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    SACHBEGRIFFE |
Derricks, Erich sen.

Versicherungskaufmann und Vereinsförderer in Kevelaer | * 1928

Erich DerricksEin Prädikat hat der Mann, der selten im Mittelpunkt stand und doch viel für die Gesellschaft bewegte, in jedem Fall verdient: Er ist der Frohsinn in Person. Erich Derricks: „Ich habe immer gute Laune!“

So war auch Vater Wilhelm Derricks gestrickt trotz einer schweren Verletzung aus dem Ersten Weltkrieg. Ein Splitter hatte seine Brust durchschlagen und war dem Herzen nah stecken geblieben - damals nicht operabel. Wilhelm Derricks starb 1941 an einem Herzinfarkt, ausgelöst durch die alte Wunde. Sein einziges Kind, Erich, war zwölf. Mutter Katharina, eine geborene Verhoeven aus Wetten, stand mitten im Krieg allein für beide gerade.

Erich Derricks spricht voller Wärme über sie: „Meine Mutter war eine herzensgute Frau. Sie war Schneiderin und nähte nach dem Tod von Vater viel für andere, um unseren Lebensunterhalt zu sichern.“ Sie arbeitete oft für Bauersfrauen und tauschte Kleider gegen Nahrung.

Schon damals war Erich „ein nettes Kerlchen“. Strenge hatte seine Mutter nicht nötig. „Sie hat alles für mich getan. Ich habe es ihr gern gedankt.“ Manchmal litten sie Not, dennoch sagt Erich Derricks heute: „Ich habe keine schwere Kindheit gehabt.“

Sein Berufsziel hatte er klar vor Augen: „Ich wollte Soldat werden.“ Er liebäugelte mit einer Offizierslaufbahn bei der Luftwaffe. Seine Mutter hielt nichts davon. Sie sorgte sich um ihr Kind und stand Ängste aus, als Erich nach seiner Marktschulzeit 1944 mit 16 Jahren zum Reichsarbeitsdienst eingezogen wurde.

Doch er kehrte glücklich heim. Katharina Derricks besorgte ihrem Sohn eine Lehrstelle in der Stadtverwaltung Kevelaer. Sie ging zu Bürgermeister > Aloys Eickelberg und machte die Sache klar. Sie weihte Erich erst gar nicht ein; er nahm es ihr nicht übel: „Ich wusste, dass sie Angst um mich hatte.“ Er respektierte ihren Wunsch, ihn in der Nähe zu haben. Dennoch schwante ihm bald, dass er nicht „lebenslänglich“ Beamter sein wollte. Er blieb bis 1954.

Da meldete sich Anton Seng bei ihm. Derricks kannte ihn aus der Nazizeit: Seng war erster Beigeordneter der Stadt und stellvertretender Bürgermeister gewesen und hatte nach Kriegsende als strenger Parteigenosse keine Chance auf ein öffentliches Amt.

Inzwischen war > Fritz Holtmann Stadtdirektor. Und zu Holtmann ging Seng: Er wolle Derricks abwerben; ob das in Ordnung gehe? Holtmann ließ ihn ziehen. Am 1. Oktober 1954 trat der junge Mann in die Provinzial-Vertretung von Seng ein. Im April 1960 übernahm er sie als Geschäftsführer.

Erich Derricks hatte einen guten Draht zu den Menschen; er kannte Jan und Allemann, ließ seinen Mutterwitz sprühen, weil es seiner Natur entsprach, verbreitete gute Laune und „verbreiterte“ die Kundschaft der Provinzial. Sehr gut kam er mit Landwirten aus. „Viele sprachen Platt; sie konnten kein Hochdeutsch. Das war wie eine Fremdsprache für sie, also sprach ich platt.“

Auch der Sport bescherte dem jungen Verkaufs- und Organisationstalent neue Kontakte: Derricks war ein erstklassiger Torwart beim > TuS. > Willy Probst, damals Fußballobmann in Kevelaer, kümmerte sich darum, dass große Vereine aus Düsseldorf, Krefeld und Dortmund den drahtigen Mini-Kahn nicht abwarben. Derricks bedauerte es nicht. Er fühlte sich in Kevelaer wohl.

Inzwischen hatte Derricks die Frau seines Lebens getroffen: Helga. Zwar war er beim ersten Meeting im > Kino neben ihr eingeschlafen (er hatte vorher hart trainiert), doch das tat der aufkeimenden Liebe keinen Abbruch. Sie heirateten 1950. Die Kinder Erich, Heidelore und - 15 Jahre später - Torsten kamen zur Welt.

Erich Derricks entdeckte eine neue Sportart. Seine Tochter war passionierte Reiterin. Sie steckte den Vater an. Gern ließ er sich überreden, für > „St. Georg Kevelaer“ die Jugendabteilung zu führen. Seine Spezialität: Er sah die Jugendlichen nie losgelöst von ihren Familien. Wenn es etwas zu klären gab, bezog er die Eltern ein.

Familie - das war und ist für ihn ein einmaliger Wert. Über seine eigene sagt er: „Ich lebe für meine Familie. Was ich tue, tue ich für sie. Es befriedigt mich, meine Familie glücklich zu machen. Dann sind alle meine Wünsche erfüllt.“

Als der Reiterverein 1974/1975 jemanden brauchte, der sein Festjahr organisierte, gewann er Erich Derricks. Der machte seine Sache blendend, besorgte die Duisburger Polizeireiterstaffel, die noch immer jährlich kommt, brachte > Karl Dingermann, > Theo Wolfgarten und > Jan Willems auf die Idee, ihm ein Amt im Präsidium anzutragen.

Bald darauf wurde Derricks einstimmig gewählt. Er blieb 17 Jahre Mitglied des Präsidiums - nach dem Tod von Theo Wolfgarten in der Funktion Geschäftsführer. Wenn es Wogen zu glätten galt, wurde Derricks vorgeschickt. Er konnte alles sagen. Ihm nahm niemand offene Worte übel, so viel Vertrauen und so viel Wohlwollen schenkten ihm seine Kameraden.

Festkettenträger willems
1983: Festkettenträger Jan Willems (r.), der für den verstorbenen Theo Wolfgarten das Ehrenzeichen trug, mit seinem Adjutanten Erich Derricks. Links: MdB > Dr. Jochen van Aerssen.

Unvergessen bleibt das Jahr 1983: Theo Wolfgarten sollte Festkettenträger werden, doch zur Proklamation lag er sterbenskrank im Bett. Seine Kameraden, darunter Derricks, den Wolfgarten sich als Adjutanten auserkoren hatte, zeichneten die Proklamation auf und ließen Wolfgarten noch während der Feier den Film bringen. So erlebte er zu Hause - nur um kurze Zeit versetzt - seine eigene Ernennung und den kaum enden wollenden Beifall - für ihn und seine Kameraden tief bewegende Stunden. An ihn dachten sie auch, als Jan Willems zur Kirmes für seinen Freund Theo die Festkette trug - Erich Derricks an seiner Seite. Wolfgarten war kurz zuvor gestorben.

Peter Tenhaef, Erich DerricksIm Januar 1992 kehrte Derricks dem Präsidium den Rücken, seine „alten“ Freunde waren tot, sie hatten ihn gehalten. Nach 16 Jahren als Schriftführer legte er den Kugelschreiber zur Seite. Im April wurde > Peter Tenhaef zu seinem Nachfolger gewählt. Präsident > Gerd Plümpe sagte zum Abschied von Erich Derricks: "Du wirst uns mit deiner Revolverschnauze fehlen".

1992: Erich Derricks mit seinem Nachfolger Peter Tenhaef (l.).

Es ist bezeichnend, dass Derricks, der im Hintergrund wirbelte wie nur wenige und den Geselligen Vereinen damit unschätzbare Dienste erwies, nie eine besondere Auszeichnung erhielt.

Noch bezeichnender ist freilich, dass Derricks eine solche Auszeichnung weder im Sinn hatte noch brauchte. Er wollte wirbeln: im Hintergrund, wollte Erfolg: für andere - und wollte Glück: für seine Familie. So ist Derricks, die unverbesserliche Frohnatur selbst nach einer Erkrankung auf Leben und Tod ein zufriedener und bescheidener Mensch voller Gutmut.

Delia Evers

© Martin Willing 2012, 2013