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Schneider, Dr. Hans-Wilhelm
Oberkreisdirektor in Kleve | * 1933 | † 2009

Dr. Hans-Wilhelm Schneider
Es war eine der schönsten und ehrlichsten seiner Feiern, die der Kreis Kleve am 16. Januar 1989 erlebte: Landrat Hans Pickers verabschiedete Oberkreisdirektor Dr. Hans Wilhelm Schneider, den Baumeister des modernen Kreises. Kaum hatte Pickers die Worte gesprochen, Schneider habe sich „verdient gemacht“, erhoben sich wie ein Mann alle Kreistagsabgeordneten, Bürgermeister, Stadt- und Gemeindedirektoren. Sie dankten Schneider minutenlang mit Beifall - Momente, die ins Herz gingen und kundgaben, was für eine Lebensleistung der Geehrte geschafft hatte. An seiner Seite freute sich seine Frau Holle.

Nach Jura-Studium in Bonn, Freiburg, Berlin und Köln legte Schneider 1958 die erste und 1963 die zweite Staatsprüfung ab. Im selben Jahr wurde er promoviert. Im Landkreis Bonn trat er in den öffentlichen Dienst ein und wurde 1969 Beigeordneter des Landkreistages.

Dr. Hans-Wilhelm Schneider1970 übernahm er nach Wahl durch den Kreistag in Kleve das Amt des Oberkreisdirektors. Nach Bildung des neuen Kreises aus den Alt-Kreisen Kleve und Geldern sowie Emmerich/Rees (Kreis Rees) als Ergebnis der Kreisneugliederung (1975) fiel die politische Führung Geldern zu (ehrenamtlicher Landrat Hans Pickers), während die administrative Leitung Kleve zugeordnet wurde.

Der neue Kreistag wählte Dr. Hans Wilhelm Schneider zum Oberkreisdirektor. Der exzellente Verwaltungsfachmann genoss in allen Fraktionen ein so hohes Ansehen, dass er 1982 einstimmig auf acht weitere Jahre wiedergewählt wurde.

Das erstaunte niemanden. Hans Wilhelm Schneider arbeitete wie ein First-Class-Beamter, immer ruhig, beinahe aristokratisch, sachbezogen und - menschenbezogen.

Er war ein mitfühlender Profi, ähnlich wie in Kevelaer Stadtdirektor Dr. Karl-Heinz Röser, den Schneider einmal als „Glücksfall für die Stadt Kevelaer“ kennzeichnete, da er einer der letzten Hauptgemeindebeamten sei, die sich von dem inzwischen eher gefragten Managertyp darin unterschieden, dass sie ihr Interesse auf das Ganze zu richten verstünden.

Ähnliches lässt sich über Schneider sagen. Er war ein Glücksfall für den Kreis Kleve. Mit außergewöhnlicher Profession lenkte der erste Oberkreisdirektor des neuen Kreises das große Kommunalgebilde durch die Sturm- und Drangzeit. Das Zusammenwachsen forderte den Blick auf das große Ganze, und es brauchte den Blick auf die kleinen und mitunter kleinlichen Rivalitäten, die gesehen, angenommen und in ein gutes Miteinander überführt werden wollten. Der OKD schaffte das. Er hätte mit seinen Qualitäten auch in der Regierung Karriere machen können. Diesem Mann, in Düsseldorf wie hierzulande hoch angesehen, hat der moderne Kreis Kleve, den er ab 1975 buchstäblich schneiderte, Unschätzbares zu verdanken.

Bei allem Überblick verlor er Einzelschicksale nicht aus dem Auge. Als die ehemaligen Redakteure Willing und Evers aus Geldern/Kevelaer 1980 nach einem bundesweiten Journalistenstreik ohne Arbeitsplatz da standen, rief er noch am selben Abend an und zeigte eine berufliche Perspektive auf.

Einweihung des Rathausanbaus KevelaerDie Stadt Kevelaer wurde nicht immer glücklich mit Schneiders geradlinier Haltung. 1983 wehrte sich der Rat vergebens gegen die Einrichtung eines zweiten schulfreien Samstags am Kardinal-von-Galen-Gymnasium und verstieß damit gegen geltendes Recht. Im Januar 1984 drohte Schneider „Ersatzvornahme“ an und belehrte Kevelaer, dass die Schulkonferenz im Rahmen des Schulmitwirkungsgesetzes die Fünftagewoche beschlossen habe. Daran könne der Rat nicht vorbei.

Rathausanbau gesegnet (1987, v.l.): Bürgermeister Karl Dingermann, Bischof Heinrich Maria Janssen, Pfarrer Richard Schulte Staade, Landrat Hans Pickers, Oberkreisdirektor Dr. Hans-Wilhelm Schneider und Stadtdirektor Heinz Paal.

Gleichwohl gab Schneider Kevelaer gern die Ehre - so als 1987 der Papst kam und als im selben Jahr Bischof und Ehrenbürger Heinrich Maria Janssen den Rathausanbau einweihte. Da war er schon gezeichnet von einer tückischen, langsam fortschreitenden Krankheit. Sein Ansehen war ungebrochen, nicht aber seine Gesundheit.

1988 erkannte der Klever, dass er sein Amt vorzeitig würde aufgeben müssen. Die Diagnose lautete Parkinson. Hans-Wilhelm Schneider unterrichtete Landrat Hans Pickers, der den Ältestenrat des Kreistags darüber informierte, dass der OKD um Entlassung aus gesundheitlichen Gründen gebeten habe, so wie ihm von seinen Ärzten geraten worden war.

Die Nachricht von Schneiders Erkrankung und seinem für den 31. Januar 1989 terminierten Ausscheiden löste Betroffenheit und Mitgefühl aus. Der Bitte um vorzeitige Entlassung entsprachen die Kreistagsabgeordneten, die Kreisdirektor Rudolf Kersting zu Schneiders Nachfolger wählten. Der 31. Januar 1989 war sein letzter Arbeitstag.

Dass er seine Krankheit viele Jahre lang gut im Griff behielt, wunderte eigentlich niemanden, denn Schneider hatte sich schon immer durch Disziplin und Zielstrebigkeit ausgezeichnet. Er haderte nicht, sondern machte das Beste aus dem, was der Lebensverlauf bot - so wie ein Segler, der mit dem Wind fertig werden muss, der gerade bläst. So hatte Schneider es schon auf seiner „Varianta“, seinem Segelboot, gehalten, als er noch mit Freude schippern konnte. Er erfuhr und nahm an, dass alles seine Zeit hat.

1990 zeichnete Ministerpräsident Johannes Rau den früheren Oberkreisdirektor mit dem selten verliehenen Verdienstorden des Landes Nordrhein-Westfalen aus.

Nach seinem Tod schrieb seine Familie in der Traueranzeige: „In der Gewissheit, dass das Ende ein neuer Anfang ist, schlief er in Frieden ein.“