|
|
|
Ehrenmitglied der Kevelaerer SPD-Fraktion | * 1923 | † 2009
"Wer
den Pfennig nicht ehrt ..." - Joseph Schlusen hätte der Vater dieses
weisen Lebensspruchs sein können. Es gab in der zweiten Hälfte des 20.
Jahrhunderts keinen zweiten Kevelaerer Kommunalpolitiker, der als
Kostenfachmann und Gebührenfuchs so hartnäckig und qualifiziert
die Stadtbediensteten, aber auch die Ratskollegen mit seinen Eingaben
und Nachfragen nervte. Wenn Jupp Schlusen einhakte, und das tat er fast
in jeder Sitzung, an der er teilnahm, mussten Positionen überdacht
werden. Und oft kam dabei etwas Besseres für die Bürger heraus.
Der Sozialdemokrat hatte die einfachen Leute im Blick und vergaß nie
seine eigene Herkunft. Als zweitältestes von acht Kindern einer
Waldarbeiterfamilie in Uedemerbruch wuchs er auf (
Ernst Schlusen ist eines seines
Geschwister). Hier musste mit jedem Pfennig gerechnet werden. Jupp
Schlusen wurde Bauingenieur und verdiente sich hohes Ansehen als
Kalkulator in der
Bauunternehmung Willems, die zu
seinem beruflichen Zuhause wurde.
Joseph Schlusen,
Karl Dingermann
(M., 1985).
Unter dem SPD-Vorsitzenden
Helmut Esters trat er 1973 als
Schriftführer in den Parteivorstand ein, dem er mit wechselnden Aufgaben
bis nach 1990 angehörte. Auf jeder SPD-Klausurtagung zur Erörterung des
Haushaltsplans der Stadt war Schlusen einer der gefragtesten Männer.
Bereits 1989 war der Kevelaerer ältestes Ratsmitglied. So fiel ihm die
Aufgabe zu, als Alterspräsident die Wahl des Nachfolgers von
Bürgermeister
Karl Dingermann,
Dr. Friedrich Börgers, zu
leiten.
Sozialdemokraten unter sich
(v.l.): Joseph Schlusen,
Martin Franzen,
Karl Aengenheyster, Heinz
Lamers,
Dr. Klaus Hölzle und Norbert
Killewald (1987).
Schlusen, der Pragmatiker, machte 1992 den exotischen und prompt
abgelehnten Vorschlag, die Stadt solle auf ihr
Freibad verzichten und sich
Walbeck anschließen. Es sei erheblich billiger, einen kostenlosen
Pendelbus zwischen Kevelaer und Walbeck einzusetzen, als mit
Millionenaufwand das bisherige Freibad zu sanieren oder zur Hüls zu
verlegen. Der SPD-Politiker brach damit ein Tabu und zugleich das Eis
für eine optimale Lösung, auch wenn zu diesem Zeitpunkt keiner schon an
einen privaten Bäderverein denken konnte, der das Freibad später unter
seine Fittiche nahm.
Joseph Schlusen mit Winfried
Janssen und
Peter Kasper sowie (vorne)
Günther Krüger (1988).
Als Jupp Schlusen 1994 nach 20-jähriger Ratsarbeit ausschied, machte er
- bis 1999 - für die SPD als sachkundiger Bürger im Werksausschuss
weiter - zum Nutzen der Bürger, denn wo Schlusen prüfte, einhakte und
vor allem nachrechnete, stimmte alles bis fünf Stellen hinterm Komma.
Kompromisslos verlangte er Gerechtigkeit auch bei der Gebührenbelastung
der Bürger. Ob zur umstrittenen Regenwassergebühr oder zur
problematischen Eigenkapitalverzinsung des Wasserwerks - Schlusen erhob
energisch seine Stimme.
SPD-Dream-Team der
1990er-Jahre (v.l.):
Hein Friesen,
Helmut Esters, Jupp Schlusen
und Heinz Lamers.
Aus jener Zeit finden wir in den Niederschriften des Werksausschusses
rund 50 Mal den Satzbeginn: „Herr Schlusen fragte ...“, „Herr Schlusen
wandte ein ...“, „Herr Schlusen entgegnete ...“ Kein Zweifel - der
„Unruheständler“ nahm seine einmal übernommenen Aufgaben überaus ernst,
zum Wohle der Bürger und ihrer Stadt. Zum Dank ernannte ihn seine
SPD-Fraktion zum Ehrenmitglied.
1993 (v.l.): Wolfgang Funke,
Martin Franzen, Hansheinrich Arend, Jupp Schlusen.
Zum letzten Mal äußerte sich Jupp Schlusen in der Öffentlichkeit im
Sommer 2007, indem er einen Leserbrief zum
"Rathaus und Bürgerbegehren"
verfasste. Er sah das Projekt kritisch und fragte: "Wie soll das
finanziert werden bei einer jetzt schon großen Kommunalschuld?" Wie
immer man zum Projekt steht - Schlusens Einwurf zwingt zum Nachdenken.
Das Grab von Joseph Schlusen und seiner Frau Marta auf dem Kevelaerer Friedhof.
Joseph
Schlusen, Vater dreier Kinder und mehrfacher Großvater, der mit Frau
Marta am Wissenschen Weg wohnte, starb 2009 wenige Wochen vor seinem 86.
Geburtstag. Er wurde auf dem Kevelaerer Friedhof beigesetzt.
*
Joseph Schlusen Textstellen in der Kevelaerer Enzyklopädie: |
| Werner Helmus | Dr. Klaus Hölzle | Ernst Schlusen | |