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Schulrektor in Kevelaer | * 1877 | † 1945
Er
ist einer der letzten Kevelaerer, die im Zweiten Weltkrieg bei
Bombenangriffen auf die Marienstadt ihr Leben verlieren. Wilhelm
Labonté, Lehrer und Rektor, Vater von acht Kindern, stirbt im Februar
1945 unter den Trümmern seines Hauses an der Willibrordstraße.
Wilhelm Labonté wird 1877 in Kempen am Niederrhein geboren. Er verliert
schon nach wenigen Jahren seinen Vater. Es wird für die Mutter eine
Erleichterung gewesen sein, dass sie ihren begabten Sohn auf die am
Wohnort vorhandene „Präperandie“ und anschließend auf das dortige
„Königliche Schullehrer-Seminar“ schicken kann. Die noch vorhandenen
Zeugnisse bescheinigen ihm großen Fleiß und durchweg sehr gute
Leistungen. Nach dem Examen wird Wilhelm Labonté im Dezember 1898 zum
Lehrer an einer Volksschule in Kevelaer ernannt. 1912 erhält er das
„Zeugnis der Bestätigung als Lehrer an Mittelschulen“ und besteht 1913
die Rektorprüfung. Bis 1927 bleibt er Leiter der St.-Hubertus-Schule und
wechselt dann an die Schule am Markt, die in diesem Jahr noch 16 Klassen
umfasst.
Woher kommt der Name Labonté? Die Labonté stammen ursprünglich aus
Belgien. Im Dreißigjährigen Krieg (1618 - 1648) erwirbt ein belgischer
Kaufmann vom Trierer Erzbischof eine Erzgrube im Westerwald. Die zum
Abbau benötigten Fachleute bringt er mit. Sie lassen sich in einem Ort
mit dem Namen „Welschneudorf“ nieder. Unter ihnen ist der erste Labonté
in Deutschland. Nachkommen leben heute noch in Welschneudorf, finden
sich auch im Frankfurter Raum und im Rheinland.
Wilhelm Labonté, der junge Lehrer, muss schon bald nach seinem Umzug
nach Kevelaer seine spätere Ehefrau Maria Brüx, Tochter der Wirtin des
Gasthofes „Roter Hirsch“ an der Hauptstraße, kennengelernt haben. Es
dauert allerdings Jahre, bis die Mutter dem jungen Paar die Zustimmung
zur Hochzeit im August 1905 gibt. Aus der Ehe gehen fünf Söhne und drei
Töchter hervor, denen Wilhelm Labonté ein unvergleichlich selbstloser
und liebender Vater ist, wie sich seine Kinder erinnern. Für die große
Familie, die zunächst in einer geräumigen Dienstwohnung der
St.-Hubertus-Schule lebt, baut er 1928 an der Willibrordstraße jenes
Haus, das 1945 über ihm zusammenstürzen wird.
Er ist mit Leib und Seele Lehrer, der seinen Beruf stets ernst nimmt,
voller Ideen, Tatkraft und Lebendigkeit. Nach dem Urteil ehemaliger
Schüler ist er zwar streng - sieht jedenfalls so aus -, aber gerecht in
seinem Urteil, kein Freund von Strafen. Bereitwillig lässt er sich zur
Mitarbeit in der Lehrerfortbildung heranziehen. Viele Jahre bestellt ihn
der Kreis Geldern zum Kreisjugendpfleger. In Kevelaer ist er
Mitbegründer eines Heimatvereins.
Er ist ein frommer Mann, ein großer Verehrer der Gottesmutter. Den Namen
Maria gibt er als Zweitnamen fast allen seinen Kindern. Leitfaden ist
ihm die „Nachfolge Christi“ der Kempener Augustinerchorherren und des
Mystikers Thomas von Kempen (1379 - 1471). In ihr findet er die Kraft
zur Bewältigung schwerer und leidvoller Stunden, die in der großen
Familie nicht ausbleiben.
Im besten Sinne ist er ein patriotischer Mann, voller Vaterlands- und
Heimatliebe. Die Erlebnisse des Ersten Weltkriegs haben ihn geprägt, so
dass er sich nach dem Krieg bereit findet, die Führung des
Kyffhäuserbundes in Kevelaer und im Kreis Geldern zu übernehmen.
Ehrenvoll ist für ihn, dass er 1935 die Festkette der Geselligen Vereine
tragen darf.
Seine tiefe Gläubigkeit bewahrt ihn vor der Verstrickung in
nationalistische Ideen. So muss er mit manchen Widersprüchlichkeiten
fertig werden. Er bewundert Bismarck als Staatsmann, hasst ihn als
Auslöser des Kulturkampfes. Er begrüßt es, dass deutsche Soldaten ins
Rheinland kommen, sieht in Hitler den Kriegstreiber und Verderber des
Vaterlandes. Mit immer größerer Sorge verfolgt er den Verlauf des
Krieges, an dem vier seiner Söhne teilnehmen müssen.
Das Grab von Wilhelm Labonté liegt auf dem Kevelaerer Friedhof neben der
XIV. Station des Kreuzweges. Auf ihm steht ein eindrucksvolles Grabmal
des Kevelaerer Künstlers
Will Horsten.
© Martin Willing 2012