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Weihbischof aus Kevelaer | * 1932 | Priesterweihe 1961 | Bischofsweihe 1986
Im Oktober 2007 hat Diözesanbischof Dr. Reinhard Lettmann - er stand
selbst vor der Emeritierung - Heinrich Janssen „einen Mann Gottes“
genannt, „auf Gott hin ausgerichtet, ein betender Mensch, der für die
Menschen bei Gott eintritt.“ Man könne von ihm als „Engel der Kirche des
Niederrheins“ sprechen. Sein Leben als Mensch, als Priester und Bischof
sei ein Geschenk.
Kann eine so hohe und schlichte Beschreibung gesteigert werden? Lettmann
hat sie ausgesprochen, als Heinrich Janssen 75 Jahre alt wurde und sich
gerade in das Schicksal fügte, noch nicht emeritiert zu werden. Mit zwei
weiteren Jahren rechnete er. Fast drei sind es geworden.
Weihbischof Heinrich Janssen in Lourdes
(2010).
Wenn Heinrich Janssen im Oktober wiederum Geburtstag feiert, liegen 80
Lebensjahre hinter ihm, darunter 50 als Priester, in denen er fünf
Jahre als Generalvikar des Bistums Münster und 24 Jahre als Weihbischof
diente. „Nebenher“ wirkte er 38 Jahre im bischöflichen Rat. Niemand
sonst war so lange dabei.
Nichts hatte auf ein solches Leben hingedeutet, als 1932 in Kevelaer
Therese Janssen mit einem Jungen niederkam. Alles sprach dafür, dass
Heinz später die Spielwaren- und Andenkenhandlung von Vater Jakob
übernehmen würde.
Das Gnadenbild gehörte für den Jungen zu Kevelaer wie das Geschäft des
Vaters. „Darüber habe ich gar nicht reflektiert.“ Nach den Schulstunden
rackerte er seine Kräfte mit den Nachbarskindern ab. Sie spielten
Völkerball und dachten sich Theaterspiele aus. „Das war unheimlich
schön.“ Das Jahr 1939 erlebte der Junge als Einschnitt. „Ich war sieben,
als der Krieg begann und alles veränderte.“ Bei der Rückkehr aus der
Evakuierung war der Betrieb des Vaters teilweise zerstört; im
Tauschhandel besorgte er das Nötigste. Die Kinder sahen ihre Mutter mit
Körben die Treppe zur Waschküche hochwanken und auf dem Waschbrett
Wäsche schrubben. Sie lernten Durchhaltevermögen, Bescheidenheit und
Dankbarkeit.
1946
schickte der Vater den murrenden Jungen auf das Bischöfliche Internat
Augustinianum Gaesdonck. „Vater wollte, dass ich noch das Einjährige
mache und dann in den Betrieb komme. Doch da hatte er sich vertan. Als
er mich runternehmen wollte, wollte ich nicht mehr.“ Er lernte bei
prägenden Lehrern.
Heinrich Janssen (1980).
Ab 1949 engagierte er sich bei den Pfadfindern, erlebte und erfuhr mit
ihnen Gemeinschaft. Es geschah in diesem Umfeld und in diesen Jahren,
dass er seine Berufung zu ahnen begann, langsam und sacht. Als er 1955
auf die Reifeprüfung zuging, stand seine Entscheidung fest. Heinz
Janssen, Klassensprecher der „13“, war unter zwei Dutzend Schülern einer
von sieben, die sich für den Priesterberuf entschieden, darunter Gerd
Coenen, später Pfarrer in Kevelaer, Günter Aengenheyster, später Pfarrer
in Kranenburg, und Fritz Janssen, später Professor in Osnabrück.
Anfang 1961 war Heinrich Janssen einer der letzten, die Bischof Michael
Keller noch zum Priester weihte. Nach seinen Kaplansjahren stellte das
Bistum Janssen 1965 zum Studium frei. Er schrieb sich für Geschichte und
Pädagogik ein. Die über 20 Jahre als Lehrender, die dem Zweiten
Staatsexamen folgten, zählt Janssen heute zu den schönsten seiner Zeit
als Erwachsener, in der er junge Menschen bildete und bestärkte. Wohl
100 ließen sich von ihm trauen. Die Taufen, die folgten, hat er nicht
gezählt.
Schnell
kamen immer neue Ernennungen zu immer neuen Aufgaben hinzu, auch die
ganz großen zum Generalvikar „mit sehr guter Mannschaft und schweren
Entscheidungen vor allem in Personalfragen“, dann 1986 „völlig
überraschend für mich“ die Ernennung zum Bischof.
Heinrich Janssen (1992).
Und wieder hatte er mit jungen Menschen zu tun, vor allem mit den Mädchen und Jungen, die er firmte und bestärkte - der geistige Schwerpunkt seiner Arbeit. Er war froh, nicht in Münster zu „sitzen“, sondern mit seinem Dienstort Xanten den Menschen, deren Regionalbischof er war, nahe zu sein.
Heinrich Janssen und Udo
Grote (l.) gaben 1998 das Standwardwerk "Zwei Jahrtausende Geschichte
der Kirche am Niederrhein" aus. Foto: Martin Willing
Heinrich Janssen lieferte im Laufe seines Arbeitslebens zahlreiche
Beiträge zur kirchengeschichtlichen und theologischebn Literatur. Er
verfasste unter anderem zwei Bücher über den Rosenkranz und präsentierte
1998 als Herausgeber zusammen mit Udo Grote das Standardwerk "Zwei
Jahrtausende Geschichte der Kirche am Niederrhein". 2001 gab Janssen im
Kevelaerer Verlag von Delia Evers und Martin Willing auch das
Langzeit-Tagebuch des Kevelaerer Pfarrers
>
Johann Heinrich
Krickelberg heraus, das mittlerweile zum meist zitierten Quellenbuch
der Kevelaerer Kirchengeschichte geworden sind.
Die
Dokumente all seiner ‚Erwählungen‘ füllen eine ansehnliche Mappe -
Spiegel eines Lebens in ständiger und aufreibender Arbeit für andere,
vom ‚Knastbruder‘ über den Soldaten und Wehrdienstverweigerer bis zum
Bergmann, der für seine Stelle streitet. Arbeit in Gemeinschaft für
andere und mit anderen - das ist für Janssen Grundlage der
Glaubensweitergabe.
Heinrich Janssen (2001).
2006 predigte er am See Gennesaret zur Brotvermehrung: „Für mich ist
grundlegend, dass Jesus seine Jünger einbezieht: ‚Gebt ihr ihnen zu
essen!‘“ Später teilen sie das Brot aus. „Jesu Menschen machen Menschen
satt. Unsere Hände sind mit im Spiel. Das ist ‚seine Methode‘ bis heute.
So geht er vor. Wir müssen tun, was wir können, er wirkt mit. Es geht
immer um den Menschen. Es geht darum, dass Gemeinschaft entsteht.“
Janssen predigt gewinnend einfach und damit auf die schwerste Art. Wer
ihn hört, begreift oft unmittelbar die schlichte Schönheit und Wirkkraft
des Evangeliums.
Von
seinen Ansichten und seinem Vorgehen sagt Janssen, sie seien mit den
Jahrzehnten einfacher und grundsätzlicher geworden. Sie sind
konzentriert auf das Wesentliche: Vertrauen und Gemeinschaft zu stiften.
Sie erlebbar zu machen, sei Voraussetzung für Glauben. „Das geht nur
über den Menschen. Das ist der Sinn der Menschwerdung Gottes.“
Heinrich Janssen (2007).
Bei der Geburtstagsfeier, von der eingangs die Rede war, dankte der
Weihbischof, als sei er nicht gerade hochgelobt worden, allen, „die mich
getragen haben - und ertragen haben. Ich habe in allen Aufgaben Menschen
gefunden, die mich bereichert haben.“ Er bekannte, immer wieder neue
Pläne geschmiedet zu haben, doch er habe sie nicht umsetzen können. „Wo
unsere Möglichkeiten klein werden, hat Gott für uns neue Möglichkeiten.“
So gehe er seinen Weg weiter. „Die Dankbarkeit wächst, und die
Zuversicht bleibt.“
Heinrich Janssen lebt heute als Emeritus in seiner Geburtsstadt
Kevelaer.
> Bildergalerie 80. Geburtstag von Weihbischof em. Heinrich Janssen
Delia Evers