Schumacher,
Carl
►
Heimatforscher
und Lehrer aus Winnekendonk |
* 1875 |
† 1942
Hauptlehrer
Carl Schumacher hinterließ der Stadt Kevelaer, ihrem weiten Umkreis und
besonders seinem Winnekendonk unschätzbare Heimatdokumente.
1999, Jahrzehnte nach Schumachers Tod, erhob das hochbetagte Schravelner
Urgestein
Johannes
Schoofs, Bauer auf Janburshof, als ehemaliger Schüler von Carl
Schumacher eine Forderung: Die
Öffentliche Begegnungsstätte im Golddorf solle von ihrem
nichtssagenden Namen entlastet und in Carl-Schumacher-Halle umbenannt
werden. Es blieb bei dem Wunsch.
Die Kevelaerer Geschichte ist Carl Schumacher nicht in die Wiege gelegt
worden. Den gebürtigen Kempener verschlug es 1896 nach Winnekendonk, wo
er seine erste feste Anstellung als Lehrer bekommen konnte.
„Da für die Tätigkeit des Lehrers damals weder Abitur noch ein
Hochschulstudium erforderlich waren, hatte sich Carl Schumacher bereits
als 17-Jähriger zur Aufnahmeprüfung für das [Lehrer-]Seminar angemeldet,
nachdem er sich durch Privatunterricht darauf vorbereitet hatte“,
schrieb Heimatkundler
Franz-Josef
Drißen 1995 im KB.
Schumacher bestand die Prüfung. Er war 20, als er den ersten
Schulklassen vorstand. Mit 21 erhielt er in Winnekendonk eine eigene
Stelle. 1913 ernannte die Hohe Preußische Schulbehörde ihn zum
Hauptlehrer an der Volksschule. Das blieb er bis kurz vor seinem Tod
1942.
Carl Schumachers außergewöhnliche Sammelleidenschaft - das
Schumacher-Archiv gilt heute als einer der wertvollsten Schätze am
unteren Niederrhein - wurde nach seiner Heirat mit Maria Fehlemann am
17. Mai 1904 entfacht.
Das frisch getraute Paar zog in das elterliche Haus der Braut an der
Niersstraße 4 in Winnekendonk – ein „außerordentlicher Glücksfall … ganz
besonders für die Heimatkunde und Heimatforschung in Winnekendonk“,
schrieb Franz-Josef Drißen. Denn in dem Haus befand sich bereits „eine
schon damals beachtliche Sammlung von Urkunden, Büchern und Gegenständen
des täglichen Bedarfs, die der Vater von Maria Fehlemann
zusammengetragen hatte.“
Autodidakt Carl Schumacher ging ab 1905 systematisch vor und begann mit
dem Studium der Heimatgeschichte und Volkskunde.
Im März 1910 zählte Carl Schumacher zu den Mitgründern des „Vereins für
Heimatschutz für Kevelaer und die umliegenden Ortschaften“. Er bildete
mit Bürgermeister
Mathias Marx, Prälat
Bertram Brockes,
Saniätsrat Dr. Franz Oehmen, Kunstmaler und Stummel-Schüler
Heinrich
Holtmann, Hubert Opwis, Johann van Wickeren, Kaplan Jakob Wolffram,
Rektor Fritz Peschkes und Lehrer
Wilhelm Labonté
den Vorstand.
Als die Heimatverbände des Kreises Geldern kurz darauf die Monatsschrift
„Unsere Heimat“ auf den Weg brachten, war Carl Schumacher wiederum einer
der Mitgründer. Als Schriftleiter hatte er in den folgenden fast 30
Jahren ein Medium, in dem er den Menschen in seiner Heimat das
gesammelte Wissen weitergeben konnte. [90 Jahre nach diesem Ereignis
ließ das KB die Tradition dieser Zeitschrift wieder aufleben. Später
schuf es die Heimatseiten, auf denen bis heute heimatgeschichtliche
Beiträge erscheinen.]
„Es empfiehlt sich“, schrieb Schumacher 1910 im Editorial der ersten
Ausgabe, „die einzelnen Nummern dieser Blätter zu bewahren. Sie können
später als Buch gebunden werden, das den Nachkommen manches Interessante
erzählen kann“. Wie Recht er hatte! Alte Jahrgänge von „Unsere Heimat“
sind heute kostbar.
Eine Fundgrube sind seine Beiträge zum Niederrheinischen und Geldrischen
Heimatkalender. Gern schrieb er für Vereinsfestschriften und war sich
nicht zu schade, für Familien Bierzeitungen auf den Weg zu bringen.
Vereine nutzten seine Dienste, wenn sie Satzungen ausgearbeitet haben
mussten.
Oft verarbeitete Schumacher Informationen, die er selbst erforscht
hatte. Er berichtete unter anderem über das Pastorat „De alde Weem“,
eines der ältesten Gebäude in Kevelaer gegenüber dem Klarissenkloster,
das im Zweiten Weltkrieg mit dem Kloster in Schutt und Asche gelegt
werden sollte.
Intensiv schrieb er über die Zeit der belgischen Besatzung, in der er
selbst unliebsame Erfahrungen gemacht hatte. So war er einmal von der
Besatzungsmacht beschuldigt worden, ein belgisches Pferd gestohlen zu
haben. Er musste vor dem Kriegsgericht in Aachen erscheinen. Schumacher
hielt über sich selbst im Protokollstil fest: „Nur dem Umstande, daß er
den beschuldigenden Belgier selbst gründlich ausfragen durfte, hatte er
es zu verdanken, daß sich seine Unschuld herausstellte.“
Carl Schumacher, auch Jugendpfleger, Kreisbeauftragter für das
Archivwesen im Kreise Geldern, 1902 Mitgründer der Freiwilligen
Feuerwehr Winnekendonk und deren Schriftführer, Vorsitzender des
St.-Martinskomitees und Vater von fünf Kindern, wurde über seine
Kapazität als Heimatforscher hinaus ein Vorbild für alle, die in der
Pflege der Dorfgemeinschaft eine Aufgabe sahen. Wegen seines
ehrenamtlichen Einsatzes wurde er zu einer der am meisten geachteten
Persönlichkeiten seiner Heimat.
Als Carl Schumacher 1942, mitten im Krieg, starb, brachte das KB diesen
Nachruf:
„Hauptlehrer i. R. Karl Schumacher ist am Samstag, dem 27. Juni, nach
kurzer Krankheit im 68. Lebensjahr verschieden. Karl Schumacher, der
weit über die Grenzen seiner Arbeitsstätte bekannt und geschätzt war,
wirkte jahrelang als Lehrer und Jugenderzieher, bis er in den Ruhestand
trat. Neben seiner beruflichen Tätigkeit hat sich der Verstorbene als
Heimatforscher um die Geschichte und um die Volkskunde des Kreises
Geldern unvergängliche Verdienste erworben. Mit seinen Angehörigen
betrauert der Historische Verein des Kreises Geldern den Heimgang seines
langjährigen treuen Vorstandsmitgliedes und eifrigen Förderers der
heimatkundlichen Belange. Die ganze niederrheinische Heimat steht am
Sarge dieses vorbildlichen Mannes. Das große Vermächtnis, das er uns
hinterließ, wollen wir stets in hohen Ehren halten und seinen Namen in
unseren Herzen bewahren.“
Sein Werk lebt in seinem Arbeitszimmer fort, das 1993 von den Geselligen
Vereinen erworben und originalgetreu ins Alte Rathaus Winnekendonk
übertragen wurde.