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Kapitel 20/B von 115

Januar 1952


Am Hoogeweg, dort wo heute die Galerie Heinz Janssen ansässig ist, wächst der kleine Theo Bogers (* 1944, † 2006) mit seiner Mutter Adele, aber ohne seinen Vater auf. Heinrich Bogers hatte nach dem Krieg mit zweien seiner Brüder, die ebenfalls Schreinermeister waren, die Geschäftsidee „Schlüsselfertiges Bauen“ umsetzen wollen. Aber keiner der drei Brüder hatte den Krieg überlebt. Vater Heinrich war 1945 durch Granatwerfer im Düsseldorfer Rheinstadion getötet worden. Adele Bogers, geborene Janssen - Schwester von Heinrich Köpke Janssen (* 1907, † 1984) - wird bald mit ihrem Sohn vom Hoogeweg zur Jägerstraße umziehen.

Am 9. Januar stirbt Arnold Dyx (* 1871), ein in Kevelaer hoch geschätzter Bürger, dem die Gesellschaft viel zu verdanken hat. Die Reihe der Trauernden in der Anzeige seiner Familie führt Peter Dyx an - mit dem Zusatz „vermißt“. Die Ehefrau von Arnold Dyx ist bereits verstorben. Als Trauerhaus wird „Am Bahnhof 38“ angegeben.

Zahlreich sind die Nachrufe auf Arnold Dyx, der „seiner Heimatstadt seine ganze Lebensarbeit“ geschenkt habe. Nach dem 1. Weltkrieg war er Präsident der Geselligen Vereine geworden: „Wie es seine Art war, hat er nicht durch konstruktive und organisatorische Maßnahmen das Werden einer Form für das gesellige Leben in Kevelaer vorangetrieben, sondern hat diese Form in pfleglicher und liebevoller Arbeit wachsen lassen, sodaß hier Form und Inhalt in glücklicher Ergänzung ein schönes Werk darstellen. Man wird lange suchen können, bis man irgendwo etwas Aehnliches findet“, schreiben die Geselligen. „Mit ihm ist der verdienstvollste Mann aus unseren Reihen und der größte Förderer der Kevelaerer Geselligkeit dahingegangen“.

Arnold Dyx war über 50 Jahre lang Bürgerschütze und in der Zwischenkriegszeit Präsident der BSG. 1939 ernannten ihn die Bürgerschützen zum Ehrenpräsidenten.

In der Ratsvertretung hatte sein Wort Gewicht. „Arnold Dyx war eine Persönlichkeit, die aus einer anderen Welt herüberzuleuchten schien, aus einer Welt fester Werte und Ordnungen in die unsere, die so zerstört und zerrüttet ist“, heißt es im Nachruf der Stadt. Und die Devotionalienfabrik Dyx, 1903 von Arnold und seinem Bruder Heinrich Dyx gegründet, spricht von einem „Chef mit gütigem Herzen, voll Verständnis für die Lage eines jeden und getragen von hohem Verantwortungsgefühl für die ganze Betriebsgemeinschaft“.

Im Nachruf der Zentrumspartei heißt es: „Mit Arnold Dyx ging der Nestor der Zentrumspartei des Kreises Geldern in die Ewigkeit. Sein ganzes Leben trug den Stempel einer christlichen Grundhaltung, und seine Arbeit schöpfte aus dem Glauben an ein Ziel im Ewigen.“

Als Nachfolger von Arnold Dyx wird Josef Aengenheyster, wie Dyx Bürgerschütze, zum Präsidenten der Geselligen Vereine Kevelaer gewählt.

Am 25. Januar befassen sich die Stadtvertreter mit einem ungewöhnlichen Projekt. Die Westfilm-Gesellschaft soll einen Kevelaer-Film mit dem Titel „Stadt des Trostes“ drehen. Die Verhandlungen sind abgeschlossen, die Politiker segnen das Projekt ab.

Gegen den Protest des Schulleiters stimmen die Ratsmitglieder der Einrichtung einer „Jugendherberge für Mädchen“ im Gebäude der Antonius-Schule zu. Zwar sei das nur eine Notlösung, aber für eine solche Einrichtung gebe es Bedarf.

In derselben Sitzung wird ein schulpolitischer Meilenstein gesetzt: Die Stadt plant einen Neubau für die Höhere Schule und hat sich dafür ein Grundstück auf dem Gelände der ehemaligen Gärtnerei Rogmans zwischen Gelderner und Römerstraße gesichert. Hier wird das neue Gymnasium entstehen (heute als Begegnungsstätte genutzt). Es wird später ins Schulzentrum auf der Hüls umziehen - wie auch die Hauptschule -, wo heute ein Lehrer unterrichtet, der zum Zeitpunkt dieser schulpolitischen Beschlüsse vier Tage alt ist. Karl Timmermann, am 21. Januar in Marienbaum zur Welt gekommen, wird als Sänger und Komponist ein eigenes Kapitel der Kevelaerer Stadtgeschichte schreiben.

Februar 1952

Zu Beginn des Februars 1952 befinden sich immer noch sechs Männer aus Kevelaer und einer aus Twisteden in Kriegsgefangenschaft. Über 300 ehemalige Soldaten aus dem heutigen Stadtgebiet gelten als vermisst - 259 allein aus Kevelaer. Auch über 30 Zivilpersonen sind verschollen. Von ihnen fehlt jede Spur.

Die Entnazifizierung gilt als abgeschlossen. Mit dem „Gesetz zum Abschluß der Entnazifizierung im Lande NW“ endet am 12. Februar dieser erste Teil der Aufarbeitung der Folgen des Nazi-Regimes. Für die Aufarbeitung in den Köpfen gibt es keinen Schlussstrich. Sie bleibt eine nie abzuschließende Aufgabe für die nachfolgenden Generationen.

Am 22. Februar erfahren die Ratsmitglieder, dass die Enteignung der Grundstücke an der Annastraße, die die Stadt zwingend für den Bau eines Schulhofs der Antoniusschule am Marktplatz braucht, vollzogen ist.

In der Sitzung wird auch der Ausbau der Kanalisation auf den Weg gebracht. Das Leitungsnetz für Abwasser beschränkt sich bisher auf den Ortskern. Nun sollen - in einem ersten Bauabschnitt - Hubertus-, Windmühlen-, Bach-, Brunnen-, Mittel- und ein Teil der Wember Straße ans städtische Kanalnetz angeschlossen werden. Die Kosten sind immens: 250.000 DM sind für den ersten Bauabschnitt aufzubringen.

Kapitel 21 von 115
- wird fortgesetzt -

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