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Kommunal- und Landespolitiker | * 1918 | † 2007
Ein
solches Gewächs“, hieß es im Kävels Bläche über Willi Pieper zum 75.
Geburtstag, „bringt die Kreis Klever Sonne höchstens einmal in einer
Generation zustande. Willi Pieper ist der wohl profilierteste Politiker
niederrheinischer Provenienz.“
Er veränderte sich über die Jahre kaum. Mit 85, ja selbst mit 89 war er
immer noch der Alte, so wie wir ihn kannten und schätzten. Die Ernennung
zum Ehrenbürger seiner Vaterstadt Emmerich erlebte er noch; der Festakt
mit der Überreichung der Urkunde fiel aus: Willi Pieper war wenige Tage
vorher - Ende 2007 - gestorben.
Seine Verdienste um das Gemeinwesen, die ein Buch füllen würden, kann
man in einem Beitrag nicht angemessen würdigen. Zwei Punkte seien
herausgegriffen: Da ist zunächst die Brücke zwischen Emmerich und Kleve.
An ihrem Bau hatte Willi Pieper nicht nur großen Anteil - er ist der
Vater der Rheinbrücke.
Großer Bahnhof und viele
rote Rosen zum 80. Geburtstag von Willi Pieper 1998 in Emmerich (v.l.):
Landrat
Hans Pickers, Kreistagsabgeordneter
Ernst Otto Schumann.
Foto: Martin Willing
Und da ist die geistige Brücke zwischen den Regionen: Der Emmericher hat
wie kein zweiter den neuen Kreis Kleve ans Laufen gebracht und ihn
geformt und geprägt.
Es begann mit einer kurios klingenden Berufung: Willi Pieper wurde 1975
nach der Kreisneugliederung für die Monate, da die alten Kreistage nicht
mehr im Amt und die neuen noch nicht gewählt waren, von der
Landesregierung zum Staatskommissar ernannt, der die Befugnisse des
Kreistags auf seine Person zentrierte.
1970
traf ich diesen Ausnahmepolitiker zum ersten Mal. Willi Pieper und sein
Nachfolger im Bürgermeisteramt, Franz Wolters, begrüßten mich vor dem
Emmericher Rathaus, wo ich mich zu einem Antrittsbesuch als neuer
Redakteur einer Tageszeitung für die Stadt am Rhein angemeldet hatte.
Willi Pieper vor der
Rheinbrücke Emmerich.
Es war jene Zeit, da Pieper bereits den Höhepunkt seiner Popularität und
seines öffentlichen Ansehens erreicht zu haben schien. Dennoch oder
genau deswegen wurden aus Wesel Anfang der 1970er-Jahre Querschüsse mit
System gegen den Landtagsabgeordneten abgeschossen. Innerparteiliche
Konkurrenz scharrte mit den Hufen, denn Pieper, der „ewige“
Landtagsabgeordnete, sollte abgelöst werden.
Ich hatte Pieper und sein politisches Format inzwischen schätzen gelernt
und beteiligte mich an dem publizistischen Feuer auf den Emmericher
nicht. Dafür gab es ein paar redaktionsinterne Schwierigkeiten, aber
auch eine Freundschaft.
Am nachhaltigsten beeindruckt hat mich Willi Pieper viel später - Anfang
der 90er -, als das Kävels Bläche politische Entscheidungen zum
Nachteil des Kevelaerer Museums zu kritisieren hatte und Willi Pieper,
der Chef der Mehrheitsfraktion, not amused war. So wie er auf
die „Opposition aus Kevelaer“ reagierte, verdiente er meinen ganzen
Respekt.
Das KB hatte damals die Kevelaerer Abgeordneten
Peter Roosen und
Peter Hohl, die als Abweichler
von der Pieper‘schen Linie einen schweren Stand hatten, unterstützt.
Pieper, der unsere Zeitung las, rief aus Emmerich an und erweckte mit
einer geharnischten Gardinenpredit den Eindruck, nun sei unsere
Freundschaft zu Ende. Die dann auf dem Fuße folgende „Abstrafung“
bestand in einem sehr guten Mittagessen, das er bezahlte, und in einem
Gedankenaustausch auf gleicher Augenhöhe und in gegenseitiger Achtung
für die jeweils andere Position.
Willi
Pieper 1998 in Emmerich
an seinem 80. Geburtstag.
Foto: Martin Willing
Nach seinem Abschied aus der aktiven Politik hatten wir über eine längere Zeit keinen Kontakt - bis jener Tag im Jahr 2003 kam, an dem er plötzlich in meinem Büro stand. Er hatte sich von seinem Sohn nach Winnekendonk fahren lassen, um mir zum runden Geburtstag zu gratulieren.
„Ich hänge sehr an dem Buch“, sagte Willi Pieper, der Kunstliebhaber, als er mir einen Bildband über Henri de Toulouse Lautrec aus seiner Bibliothek schenkte.
Kondolenzbuch in der
St.-Adelgundis-Kirche zu Emmerich am Tag der Beerdigung von Willi
Pieper. Foto: Martin Willing
Der Tag seiner Beerdigung
Die St.-Aldegundis-Kirche in Emmerich füllte sich mit Trauergästen. An
zwei Säulen lagen auf Tischen Kondolenzbücher aus. Kleine Lichter
leuchteten zwischen weißen Rosen. Ein gerahmtes Foto zeigte Willi Pieper
vor der Emmericher Rheinbrücke. Auf seinem schlichten Totenzettel war,
ganz klein, eine Kopfweide abgebildet, so wie sie Hein Driesen gemalt
haben könnte.
„Von guten Mächten wunderbar geborgen“, begann ein Bonhoeffer-Zitat auf
dem Totenzettel, „erwarten wir getrost, was kommen mag. Gott ist mit uns
am Abend und am Morgen und ganz gewiss an jedem neuen Tag.“
Im Emmericher Schützenhaus Kapaunenberg sollte Willi Pieper am 16.
Januar 2008 anlässlich seines 90. Geburtstags besonders geehrt werden.
Daran änderte sich nichts, auch wenn sein Freund und Vertrauter
Ronald Pofalla nun eine andere Rede
halten musste.
Vielleicht hätte Willi Pieper ähnlich geantwortet wie damals, als im
selben Haus sein 75. Geburtstag gefeiert wurde:
"Das wirkliche Leben besteht darin, im Alltäglichen das Wunderbare zu
sehen."
Vita Willi Pieper
1918 Geburt.
1949 Rückkehr aus Kriegsgefangenschaft, Postbeamter.
1950 Vorsitzender der Postgewerkschaft Emmerich.
1951 Kreissprecher der Jungen Union.
1954 Mitglied des Landtags NRW (bis 1975).
1956 Mitglied des Stadtrats Emmerich (bis 1989).
1961 Bürgermeister der Stadt Emmerich (bis 1970).
1973 Bundesverdienstkreuz 1. Klasse.
1975 Beauftragter für die Wahrnehmung der Aufgaben des Kreistags -
Staatskommissar.
1975 Fraktionsvorsitzender der CDU-Kreistagsfraktion Kleve (bis 1994).
1986 Ehrenring der Stadt Emmerich.
1988 Großes Verdienstkreuz des Verdienstordens.
1993 Ehrengabe des Kreises Kleve.
1994 Ehrenvorsitzender der CDU-Kreistagsfraktion.
2007 Ehrenbürger der Stadt Emmerich.
2007 Tod.