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Teil 45

Die Traberparkaffäre (3)

Logo für das nächste KapitelLogo für das vorige KapitelDas große Täuschungsmanöver im Munitionsdepot

Von Martin Willing

Noch war das Hauptanliegen, die Fremdnutzung auf die Zeit bis 2014 auszudehnen, nicht unter Dach und Fach. Allerdings war mit der Zustimmung von CDU und SPD zu rechnen, denn einflussreiche Mitglieder beider Parteien, die an Den Heyberg beteiligt waren, würde man nur ungern im Regen stehen lassen.

Da schoss die KBV-Fraktion quer und demonstrierte ihre kritische Haltung dadurch, dass sie im Mai 1998 an der Vorentscheidung im Haupt- und Finanzausschuss nicht teilnahm. Statt dessen schickte sie dem Stadtdirektor einen Katalog von Fragen zu Den Heyberg. Trotzdem: Am 19. Mai 1998 segnete der Stadtrat die Verabredungen mit dem Wirtschaftsunternehmen bei drei Gegenstimmen und einer Enthaltung ab. Der Weg zur Großhalle war grundsätzlich frei. Wurde nun in Ruhe der für die Großhalle notwendige Bebauungsplan beraten und aufgestellt?

Nein, die Tinte der Unterschriften auf dem Protokoll war kaum trocken, da erhöhten Den Heyberg und Stadtdirektor Paal, der als beratendes Mitglied des Unternehmensbeirats über Insiderkenntnisse verfügte, den Druck. In der Planungsausschusssitzung vom 23. Juni wurde den Politikern wegen „äußerster Eilbedürftigkeit“ eine Tischvorlage überreicht.

Ohne Zeitverzug sollte der „Bebauungsplan Twisteden Nr. 10 (Trainingszentrum für Trabrennpferde)“ aufgestellt werden. Das mit wirtschaftlichen Problemen kämpfende Unternehmen sei dringend auf eine sofortige Entscheidung angewiesen. Den Ratsmitgliedern wurde wiederum die Sinnhaftigkeit der Pferdehalle vorgegaukelt: „Immer wieder werden von den Rennställen geschützte Trainingsmöglichkeiten bei schlechtem Wetter und während der Wintermonate nachgefragt. Eine geschlossene Trainingshalle in einer Dimension, die ein Training für Trabrennpferde ermöglicht, erhöht die Attraktivität des Traberparks und fördert seine Entwicklung als Trainingszentrum.“

Traber
Um den Trabrennsport ging es am Ende nur noch am Rande.

Da stockte manchem Zweifler der Atem. Selten roch eine Verwaltungsvorlage so faulig wie diese. Gleichwohl berichtete das KB zurückhaltend: „Als der Antrag des Traberparks, eine Trainingshalle für Trabrennpferde bauen zu dürfen, im scharfen Galopp durch die Beratung fegte, fragte Ulrich Hünerbein-Ahlers (Grüne) vorsichtshalber nach: Ob ‚die Sicherheit gegeben‘ sei, ‚daß dort nur eine Trainingshalle für Trabrennpferde gebaut‘ werde. Beigeordneter Karl-Ulrich Braasch nahm es auf seinen Eid: Ja, nur für Hottemaxe.„

Während die Problematik der geplanten Winterhalle langsam, aber sicher als Thema in die Öffentlichkeit geriet, bohrte die KBV-Fraktion im Hintergrund immer tiefer. Sie gab auf ihre Kosten (4000 Mark) ein Gutachten bei einem Moerser Fachanwalt in Auftrag, um den gesamten Vorgang „Den Heyberg“ besser einschätzen zu können. Mit was sie rechnen musste, erfuhr sie im Spätsommer 1998: Der Inhaber eines Holzfachmarkts erhielt den Anruf, dass er sich Aufträge abschminken könne, wenn er seinen Angestellten - ein Mitglied der KBV-Fraktion - nicht bremse.

Im Vergleich zu der großen Traberpark-Koalition von CDU und SPD, die wie geschmiert funktionierte, standen KBV und Grüne als kleine Störenfriede dar. In der Ratssitzung vom 8. September 1998 scheiterten Heinz Lamers (KBV) und Karl-Heinz Kandolf (Grüne) mit ihren kritischen Fragen am Desinteresse der meisten Kollegen. Auf Den Heyberg, das von „Handelsblatt“ bis „Die Welt“ als Paradebeispiel für gelungene Konversion einer Ex-Militäranlage in Deutschland gefeiert wurde, ließen CDU & SPD nichts kommen. Sie genehmigten in der Sitzung die Bebauungsplanänderung zugunsten der umstrittenen „Trainingshalle“ als Satzung.

In einer Gesamtschau („Twistedener Klüngel hat überzogen - Traberpark und die politische Hygiene“) informierte das Kävels Bläche Mitte September die Leser über den Fall Den Heyberg, den die meisten Ratsmitglieder nicht überblickten. Die Winterhalle für Traber wurde vom KB als Wintermärchen entlarvt. Die Betreiber hatten nämlich aus Dusseligkeit und nicht mit Absicht die Katze aus dem Sack gelassen und einen direkten Zusammenhang hergestellt: Der Standort eines Großvermarkters für Gartenbauprodukte in Kevelaer sei in Gefahr, wenn der Rat nicht mitmache und die Großhalle in Twisteden für Lagerzwecke nicht genehmige.

Damit war zum ersten Mal bestätigt, was bisher nur vermutet worden war: Die Betreiber planten eine gewerblich zu nutzende, aber nicht genehmigungsfähige Großlagerhalle. Und die „Trainingshalle für Pferde„ war lediglich ein Etikettenschwindel, um die Baugenehmigung zu erreichen.

Nach dem Erscheinen des KB-Berichts erklärte Ratsherr Paul-Peter van Rossum (CDU): „Das Ganze ist eine Lachnummer, denn wir sind überhaupt nicht informiert worden. Ich habe wie andere Fraktionskollegen nur gerüchteweise gehört, dass mit der Trainingshalle was anderes gemacht werden soll, als uns vor dem Satzungsbeschluss gesagt worden ist.“

Sein Fraktionskollege Egon Kammann: „Wenn man im Rat so übergangen wird, ist das ein starkes Stück.“ Walburga Kamps (CDU): „Ich bin bis zur Ratssitzung davon ausgegangen, dass die neue Halle im Traberpark für Pferde sein soll.“ Leni Stammen (CDU) fand: „Das war eine schreckliche Ratssitzung. Erst hatte ich den Eindruck, daß die KBV uns mit ihrem dauernden Bohren mal wieder was wollte. Doch im Laufe der Sitzung bekam ich zunehmend das Gefühl, dass an ihren hartnäckigen Fragen was dran war. Ich bin entsetzt, dass uns zugemutet wurde, einen Satzungsbeschluss zu fassen, der einen ganz anderen Hintergrund hatte als das, was uns gesagt worden ist.“

Peter Kasper (SPD): „Das ist ein starkes Stück“. Hans Broeckmann (CDU): „Die, die die Hintergründe gekannt haben, werden Trouble kriegen. Der Stadtdirektor hätte wenigstens im nichtöffentlichen Teil etwas sagen können.“ Marianne Janssen (SPD): „Bei den Dingen, die mir inzwischen zu Ohren gekommen sind, kann ich nur mit dem Kopf schütteln.“ Karl-Heinz Fischer (Grüne): „Das ist nur die Spitze eines Eisbergs“. Und Bürgermeister Dr. Friedrich Börgers (CDU): „Ich bin reichlich uninformiert. Konkrete Dinge weiß ich bis heute nicht. Der Informationsfluss Richtung Rat ist ein bleibendes Problem.“

Eine ausführliche Stellungnahme von Gerd Sprenger (CDU), dem Vorsitzenden des Bauausschusses, erhellte die Zusammenhänge:

„Das 135 Hektar große Grundstück, auf dem der Traberpark entstanden ist, wurde von der Stadt Kevelaer für 1 Millionen Mark, zu zahlen in vier Raten über drei Jahre, praktisch verschenkt - genauso wie die Bunker, zusammen ein riesiges Volksvermögen. Damit ist der Stadtrat der Traberparkgesellschaft zum ersten Mal weitestmöglich entgegengekommen, ganz eindeutig mit der Auflage, daß Fremdnutzungen nicht zulässig sind, sonst hätte man dieses 'Geschenk' gar nicht rechtfertigen können.

Als die Traberparkgesellschaft wirtschaftlich wohl nicht mehr klar kam, beschloß der Stadtrat entgegen der eigenen Vereinbarung, nun doch befristet Fremdnutzungen zuzulassen. Das hätte der Stadtdirektor damals beanstanden müssen, wenn wir noch in einem Rechtsstaat leben. Das tat Heinz Paal jedoch nicht. Der Stadtrat kam der Traberparkgesellschaft bis heute entgegen. Dann stand die Satzungsänderung wegen der Trainingshalle an und wurde formal korrekt beschlossen.

Obwohl die Ratsmitglieder bislang alles mitgemacht hatten, bekamen sie weder von den beiden Beiratsmitgliedern, die zugleich im Stadtrat sind, noch vom Stadtdirektor, der ebenfalls eingeweiht war, auch nur die geringsten Informationen darüber, wie die Trainingshalle tatsächlich genutzt werden soll. Nicht einmal in der Ratssitzung hielt Stadtdirektor Heinz Paal es für notwendig, den Stadtrat im nichtöffentlichen Teil zu informieren. Im Gegenteil: Die Fragesteller wurden der Verleumdung beschuldigt. - Es war zu vernehmen, wenn man einer Fremdnutzung nicht zustimme, wäre der Kevelaer-Standort der UGA gefährdet. Diese Drohung kommt einer Erpressung gleich, weil sie den Ratsmitgliedern suggeriert, sie trügen die Verantwortung, wenn die UGA der Stadt Kevelaer den Rücken kehre. Dabei ist diese Drohung ebenso unverschämt wie falsch. Die UGA denkt überhaupt nicht daran, ihren Standort zu verlagern, sondern plant vielmehr am jetzigen Standort Erweiterungen.

Der Traberpark sollte nach allem, womit die Stadt ihm entgegen gekommen ist, allmählich auf eigenen Beinen stehen können.“

SPD-Fraktionsführer Dr. Klaus Hölzle versuchte sein Heil in neuer Schuldverteilung und schrieb als Mitglied des Beirats der Traberpark-Firma dem KB:

„Wenn die unverantwortlich-unzeitige Geschwätzigkeit betreffend andere Standortüberlegungen im Zusammenhang mit Fusion im Bereich der Gartenbauvermarktung dazu führen sollte, daß für Kevelaer eine große Chance vertan werden sollte, dann tragen Sie und die KBV dafür die Verantwortung, aus der Sie niemand entlassen wird!“

Ich antwortete darauf in der selben Ausgabe:

„Es wird so getan, als hätte der Twistedener Ortsvorsteher, der als Traberpark-Miteigner am Trog und als Vorstandsmitglied der NBV an der Quelle sitzt, es in der Hand, je nach seiner Befindlichkeit für oder gegen den Standort Kevelaer zu entscheiden. Deshalb müsse man ihm im Traberpark bei der schleichenden Veränderung zu einem Gewerbegebiet entgegenkommen. Dabei wird Düsseldorf das Gelände nie und nimmer als Gewerbegebiet ausweisen; die Ansiedlung von Gewerbe bleibt illegal, schließlich kann die Stadt nicht bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag eine Ausnahmegenehmigung nach der anderen erteilen. Jetzt tönt Klaus Hölzle wehleidig für den Beirat des Traberparks, die KB-Enthüllungen hätten einen Deal kaputtgemacht. Der promovierte Jurist hätte wissen sollen, dass ein Deal nichts wert ist, wenn er zwar hinter verschlossenen Türen am Stadtrat vorbei ausgehandelt wird, aber das Recht verletzt.“

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© Martin Willing 2012, 2013