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Jacobs, Gerd
Landwirt, Landtagsabgeordneter, Landrat, Bildungsreferent,
KPV-Vorsitzender aus Geldern | * 1938

Gerd JacobsAls der Bauer
aus Vernum im Jahr 1993 von seiner Partei, der CDU, zum Landratskandidaten und Nachfolger des legendären Hans Pickers (†) nominiert wurde, da ging es zur Sache. Gegen Gerd Jacobs, der als stockkonservativ galt und als „polarisierend“ empfunden wurde, traten Uedems Werner van Briel und Kevelaers Peter Hohl an. Jacobs gewann die geheime Abstimmung mit Bravour, was so nicht erwartet worden war. Er hatte starke Unterstützung von seinem Berufsstand, den Landwirten, bekommen.

So begann mit einer Überraschung die zweite Karriere des Gelderner Kommunalpolitikers, der als Referent an der Akademie Klausenhof (mit Diplom), als Bildungsreferent der Katholischen Landjugend- und Landvolkbewegung im Bistum Münster und nicht zuletzt als selbstständiger Landwirt über guten Rückhalt in bäuerlichen Kreisen verfügte.

Viele irrten sich, als sie Jacobs und seine Chancen einschätzten. Die FDP beispielsweise hatte für die 1994er-Kreistagswahl angekündigt, sie würde Jacobs nicht wählen und damit seine Berufung zum ehrenamtlichen Landrat verhindern. Es kam anders. Gerd Jacobs wurde Landrat - und was für einer!

Sein wichtigstes Pfund, mit dem er seine Amtszeit begann, war seine Erfahrung. Der Landwirt hatte zum Zeitpunkt seiner Wahl schon fast 30 Jahre politische Arbeit hinter sich. Politik gestalten - das hatte er zunächst bei der Jungen Union gelernt, deren Kreisvorsitzender in Geldern er 1968 wurde, und dann in vielen Jahren als Kreistagsabgeordneter, als Vorsitzender der Kommunalpolitischen Vereinigung (KPV), als Landtagsabgeordneter und nicht zuletzt in seinem ausgeübten Beruf als Bildungsreferent im Bistum Münster.

Dass er nicht zugleich Kreisparteichef war wie viele Jahre sein Amtsvorgänger Pickers, erwies sich nicht als nachteilig, weil Arbeitsteilung und Zusammenarbeit mit dem um eine Generation jüngeren MdB Ronald Pofalla hervorragend klappte. „Das Gespann Jacobs/Kersting (OKD) ist auf dem besten Weg, sich einen ähnlich guten Ruf wie das Vorgängerduo Pickers/Schneider zu erarbeiten“, hieß es Mitte 1996 im Kevelaerer Blatt.

Gerd Jacobs war in den 1960er-Jahren über die Junge Union zu einer bekannten Persönlichkeit im kommunalpolitischen Lager zwischen Geldern und Kleve geworden. 1968, also lange vor dem Kreiszusammenschluss (1975), wurde Jacobs Vorsitzender der JU im Kreis Geldern (unterstützt u.a. von den Kevelaerer Beisitzern Richard Kraft, Josef Paeßens und Heinz Strötges, später auch von Walter Deloy, Walter Probst, Otto Fehlemann). Die Gelderner CDU vertraute dem jungen Mann ab 1965 (bis 1975) auch den Stadtverbandsvorsitz an.

Mitte der 1970er-Jahre - das war die Zeit, da der Kevelaerer Landtagsabgeordnete Dr. Jochen van Aerssen (†) seinen atemberaubenden Wechsel vom Landtagsgeordneten über ein Mandat im Deutschen Bundestag zu einem Abgeordneten im Europaparlament vollzog, woran er schließlich zerbrechen sollte. Dr. Helmut Linssen aus Geldern bewarb sich um die Kandidatur für die nächste Landtagswahl. Mitbewerber waren Helmut Neersen (Issum) und Peter Roosen (Kevelaer). Linssen wurde von der Kreispartei nominiert. Mit großem Sicherheitspolster gewann der Miteigentümer eines landwirtschaftlichen Mühlenunternehmens in Geldern den Wahlkreis.

Gerd Jacobs 1986
Gerd Jacobs, Hans Pickers, Helmut Linssen und Karl Dingermann (1986, v.l.).

Auch Gerd Jacobs hatte Landtagsambitionen, ohne allerdings Helmut Linssen in die Quere kommen zu wollen. Er ließ sich von seiner Partei für die Reserveliste aufstellen und zog tatsächlich ins Düsseldorfer Parlament ein, und zwar von 1985 bis 1990 und dann noch einmal von 1994 bis 1995.

Unterdessen hatte die Fusion zum neuen Kreis Kleve stattgefunden (1975). Als Landrat Hans Pickers, inzwischen 70 geworden, Anfang der 1990er-Jahre seinen Abschied ankündigte, einigte sich die Kreis-CDU auf Gerd Jacobs - er war damals Kreisvorsitzender der Kommunalpolitischen Vereinigung (KPV) - als Pickers-Nachfolger.

Gerd Jacobs
Gerd Jacobs, Ronald Pofalla (1993).

Das ging allerdings alles andere als glatt über die Bühne. Um Jacobs nominieren zu können, musste erst einmal der Kevelaerer Gegenkandidat Peter Hohl ausgebremst werden. Viele, aber längst nicht alle Kevelaerer Stimmen waren Hohl sicher. 56 von 298 abgegebenen Stimmen - das war schließlich eine deutliche, schmerzende Absage an Hohl.

Ende 1993 war es Landrat Gerd Jacobs, der um seinen Posten bangte. Zunächst musste Heinz Seesing (†), Bundestagsabgeordneter aus Kalkar, Ronald Pofalla Platz machen (der dann den Wahlkreis Kleve-Geldern direkt gewann). Dann entschloss sich Seesing, in die Kreispolitik zurückzukehren. Gefahr für Landrat Jacobs? Seesing erklärte, nicht gegen Jacobs antreten zu wollen. Stattdessen strebe er die Nachfolge des Vorsitzenden der CDU-Kreistagsfraktion, Willi Pieper (†), an. So begannen einige Jahre der guten Zusammenarbeit von Jacobs und Seesing im Kreistag Kleve.

Gerd Jacobs hatte durchaus Ambitionen, hauptamtlicher Landrat im Kreis Kleve zu werden. Obwohl solche Entscheidungen erst für 1999 anstanden, meldete Jacobs bereits Mitte der 1990er-Jahre seinen Anspruch an. Dadurch wurde die Ausgangsposition von Oberkreisdirektor Rudolf Kersting, der erklärtermaßen hauptamtlicher Landrat werden wollte, geschwächt. Kerstings Amtszeit, die Anfang 1996 eigentlich endete, wurde im Herbst 1995 um drei Jahre - bis zur Direktwahl des hauptamtlichen Landrats im Jahr 1999 - verlängert.

Rudolf Kersting konnte trotzdem darauf vertrauen, dass ihn die CDU-Kreispartei schließlich auch zum Kandidaten für das hauptamtliche Landratsamt nominieren würde. Parteichef Ronald Pofalla, der Mann mit dem inzwischen größten Einfluss auf die Geschicke in der Partei, hatte parteiintern die Pflöcke bereits eingeschlagen: Rudolf Kersting sollte hauptamtlicher Landrat, Gerd Jacobs sein ehrenamtlicher erster Stellvertreter werden.

Gerd Jacobs
Landrat Gerd Jacobs, Stadtdirektor i. R. Dr. Karl-Heinz Röser.

Offiziell blieb zwar längere Zeit in der Schwebe, ob Jacobs gegen Kersting antreten würde, aber Ende 1998 schuf der Gelderner selbst für Klarheit: Auf einem Geburtstagsempfang im Kevelaerer Museum erklärte Gerd Jacobs, dass er auf eine Kandidatur zum hauptamtlichen Landrat verzichte. Das habe er intern schon vor Jahren gegenüber seinem Parteivorstand erklärt. Damit war der Weg für Rudolf Kersting frei von Hindernissen.

Gerd Jacobs
Gerd Jacobs, Ronald Pofalla, Hannes Selders (v.l.).

Obwohl Jacobs bis 2004 als stellvertretender Landrat im guten Ruf stand (2004 begann die Amtszeit von Landrat Wolfgang Spreen), brachte es der Kreis Kleve fertig, in seiner im Jahr 2000 herausgegebenen Festschrift „25 Jahre Kreis Kleve - Eine runde Sache“ den letzten ehrenamtlichen Landrat des Kreises Kleve, Gerd Jacobs aus Geldern-Vernum, zu vergessen. Er kommt im 272 Seiten starken Buch nicht vor.

Gerd JacobsIm Jahr 2001 führte Vizelandrat Gerd Jacobs in einer Prozession Pilger zu einem ökumenischen Landgottesdienst nach Kevelaer. Es war die Zeit, da die Landwirtschaft von Seuchen wie BSE und MKS gebeutelt wurde.

Kerze der Landwirte: „Die Erde bebauen und hüten“.
Foto: Miriam Etzold


Katholische und evangelische Kirchen am Niederrhein luden zum ökumenischen Gottesdienst ein - zum ersten gemeinsamen Landgottesdienst am Niederrhein, der auf dem Hof Quinders auf Hüdderath gefeiert wurde. Das Wetter war gut, und viele Menschen, die meisten vermutlich Landwirte, nahmen Platz auf Bänken in der frei geräumten, sauber gefegten Halle. Sie lauschten andächtig dem ökumenischen Gottesdienst, durch den Pfarrerin Karin Reinhardt (heute Dembek) von der evangelischen Kirchengemeinde Kevelaer, Jürgen Widera, Pfarrer des kirchlichen Dienstes in der Arbeitswelt (KDA) und der Franziskanerpater Markus Hollmann, Präses der katholischen Landvolkbewegung, führten.

Nach dem Segen zogen die Menschen in einer Prozession zum Forum Pax Christi am Kapellenplatz, den Ort des Gebetes. Als ein Zeichen ihrer Verbundenheit trugen sie eine in der Kerzenfabrik Leuker in Kevelaer gefertigte Kerze voran.

Gerd Jacobs
Vizelandrat Gerd Jacobs trug die Prozessionskerze ins Forum Pax Christi.
Foto: Miriam Etzold