-Stammtisch auch mal in geschützter Vertraulichkeit offen über Probleme sprechen. Kollegiale Hilfe von Mitglied zu Mitglied ist ihnen wichtig. Sie suchen das Gespräch über berufsethische Fragen und über Sozialverantwortung und überlassen anderen Einrichtungen, Tipps für Gewinnmaximierung zu verkaufen. Das Angebot an Fachvorträgen und Seminaren orientiert sich daran, was die Mitglieder wünschen. Und wer sich vertrauensvoll an ein Vorstandsmitglied wendet, weil er konkrete Unterstützung braucht, dann kommt Hilfe, aber keine Rechnung. Gearbeitet wird immer ehrenamtlich und unentgeltlich."
Die nun
vereinigten Unternehmer wollten ihre Kompetenz in Wirtschaftsfragen
in die Entscheidungsprozesse für die gemeinsame Stadt Kevelaer
einbringen. Sie boten sich allen Fraktionen und Parteien, der
Stadtverwaltung und jeder gesellschaftlichen Gruppe als parteineutrale
Gesprächspartner an, die "konstruktiv mitarbeiten wollen".
Nach der Gründungsversammmlung Ende Oktober 1996 wünschten sich die
zunächst 26 Mitglieder, daß die UVK mit "Gang an die Öffentlichkeit"
rasch wachse. Erste Reaktionen zeigten, daß die UVK ein bisheriges
Vakuum ausfüllte. Als Ergänzung zum
Verkehrsverein und zur
Wirtschaftsförderungsgesellschaft, die andere Aufgaben haben, fand die
Vereinigung zahlreiche Ansätze zur Mitgestaltung.
UVK-Vorstandsmitglieder 1997
(v.l.): Paul-Peter van Rossum, Benedikt Mayer, Günther Krüger und Bernd
Vos. Nicht auf dem Bild: Die gleichberechtigte UVK-Sprecherin Delia
Evers (die fotografierte).
Der erste UVK-Vorstand hatte drei gleichberechtigte Sprecher: Delia
Evers (Verlegerin), Günther Krüger (Geschäftsführer einer
Consultingfirma) und Bernd Vos (Tierfutterproduzent). Zum Vorstand
gehörten ferner Optiker Benedikt Mayer und Immobilienmakler Paul-Peter
van Rossum.
Die UVK arbeitete sowohl öffentlich als auch nichtöffentlich. Interne
Zusammenkünfte dienten der Pflege unternehmerischer Kollegialität und
der geschützten Diskussion über aktuelle Fragen, öffentliche
Veranstaltungen wie die mit dem Entwickler des städtischen
Kurzentrumsprojekts, Wolfgang Dömkes, im März 1997 fanden auch in der
Bürgerschaft und in den Medien ein lebhaftes Echo.
Der monatliche
UVK-Stammtisch in der Gaststätte Alt Derp oder im Sporthotel
Schravelen wurde nicht selten zu denkwürdigen Begegnungen mit
hochkarätigen Spezialisten, die als Referenten eingeladen worden
waren. Ein aktuelles Ereignis wie der Konkursantrag von
Dom Samen
war 1997 für die Kevelaerer Unternehmervereinigung Anlass, sich mit der
Rolle der Banken im Unternehmensalltag zu beschäftigen. Dafür wurden als
Gesprächspartner der Vorstandsvorsitzende der Sparkasse,
Gerd Blombach,
und das Vorstandsmitglied der Volksbank, Franz-Josef Vos, eingeladen.
Zu
den Referenten auf weiteren Stammtischen gehörte auch Stadtdirektor
Heinz Paal, der vor den
Unternehmern erläuterte, welche Mechanismen, Zwänge und Abhängigkeiten
es in der kommunalen Verwaltung gibt, die auf Entscheidungen einwirken.
Ferner war
Benno van Aerssen zu Gast, von dem die Unternehmer das
Neueste aus der Welt des Internets erfuhren; außerdem der frühere
Politiker
Peter Roosen (Traberpark Den Heyberg), der über
"Moral und Doppelzüngigkeit in der Politik" sprach.
Prof. Dr. Rainer Elschen im "Ratskeller" bei der UVK.
Anfang 1998 sorgte die UVK für einen vollbesetzten "Ratskeller": Der
Vortrag des in Winnekendonk beheimateten Hochschullehrers Rainer Elschen
("Visionen vom Niederrhein") zog außergewöhnlich viele Gäste an
(siehe Zusatz unten).
Die
UVK machte es sich auch zur Übung, ihre Mitglieder zu besuchen. So
informierten sich die Unternehmer beispielsweise Mitte 1998 im
Handwerker- und Handelszentrum Kevelaer (HZK), wo Hausherr Martin
Schoenen die Entwicklung darlegte.
Zu Gast auf Einladung der UVK: NRW-Wirtschaftsminister Bodo Hombach.
Im August 1998 kam NRW-Wirtschaftsminister Bodo Hombach auf Einladung
der UVK ins Bühnenhaus, wo sich der Sozialdemokrat auch zu dem lokalen
Kernthema „Konversion Laarbruch“ äußerte. Die anschließende Diskussion
mit Unternehmern wurde vom UVK-Vorstandsmitglied Peter Roosen moderiert.
Von Anfang an war das Verhältnis der UVK zur
Wirtschaftsförderungsgesellschaft der Stadt eher gespannt.
WfG-Geschäftsführer
Hans-Josef Kuypers sah, auch wegen der häufigen
Präsenz der UVK in den Zeitungen, womöglich in den UVK-Aktivitäten eine
Konkurrenz zur WfG. Ein klärendes Gespräch mit Kuypers - ebenfalls 1997
- endete für die Unternehmer eher enttäuschend. Kuypers hatte über eine
Stunde lang dargelegt, was er und die WfG leisteten, und sah eigentlich
keinen Raum für eine weitere Vereinigung mit unternehmerischen
Interessen.
Im Jahr 1997 richtete die UVK die vielleicht wichtigste
Informationsveranstaltung in ihrer noch jungen Geschichte aus: Sie lud
den Projektentwickler
Wolfgang Dömkes, der im Auftrag der Stadt Kevelaer für ein Großgelände
auf der Hüls ein
Kur- und Erholungszentrum
konzipierte, ein, vor den Unternehmern und interessierten Kevelaerern
seine Pläne zu erläutern. Dömkes tat das gerne und erfrischend offen.
Auf dieser UVK-Veranstaltung
1997 in Kevelaer erfuhr die interessierte Öffentlichkeit zum ersten Mal
aus erster Hand, was Projektentwickler Wolfgang Dömkes (M.) für ein Kur-
und Erholungszentrum auf der Hüls geplant hatte. Rechts: UVK-Sprecher
Bernd Vos.
Spektakuläre Veranstaltung 1997:
Kur- und Erholungszentrum auf der Hüls in Kevelaer.
Ende März 1998 war der UVK-Vorstand teilweise erneuert worden, weil
wegen beruflicher Belastungen Günther Krüger und Paul-Peter van Rossum
nicht mehr für ein Vorstandsamt kandidiert hatten. Gewählt wurden erneut
Delia Evers, Bernd Vos und Benedikt Mayer; als neue Vorstandsmitglieder
kamen Peter Roosen und
Wilhelm Wehren hinzu. In der
Jahreshauptversammlung des folgenden Jahres formierte sich der
UVK-Vorstand komplett neu: Nun führten Willi Wehren, Jan Ehren, Werner Goldkuhle,
Theo de Jong und Peter Krause-Heiber die Vereinigung. Mit herzlichem
Dank wurden Delia Evers, Bernd Vos, Peter Roosen und Benedikt Mayer aus
dem Vorstand verabschiedet.
1999 und 2000 gehörten die UVK-Stammtische - in wechselnden Lokalen -
noch zu den regelmäßigen Veranstaltungen im Kevelaer-Kalender. Und die
UVK machte auch mit Presseerklärungen zu aktuellen Fragen auf sich
aufmerksam. Aber die "hohe Zeit" der Vereinigung schien vorbei
zu sein. Zwar war die UVK mit Verlautbarungen auch in den nächsten
Jahren noch präsent, aber öffentliche Veranstaltungen blieben weitgehend
aus.
Die "etwas eingeschlafene UVK" sollte 2012 zu neuem Leben befördert
werden. Die neuen UVK-Sprecher
Udo Holtmann, Jan Ehren und Stefan Eich
erklärten: "Wir haben in Absprache mit dem ehemaligen Vorstand und den
Mitgliedern beschlossen, wieder aktiv zu werden“. Auch der legendäre
UVK-Stammtisch sollte neu aufgelegt werden und begann im April 2012 mit
einer Zusammenkunft im „Hotel zur Brücke“ (Grevers-Sürgers).
Während die UVK wenig Unterstützung bei der WfG unter Kuypers gefunden
hatte, setzte sich nun die UVK für eine "starke
Wirtschaftsförderungsgesellschaft" ein, nachdem im Zusammenhang mit dem
Abschied von Geschäftsführerin Ruth Keuken einige Politiker bereits die
Streichung der Stelle vorgeschlagen hatten.
Aber noch war die UVK nicht neu formiert. Für Februar 2013 wurden alle
Unternehmer in Kevelaer zur Jahreshauptversammlung ins Lokal "Zum
Einhorn" (Scholten) eingeladen. Thema: Zukunft der Wirtschaftsförderung
in Kevelaer. Mit dieser Veranstaltung wurde ein Neuanfang der UVK
gesetzt.
Sprecher der UVK sind Thomas Schatorjé, Norbert Engler und Udo Holtmann
(Stand: 2013).
ZUSATZ
Prof. Elschen und seine "Visionen zum
Wirtschaftsstandort Niederrhein", vorgetragen im Mai 1996 vor der
CDU-Mittelstandsvereinigung:
Ein Schiff erreicht seinen Hafen nur,
wenn es seinen Kurs kennt. Das ist jedem klar? Rainer Elschen, den die
CDU-Mittelstandsvereinigung zum Vortrag über seine "Visionen zum
Wirtschaftsstandort Niederrhein" eingeladen hatte, redete sich den Mund
fusselig. "Solange Sie sich nur um Tagespolitik kümmern", antwortete er
dem Kreistagsabgeordneten
Peter Hohl, "richten Sie Chaos
an".
Der Referent hatte Verständnisprobleme im Doppelpack: Die von Manfred
Bruhn, dem deutschen Kommunikationspapst und Marketing-Professor aus
Oestrich-Winkel, entwickelte "Integrierte Unternehmenskultur" kennt kein
Mensch, und Elschens Übertragung einer leitbildbestimmten
Unternehmenskultur auf eine Region, "Vision" genannt, verstand kaum
jemand, weil das Basiswissen fehlte.
Obschon Elschens Rhetorik zum Zuhören mitreißen konnte, rauschte sein
Anliegen an den Ohren der Praktiker aus der Kommunalpolitik vorbei. Die
anschließende Diskussion drehte sich, wie gehabt, um Für und Wider
Frachtflughafen Laarbruch, um
Arbeitsplätze und sogar den Keukenhof in Holland, den
Hannes Selders als
Zeugen dafür heranzog, daß 15 km von einem großen Flughafen entfernt
Idylle mit Blumenfeldern möglich sei. Sein Amtsbruder Ulrich Francken
aus dem Weezer Gemeinderat nutzte den Elschen-Begriff "Vision" für eine
Klage, in seiner Gemeinde hätten "unsere Visionäre" erreicht,
Schönmackers mit 125 Arbeitsplätzen aus Weeze zu vertreiben. Und für
Peter Hohl (Kevelaer) "grenzt Vision ans Sakrale. In Glaubenskämpfen
geht die Sacharbeit baden".
Rainer Elschen blieb bewundernswert
ruhig. Franz Scholl (Winnekendonk) nutzte das Forum nur, um seine
Flughafen-Ablehnung zu begründen.
Franz Scholl (1996).
Niemand, auch Versammlungsleiter Alfons Tönnissen (Kleve) nicht, griff Elschens vielfach belegte These auf, diese Region müsse sich in ihrer Vielfalt erst einmal klarmachen, was sie überhaupt sein und werden wolle.
Alfons Tönnissen (1996).
Der in Winnekendonk lebende Hochschullehrer Elschen hatte von vornherein keine Chance. Großunternehmen beschäftigen monatelang Kommunikationsexperten für Entwicklung und Übertragung ihrer Vision, ihres Leitbildes. Hier weiß man nicht einmal, was das ist.
Martin Willing im Kevelaerer Blatt vom 31.5.1996