Vor knapp zwei Monaten hatten Horst und ich Schwester Magdalena in Dresden zugesagt: „Wir kommen im Frühjahr wieder und schieben dich im Rolli quer durch das Innere der Frauenkirche.“ Sie hatte sich auf diese Fahrt innig gefreut. Das weltberühmte Gotteshaus hatte sie noch nie betreten.
Letzte Woche erhielten wir die Nachricht, dass Magdalena gestorben war. Horst wusste sofort, was zu tun war: „Unser Besuch im Frühjahr fällt aus. Lass uns nach Dresden zur Beerdigung fahren.“
Wir machten uns am Mittwoch auf den Weg, übernachteten in meinem VW-Bulli mitten in der sächsischen Hauptstadt und sahen das Rathaus und das Gewandhaus Dresden unmittelbar vor uns.
Adventlich geschmückte Kreuzkirche in der Mittwochnacht: Hoffnung und Erwartung
Magdalenas Familie war in den Gästezimmern der Palliativ-Akademie einquartiert. Sie liegt keine Wegminute vom Elisabeth-Konvent entfernt. Es waren genug Zimmer frei.
Die Kapelle im Schwesternhaus, die uns bei unseren Besuchen vertraut geworden war, betraten wir traurig. Nicht ein einziges Mal war uns im Oktober der Gedanke gekommen, dass wir Magdalena nicht wiedersehen würden.
Nicht im Rollstuhl, sondern im weißen Sarg hatte sie nun das Haus verlassen – nicht hinein in die Frauenkirche, sondern in die Kapelle des Katholischen Friedhofs.
Hier war sie ein letztes Mal von allen Schwestern und ihrer Familie umgeben. Einer ihrer drei noch lebenden Brüder sowie Nichten und Neffen waren gekommen. Auch zwei Hallenser Weggefährten hatten sich – wie Horst und ich – auf den Weg gemacht. Die Schwesterngemeinschaft bereitete Magdalena gemeinsam mit dem Hausgeistlichen eine schlichte und zugleich ehrenvolle Beerdigung.
Auf dem Friedhof gaben wir ein Schüppchen Auricher Erde mit ins Grab, dazu ein paar Physalis, die in Aurich geblüht und reiche Frucht getragen hatten – wie Magdalena selbst. Die äußere Hülle der Physalis hatte sich bereits zersetzt. Nur eine zarte und zerbrechliche Struktur war geblieben. Darin leuchtete hell orange die Frucht. Sie trug dutzendfachen Samen.