Ketteler, Bischof Freiherr Emmanuel von
Bischof
von Mainz während des Kulturkampfs in Preußen
* 1811
† 1877
Besonders die katholische Kirche hatte im Kulturkampf in der zweiten
Hälfte des 19. Jahrhunderts zu leiden. Zum Widerstand durch das Gebet
rief in Kevelaer der Mainzer Bischof Freiherr Emmanuel von Ketteler auf.
In der Literatur wird gelegentlich Bezug auf eine „berühmte“ Predigt des
Mainzer Bischofs von Ketteler genommen, die er 1873 in Kevelaer gehalten
hat. Was er hier ausgeführt hat, ist weitgehend unbekannt geblieben,
obwohl der Wortlaut fast vollständig dokumentiert ist. 17 Seiten des
Ur-Manuskriptes, vom Bischof mit der Hand geschrieben, befinden sich im
Archiv des Priesterhauses. Es fehlt die vermutlich letzte Seite, auf der
nicht mehr viel Text gestanden haben dürfte, denn von Ketteler beginnt
nach einer Zusammenfassung des bis dahin Gesagten unten auf Seite 17, bevor
der Satz abbricht, mit einem Gebet an die Gottesmutter, mit dem er
wahrscheinlich seine Predigt hat ausklingen lassen. Deli Evers (Mutter
von >
Delia Evers) hat sich der Mühe unterzogen, die Predigt in
hochdeutsche Schrift zu transkribieren.
Emmanuel von Ketteler hielt die Predigt in Kevelaer vor 25.000 Zuhörern
am 6. Oktober 1873 - da war der Kulturkampf, dessen Beginn auf den 10.
Dezember 1871 datiert wird (Kanzelparagraph), entbrannt. Von Ketteler
stand in Kevelaer unter dem Eindruck eines knapp drei Monate zuvor in
Kraft getretenen Gesetzes über die Vorbildung und Anstellung der
Geistlichen, das den Kirchen das Recht entzog, geistliche Ämter in
eigener Verantwortung zu besetzen: Der Bischof musste die Zustimmung des
Staates einholen, wenn er einen Pastor einsetzte. „Der deutsche
Episkopat lehnte dieses Vetorecht kategorisch ab und boykottierte es.
Dies bedeutete für die betroffenen Geistlichen, dass sie zunächst mit
Geld- und Haftstrafen belegt und später verbannt wurden. Im Kreis
Geldern waren fünf Geistliche von der Verbannung betroffen“, schreibt
Karl-Heinz Tekath (Kirchengeschichte, S. 434).
Das war erst der Anfang dessen, was in diesem kulturkämpferischen
Jahrzehnt an Behinderung, Unterdrückung und sogar Vernichtung
christlicher Traditionen durch den preußischen Staat vollzogen wurde.
Anfang Mai 1876 erging an Landrat Georg von Eerde in Geldern die
Anweisung, auch in Kevelaer kirchliche Häuser zu beschlagnahmen. Wenige
Tage später wurde beispielsweise das Kloster der Oratorianer, das
heutige Priesterhaus, konfisziert.
Die Kevelaerer Bevölkerung dürfte zum Zeitpunkt der Bischofspredigt
(1873) die durch den Kulturkampf heraufziehende Gefahr für ihren
Wallfahrtsort und damit für ihre Lebensgrundlage noch nicht überblickt
haben, denn spektakuläre Eingriffe wie die Priesterhaus-Beschlagnahme
drei Jahre später hatte sie zu diesem Zeitpunkt noch nicht erlebt.
Gleichwohl ging Emmanuel von Ketteler von einer solchen existentiellen
Gefahr für Leib und Seele aus, als er die Bedrohung der Kirche in
Beziehung zu dem Kreuzestod Christi stellte.
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Auszüge aus der Kevelaerer Ketteler-Predigt