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Basilika zu Kevelaer

Das Turmunglück von 1974 

Baslika-DachIm Jahr 1974 wurde eine ältere Frau von Steinbrocken, die sich aus dem Basilikaturm gelöst hatten und zu Boden gestürzt waren, tödlich getroffen. Über das bisher schwerste Unglück in der Geschichte der Kevelaerer Marienbasilika berichtete das Kävels Bläche am 31. August 1974.

Der Sandstein, aus dem die Basilika im Wesentlichen gebaut ist, ist witterungsgefährdet und muss regelmäßig auf Schäden untersucht werden.

Als die "Twentsche Processie" aus Hengelo am Abend des Sonntags, 25. August 1974, nach der Pilgerandacht die Basilika verlässt, lösen sich just in dem Moment, da Dutzende Pilger das Gotteshaus verlassen haben, "dicke Steinbrocken" aus dem Basilikaturm und stürzen zu Boden. Eine niederländische Pilgerin mit Namen Wilhelmine Weghorst-Siegerink aus Hertme-Borne bei Hengelo, nach unterschiedlichen Angaben 71 oder 74 Jahre alt, wird tödlich getroffen. 14 Pilger - überwiegend aus Holland - erleiden Verletzungen, zwölf können noch am selben Abend das Krankenhaus wieder verlassen. Eine Pilgerin aus Moers befindet sich noch im Hospital, ist aber nicht lebensgefährlich verletzt.

Das Unglück ereignete sich gegen 18.35 Uhr im Bereich der westlichen der insgesamt acht Spitzengauben des achtseitigen Turmhelms der Basilika. Diese Gauben haben in Breite und senkrechten Höhe Ausmaße von etwa einem Meter. Im KB-Bericht heißt es:

"Die gesamte westliche Spitzgaube löste sich von der Schalung und stürzte auf die senkrecht darunter stehende Bleibekrönung des Türgiebels hinter der umlaufenden Galerie, die sich in etwa 60 Meter Höhe befindet. Die Bekrönung wurde durch den Aufprall nach vorne gebogen und leitete die im Fall befindlichen Teile auf den südwestlich vorragenden Wasserspeier, der aus Sandstein besteht und etwa 1,50 Meter herausragt. Der Stein wurde hart am Gesims abgeschert, die weiterfallenden Teile schlugen auf das Gurtgesimse über dem zweiten Turmgeschoß an der Nordostecke des südlichen Strebepfeilers. Die Natursteinecke, ebenfalls aus Sandstein, scherte diagonal ab. Die herabfallenden Teile schlugen auf das Pflaster westlich des Turmes un zerstreuten sich im Umkreis von 15 Metern.

Zum Zeitpunkt des Geschehens zog eine Pilgergruppe, überwiegend aus Holland, durch das Westportal des Turmes auf den Kapellenplatz. In der Basilika war gerade eine Pilgerandacht zu Ende gegangen. Die Spitze der ausziehenden Pilger wurde von den herabfallenden Gesteinsbrocken getroffen, (eine) 71-jährige Frau (...) aus Hertme-Borne dabei so schwer verletzt, daß sie unmittelbar nach der Aufnahme im Krankenhaus starb."

Die Feuerwehr sperrte das Gelände rund um die Basilika unverzüglich ab. Die Stadt stellte Warnlampen auf. Montag morgen traf eine Kommission des Bischöflichen Bauamtes in Kevelaer ein, um die ersten Untersuchungen durchzuführen. Kevelaerer Baufachleute und Dachdecker ließen sich mit Flaschenzügen auf den Turm ziehen, untersuchten mit den Vertretern aus Münster die Hauptgefahrenstelle und beseitigten alles das, was vielleicht noch herunterfallen könnte. Was den Absturz der Gesteine ausgelöst hatte, konnte nicht ermittelt werden. Vermutet wurde, dass das Glockengeläut Schwingungen ausgelöst hatte, durch die sich eine Halterung gelockert haben könnte, die dann - durch Witterungsschäden bedingt - versagte.

Die Kriminalpolizei stellte ihre Ermittlungen zunächst ein, um weitere Untersuchungsergebnisse der Fachleute abzuwarten. Ein ursächlicher Auslöser für das Unglück wurde allerdings auch später nicht ermittelt. Die Leiche der tödlich verletzten Niederländerin wurde zur Beerdigung freigegeben und nach Hengelo. Horst Kerst, Leiter der Hauptabteilung Seelsorge beim Bischöflichen Generalvikariat in Münster sagte: "Es ist schlimm, dass ein Mensch sein Leben lassen mußte, doch es war höhere Gewalt. Was die finanzielle Seite betrifft, so sind wir - wie jede Kirchengemeinde - versichert." - Der Bischof von Münster, Heinrich Tenhumberg, kondolierte den Angehörigen der bei dem Unfall an der Basilika ums Leben gekommenen Frau.

Vorläufig, so wurde als Erstmaßnahme angeordnet, läuteten die Glocken nicht mehr, und auch die Turmuhr musste schweigen. Die Turmportale blieben vorerst geschlossen, jedoch der Wallfahrtsbetrieb ging ansonsten wie geplant weiter.

Der Turm wurde nach Abschluss der Wallfahrtszeit 1974 eingerüstet, um ihn gründlich zu untersuchen. Das war allerdings schon vor dem Unglück beschlossen gewesen. Kontrollen hatten regelmäßig stattgefunden - die letzte vor dem Unglück lag nur wenige Monate zurück. Nichts habe auf ein solches Unglück hingedeutet, meldete das Kevelaerer Blatt.


Ab Montag, 16. September 2013, wurde der Basilikaturm erneut eingerüstet, um die regelmäßig angesetzten Renovierungsarbeiten am empfindlichen Sandstein der Basilika durchführen zu können. Außerdem soll der Turm, wenn 2014 das Jubiläum "150 Jahre Marienbasilika" gefeiert wird, "sicher" sein. Verantwortlicher Architekt der Sanierungsmaßnahme ist Jörg Bousart, der die bisher eingetretenen Schäden im Vorfeld genau dokumentiert hat (u.a. nach einer Befahrung des Turms mit einem Hubsteiger im Jahr 2011).

Das Bistum Münster beteiligt sich an den Kosten der aufwändigen Sanierungsmaßnahme, für die auch Experten der Dombauhütte Xanten hinzugezogen werden. Ziel ist es, bis zur Wallfahrtseröffnung 2014 die Arbeiten abgeschlossen zu haben. Während der Einrüstung zeigt an der Hauptfassade ein zehn mal fünf Meter großes Banner die Marienbasilika in all ihrer ganzen Schönheit. Am Gottesdienstplan ändert sich durch die Baumaßnahme nichts.

Historische Daten der Marienbasilika:

15. August 1858

3. Juli 1864

Basilika ohne Turm10. April 1883

1884

13. August 1884

28. August 1884

30. Juni 1891

März 1906

23. April 1923

29. Juni 1924

1. September 1939

27. April 1942

2. März 1945

9. September 1945

11. April 1954


Die Ausstattung der Basilika in der vorkonziliaren Zeit (Aufnahme ca. 1959). 

1969

25. August 1974

29. März 1981

2. Mai 1987

18. Oktober 1992

29. August 1998

29. Juni 2002

3. Juli 2002


Weihbischof Heinrich Janssen im Forum Pax Christi weihte die neuen Basilika-Glocken. 

 > Die Marienbasilika zu Kevelaer

© Martin Willing 2012, 2013