Boers, Hans
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Politiker und
rheinisches Original aus Kevelaer | * 1935
Es
gibt nur wenige Menschen, die Jahrzehnte lang in der Kevelaerer Politik
mitmischten und den Ärger, den das Politisieren in der Heimatkommune
nach sich zog, nicht wichtiger nahmen als das Gefühl, mitverantwortlich
für die Entwicklung ihrer Stadt zu sein.
Die Zahl der langjährig Aktiven wird noch kleiner, wenn diejenigen
herausgefiltert werden, die in der Politik nie ein würdevolles oder
einflussreiches Amt bekleidet haben und trotzdem bei der Stange
geblieben sind. Häns Boers ist einer von diesen Kommunalpolitikern, die
trotz kleiner Statur herausragen, ohne je im Vordergrund gestanden zu
haben.
Der Malermeister von der Rheinstraße machte in den 1960er- und
1970er-Jahren als einer der „Jungtürken“ der Kevelaerer CDU von sich
reden - so nennt man die jungen Christdemokraten, die damals das brave
Establishment erschreckten und die Kommunalpolitik „von unten“
aufmischten, worüber die konservativen Herrschaften im Rathaus ziemlich
perplex waren.
Häns Boers, darauf konnte man blind vertrauen, war immer irgendwie
beteiligt.
Er war gerade 49, als er sein CDU-Ratsmandat aufgab. Er ließ sich zur
Kommunalwahl 1984 nicht mehr aufstellen. Es war jener
Entwicklungsabschnitt in der Kevelaerer Kommunalpolitik, in dem eine
handfeste Krise ihren Lauf nahm. Es krachte nicht nur in der CDU; die
unendliche Geschichte mit dem
B&B-Center
war eines der großen Themen jener Zeit.
Politiker wie Boers, die sich, wenn sie für Kevelaer Entscheidungen
trafen, auf ihren gesunden Menschenverstand verließen, verloren in
dieser Krise der 1980er-Jahre ihre parteipolitische Heimat. Die Gründung
eines neuen Sammelbeckens für politisch Engagierte, die nichts weiter
sein wollten als Kevelaerer, war die Folge. Diese Politiker fanden in
der KBV 1994 ihre neue Organisationsform.
Die Freude währte nicht lange. 2007 traten drei der Gründungsmitglieder
enttäuscht aus: Häns Boers, Hein Friesen und Heinz Lamers.
Der Frust war Häns Boers anzuhören. „Das ist nicht mehr die KBV, für die
ich angetreten bin! Ich bin enttäuscht. Jetzt ist Schluss.“ Vor
Weihnachten legte Boers dem KBV-Fraktionschef Heinz-Josef van Aaken die
Kündigung auf den Tisch.
Den letzten Anstoß hatte ein Reizthema gegeben. Übel nahm er der
Vereinigung, dass sie einen Rathausneubau in Erwägung zog. „Ich halte
das für den größten Blödsinn aller Zeiten. Wir haben keine müde Mark
mehr, aber bauen ein neues Rathaus! Brandschutz und Sanierung ‚ja‘, aber
mehr nicht!“
Das Foto zeigt 1986 v. l. Heinz Ingenpaß, Häns Boers in seiner
bevorzugten Sitzhaltung, Winfried Janssen und Karl Aengenheyster.
Für die KBV war das Ausscheiden renommierter Mitglieder in mehrfacher
Hinsicht ein Verlust. Häns Boers, langjährig zu Hause auch in der
St.-Josef-Bruderschaft und der Kolpingfamilie, hatte 1994 bei der ersten
Kommunalwahl für die KBV beachtliche 16,2 Prozent der Stimmen
eingefahren und später als Sachkundiger Bürger gute Arbeit geleistet.
Dies tat er immer auf eine besondere Art. Dem gebürtigen Kölner saß und
sitzt nicht nur zuweilen, sondern überwiegend der Schalk im Nacken. Über
manche seiner Sätze, die scheinbar klar aus seinem Mund kamen, durfte
man getrost zweimal nachdenken. Boers redete hintersinnig und zuweilen
humorig-listig.
Zurückgezogen hatte sich Boers nicht nur aus der KBV. Autofahrer im
Dauerstau sahen den Malermeister an der Rheinstraße in den 90ern zwar
noch häufig mit einem weißen Kittel zwischen Wohnung und Betrieb die
Straßenseite wechseln, aber längst war der Übergang seines Unternehmens
auf die nächste Generation eingeleitet. Nachdem Boers im August 1997
eine schwere Erkrankung überwunden hatte, waren Nägel mit Köpfen gemacht
worden. Anfang 1998 hatte Sohn Frank Boers die Geschäftsführung des
alten Maler- und Anstreicher-Unternehmens übernommen.
Ein Wechsel der Rheinstraßen-Seite ist noch immer ein Problem. So bleibt
es ein wichtiges Anliegen für Häns Boers, die gesundheitsschädliche
Lärm- und Abgasbelastung der Anlieger durch den gebündelten Verkehr zu
reduzieren.
2012 sagte er dem KB für die Interessengemeinschaft Pro OW1: „Wir tun
alles, um die
OW1 durchzudrücken.“
Häns Boers, der Anstreicher, Politiker und Viel- bis Fastalleswisser,
frönte auch der Jagdleidenschaft. Vor vielen Jahren weilte er in Polen,
um sein Jagdglück zu erproben. Es war ihm hold. Bei einem Anruf in der
Heimat frohlockte Boers, er habe mit einem Schuss gleich zwei Böcke
geschossen. Die KB-Redaktion rätselte, ob Boers die Daheimgebliebenen
ein bisschen anschmierte (eine der Lieblingsbeschäftigungen des
Anstreichers) oder ob er tatsächlich zwei auf einen Streich erlegt
hatte.
Das KB erklärte zunächst salomonisch ausweichend, dass Boers im
letzteren Fall nicht extra hätte nach Polen fahren müssen. In Kevelaers
Politik würden doch auch mehrere Böcke gleichzeitig geschossen.
Später schob das KB unter der Überschrift „Hans im Glück“ nach, was sich
zugetragen hatte: Boers hatte auf ein Tier angelegt, das vor einem
Getreidefeld stand, abgedrückt und mit einer einzigen Kugel -
durchgehend - sowohl den anvisierten Bock als auch einen, der fünf Meter
weiter im Feld stand, erschossen.
Solche Kunststücke schaffte Häns Boers.