Ingenpaß, Heinz
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Hochmeister
der Consolatrix Afflictorum | * 1935 | † 2005
„Wenn
man einmal ein Pöstchen angenommen hat, kommen schnell andere hinzu“,
sagte Heinz Ingenpaß einmal schmunzelnd zu seinen vielen ehrenamtlichen
Aktivitäten, und seine Frau Marlies fügte hinzu: „Er kann nicht ‚nein‘
sagen.“
Als einziges Kind des Kevelaerer Originals
Matthias ‘Rollfuhrs-Matt’ Ingenpaß
und Frau Gertrud, geborene Blenkers, kam Heinz 1935 an der Römerstraße
zur Welt. Nach dem Besuch der Marktschule begann er 1950 eine
Elektrikerlehre bei Willi Görtz in Winnekendonk und arbeitete
anschließend als Geselle bei Alfred Wolf in Kevelaer. 1957 wechselte er
zum RWE in Kevelaer, legte 1962 die Meisterprüfung in Oldenburg ab und
landete schließlich 1970 in der Vertragsabteilung des RWE in Krefeld.
Hier blieb er bis zu seiner Pensionierung 1994.
„Meine Vorgesetzten haben meine ehrenamtlichen Tätigkeiten immer
unterstützt, sonst wäre das gar nicht gegangen“, sagte Heinz Ingenpaß
und lobte auch seine Frau, die mit den Töchtern Birgit, Susanne und
Ulrike immer hinter ihm gestanden habe. Marlies Ingenpaß ist eine
geborene Brünen; die Gaststätte „Goldener Schwan“ ist ihr Elternhaus:
Hier lernte sie ihren späteren Mann beim Bedienen kennen; 1964
heirateten die beiden.
Zahlreiche Hobbys hielten den vitalen Pensionär zusätzlich auf Trab.
Montags spielte er Faustball mit der Altersriege, die sich im Sommer
aufs Fahrrad schwang; dienstags traf sich im "Goldenen Schwan" ein
Stammtisch, der aus dem ehemaligen Kegelclub „Die Nachtfalter“
hervorgegangen war. Mittwochs war gemeinsames Schwitzen mit Nachbarn in
der Sauna angesagt, und freitags gesellte sich Heinz Ingenpaß für zwei
Stunden zum Stammtisch bei Endress. „Der Donnerstag steht zur freien
Verfügung“, sagte Heinz Ingenpaß lächelnd.
Seit seiner Pensionierung erledigte er die meisten Einkäufe für den
Haushalt. „Anfangs haben Bekannte gelacht, wenn sie mich mit vollen
Taschen sahen“, erzählte Heinz Ingenpaß, „jetzt treffe ich zunehmend
mehr ehemalige Schulkameraden mit dem Einkaufszettel in der Hand.“
Der vielbeschäftigte Mann hatte eine sehr enge Beziehung zu seiner
Heimatkommune. „Wenn wir durch die Stadt laufen, sagt er oft: ‘Ist
Kevelaer nicht schön?’“, so beschrieb es Ehefrau Marlies kurz vor dem
Tod ihres Mannes.
Mittelpunkt seines Lebens war seine Familie mit den Enkelkindern.
Großeltern, Kinder und Kindeskinder besuchten sich oft gegenseitig.
Zur Feier des 70. Geburtstags verzichtete Heinz Ingenpaß auf persönliche
Geschenke. "Ich werde ein Sparschwein für die
Aktion St. Nicolaus
aufstellen.“
Heinz Ingenpaß, Jan Klucken
und Dr. Ferdinand Helpenstein (v.l.): engagiertes Team (1997).
Denn dort war er Mitstreiter.
Dr. Ferdinand Helpenstein
sagte über Heinz Ingenpaß: „Er zeigt ein Engagement, das man selten
findet. Er ist nicht einer, der nur gelegentlich etwas tut. Vor ein paar
Jahren haben wir das Obergeschoss der Frühförderstelle in Kevelaer
umgebaut; da kam er jeden Tag, um zu sehen, ob alles klappt. Es gibt
eigentlich nichts, was er nicht macht.“ Seine Nächstenliebe zeigte sich
besonders in der Fürsorge für behinderte, benachteiligte Kinder. In
Jahrzehnte langer Kontinuität kümmerte er sich als Mann der Tat und Mann
der guten Verbindungen zur Politik um die Aktion St. Nicolaus, deren
Frühförderstelle
ohne diesen Promoter nur schwer vorstellbar ist.
Heinz Ingenpaß 2004 mit dem Doppelpony Sissi, das 20 Jahre lang für
die Hippotherapie der Aktion St. Nicolaus eingesetzt worden war. Auf
Sissis Rücken lernten behinderte Kinder, Haltung und Selbstvertrauen zu
stärken.
Heinz Ingenpaß war kein U-Boot-Katholik, der nur an Festtagen
auftauchte. Er zählte zu den Hütern des Kapellenplatzes und stand für
das tägliche Marienlob ungezählte Male in der Kerzenkapelle, in
Kevelaers Ursprungswallfahrtskirche, wo die
Kevelaer-Bruderschaft der Consolatrix Afflictorum
geistig zu Hause ist. Er selbst trug einige Jahre die verpflichtende
Würde eines Hochmeisters der Bruderschaft.
Heinz Ingenpaß (l.) 1987 als Brudermeister.
In der
Bewegung Maria Kevelaer,
die mit dem Ziel des Stadtpatronats, vollzogen am 31. Mai 2000,
aufgebrochen war, übernahm Heinz Ingenpaß die Aufgabe eines
Verbindungsmanns zu den Vereinen und Vereinigungen in der
Wallfahrtsstadt als Vorsitzender des Kreises der Paten.
Im Jahr vor der Kommunalen Neugliederung (1969) war Heinz Ingenpaß als
33-Jähriger zur CDU gestoßen und hatte gehörig in der Politik
mitgemischt - etliche Jahre auch in unmittelbarer Verantwortung als
Ratsmitglied.
1984 trat für die CDU und ihre Fraktion unter der Führung von
Hans Broeckmann
eine Zäsur ein, die für die Partei gefährlich war und das Feld für die
zehn Jahre später erfolgte Gründung der Kevelaerer Bürgervereinigung
(KBV) bereitete. Mit Heinz Ingenpaß schieden, weil sie nicht mehr
kandidieren wollten, bekannte und einflussreiche CDU-Politiker aus dem
Stadtrat aus, u.a.
Hans Boers,
Heinz-Josef van Aaken, Jean Schatorjé und
Theo Bogers.
Auch in der SPD war die Welt in Unordnung geraten.
SPD-Parteivorsitzender
Karl Wehren trat
zurück und verließ die Partei, die große Auseinandersetzung um das
B&B-Center (heute: Luxemburger Galerie) begann, das Thema Zweite
Niersbrücke teilte die Politiker in „Freund und Feind“, Stadtdirektor
Dr. Karl-Heinz Röser
wurde quasi aus dem Amt gedrängt.
Heinz Ingenpaß hatte zu den Kritikern der „Herrschenden“ gehört, die
sich in der Krise rieben, aber er blieb bei der Fahne. Er ließ sich 1985
wieder in den erweiterten Vorstand des CDU-Stadtverbands wählen und
wäre, wenn er denn gewollt hätte, Ende der 80er wohl
Bürgermeisterkandidat geworden, als für
Karl Dingermann
ein Nachfolger gesucht und zunächst nicht gefunden wurde.
Aber Heinz Ingenpaß war Realist, und er wusste, dass ein solches Amt
nicht sein Ding war. Der gelernte Elektromeister hatte ein Gespür dafür,
wo seine Talente und seine politischen Aufgaben lagen. Er stellte sich
weiterhin in die zweite Reihe, und zwar mit Tatkraft und kein bisschen
müde. Er nahm, wie bis dahin, kein Blatt vor den Mund und bezog mannhaft
Gegenposition, wenn er mit vorherrschenden Meinungen in Partei und
Öffentlichkeit nicht einverstanden war. Unvergessen ist seine Warnung
(1995) vor überbordenden Plänen eines
Kur- und Erholungszentrums
für Kevelaer: Kurzentrum ja, aber „Disneyland-Zustände“ dürften in den
Wallfahrtsort nicht einziehen.
Dann wurde Heinz Ingenpaß doch noch Nachfolger von Karl Dingermann - im
Amt des Hochmeisters der Bruderschaft der Consolatrix afflictorum (bis
2001), nachdem Karl Dingermann in Folge einer Auseinandersetzung mit der
Wallfahrtsleitung 1995 überraschend von diesem Amt zurückgetreten war.
Die Nachricht vom Tod des liebenswürdigen Kevelaerers Heinz Ingenpaß
wollte zunächst kaum jemand glauben. Wenn einer einen lebensfrohen,
aktiven und kerngesunden Rentner verkörperte, dann war es doch Heinz
Ingenpaß. Doch keine drei Monate nach der Würdigung im Kävels Bläche zu
seinem 70. Geburtstag folgte der Nachruf auf Heinz Ingenpaß. Darin hieß
es: "Er sprühte vor Lebensfreude, ein Pensionär wie aus dem Bilderbuch.
Aus heiterem Leben, aus heiterem Himmel - völlig unerwartet wurde er bei
seinem Namen gerufen." So hatte Heinz Ingenpaß auch mit seinem
plötzlichen Sterben noch etwas zu sagen: Niemand kennt seine Stunde.
Quellenhinweis: Kevelaerer Persönlichkeiten 2