Kandolf, Karl-Heinz
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Politiker
der Grünen in Kevelaer | * 1949
Er
war der dienstälteste Fraktionschef im Kevelaerer Stadtrat bis zu seinem
Rücktritt im Dezember 2009. Ab 1984 führte er die Fraktion der Grünen.
Als Flughafengegner der ersten Stunde übernahm er nach seinem
Ausscheiden aus dem Stadtrat den Vorsitz der Aktionsgemeinschaft gegen
Fluglärm und Luftverschmutzung.
Der gebürtige Moerser Diplom-Sozialpädagoge war viele Jahre
Stadtjugendpfleger in Kamp-Lintfort. Sein Fachwissen brachte er in die
politische Arbeit in Kevelaer ein. Insbesondere auf dem Gebiet der
Jugendpolitik galt Kandolf, der dem Jugendhilfeausschuss vorsaß, als
gefragter Experte. Ein Höhepunkt seines politischen Wegs war die
Nominierung zum Landtagskandidaten seiner Partei (1990).
Nachdem die damals noch junge Partei der Grünen bei der Kommunalwahl
1984 erstaunliche 7,6 Prozent der Stimmen im Stadtgebiet Kevelaer
bekommen hatte, war es vorbei mit der Zwei-Fraktionen-Politik im
Rathaus.
Karl-Heinz
Kandolf: Starker Auftritt mit einem starken Team grüner Politiker im
Jahr 1989.
Die Epoche, die Hans Broeckmann (CDU) und > Helmut Esters (SPD) als
Führungsfiguren geprägt hatten, endete in einem Wirbel von
Veränderungen: Der CDU fehlten zur Kommunalwahl 1984 wichtige, bekannte
Leute, die ihnen zuvor von der Fahne gegangen waren; die neue
Grünen-Partei fand vom Start weg viele Wähler; und obendrein schaffte
die gute alte FDP (6,6 %) zur Abwechslung mal wieder den Sprung auf die
Ratshaussitze.
Auf
einmal teilten sich vier statt zwei Fraktionen die Sessel im
Sitzungssaal, und der Anblick war gewöhnungsbedürftig, dass nun auch ein
bärtiger Grüner mit bürgerschrecklichen Langhaaren auf dem ehrwürdigen
Leder hockte - Karl-Heinz Kandolf, der Sprecher seiner Grünen-Fraktion.
Karl-Heinz Kandolf in den 80ern.
Aber am meisten erschreckte Kandolf die eher gediegenen Ratskollegen mit
seinen Aussagen: Der Grüne sprach ja gar keinen Unfug, den man leicht
abtun konnte, sondern trug ruhig Argumente vor, die von gründlicher
Überlegung zeugten - so Ende 1984, als er zum ersten Mal für seine
Fraktion einen Haushaltsplanentwurf ablehnte. Nur einmal griff er in die
falsche Schublade der politischen Instrumente: Um Bürgermeister
Karl Dingermann
klarzumachen, was die Grünen von den Bombern auf Laarbruch hielten,
zerbrach er einmal ein Modellflugzeug vor dem Tisch des
Ratsvorsitzenden.
Karl-Heinz Kandolf, seine spätere Frau Martina, Karl-Heinz und Elli
Fischer (v.l.) hören mit Spannung die Ergebnisse der Kommunalwahl 1994
im Ratssaal.
Womit damals niemand gerechnet hatte: Kandolf ging als
Langzeitfraktionsvorsitzender in die Stadtgeschichte ein - mit 25
Amtsjahren in Folge. Inzwischen waren seine Haare grau und kürzer
geworden, aber seine vielleicht hervorstechendste Eigenschaft, seine
Verlässlichkeit, war unverändert geblieben.
Als Politiker war er ein Vierteljahrhundert lang im guten Sinn
berechenbar, weil er sich von Vernunft leiten ließ, nicht aber von
taktischen oder ideologischen Spielchen. Als Anwalt für Sachpolitik, die
er als Grüner verantworten konnte, war er einer der wichtigen Gestalter,
auf dessen Mitarbeit schließlich niemand gerne verzichtete. Im Grunde
durch und durch ein Oppositioneller, machte er aus dem Dagegen-Sein
keinen Selbstzweck. Er blieb frei in seiner Entscheidung und ließ sich
von keinem Lager vereinnahmen.
Am 16. Dezember 2009 teilte Karl-Heinz Kandolf mit, "dass ich mit
sofortiger Wirkung meinen Fraktionsvorsitz abgebe und mein Ratsmandat im
Rat der Stadt Kevelaer niederlege. Ich habe mich zu diesem Schritt
entschlossen, weil die Mehrheit der Fraktion meine Auffassung nicht mehr
teilt.“
Das Ende seiner politischen Laufbahn war weder geplant, noch von ihm
gewollt. Kandolf hatte das Gefühl, von den Partei- und
Fraktionsmitgliedern nicht mehr wie früher getragen zu sein.
Er zog Knall auf Fall die Konsequenzen. Seine Nachfolger im Amt wurden
Miriam Etzold und anschließend Heinz-Peter Aengenendt.
Karl-Heinz Kandolf und seine Frau Martina, links der spätere
Grünen-Fraktionsvorsitzende Heinz-Peter Aengendt.
Nach Monaten der Stille, die sich über Kandolfs langjährige politische
Arbeit legte, machte er wieder von sich Reden: Ende Oktober 2010
übernahm er den Vorsitz in der Aktionsgemeinschaft gegen Fluglärm und
Luftverschmutzung als Nachfolger von Heike van Straelen. Da war er
wieder in seinem Ur-Element - im Kampf gegen den
Flughafen Laarbruch. Die
Neubelebung des Vereins zu einer politischen Gruppe tat der
Aktionsgemeinschaft gut.
Mit seiner Frau Martina ist Karl-Heinz Kandolf in Twisteden zu Hause.