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    SACHBEGRIFFE |
Janssen, Edmund

Pastor, Gründer des Ameland-Kinderferienwerks |
* 1886 Kevelaer | geweiht 1911 | † 1957

Edmund JanssenEr ist ein Sohn der Marienstadt Kevelaer und hat den Grundstein für die Amelandfahrten ungezählter Kinder und Jugendlicher gelegt - ein Ferienwerk, das in Deutschland Schule gemacht hat. Sein Andenken muss aber auch aus einem anderen Grund wach gehalten werden. Er hat verfolgte Menschen im Dritten Reich geschützt und manchem unter ihnen das Leben gerettet. Er ragt aus der Masse der gleichgültig Gebliebenen hervor und ist einer der wenigen katholischen Priester, deren mutiges Handeln während der Nazi-Herrschaft bekannt geworden ist.

Edmund Janssen wird 1886 in Kevelaer im Elternhaus an der Rheinstraße geboren. Er wächst an der Schravelner Mühle auf, die seinem Vater Edmund Janssen gehört. Der Vater stammt aus einer Müllersfamilie, die um 1700 aus Bres bei Maasijk im heutigen Belgien zum Niederrhein gezogen ist. 1907 macht der junge Edmund sein Abitur im > Bischöflichen Internat Gaesdonck, studiert Philosophie und Theologie und wird am 1. April 1911 in Münster zum Priester geweiht. Seine ersten Stationen als Geistlicher liegen in Waldniel, Haus Aspel und einem Internat bei Telgte.

Bereits 1906 lernt er die niederländische Insel Ameland kennen. Ihn zieht eine Besonderheit an, nämlich dass Ameland eine Landverbindung hat - jedenfalls ist sie auf seiner Landkarte eingezeichnet. Tatsächlich aber ist die Deichverbindung schon lange weggeschwemmt. Da steht nun Edmund Janssen am Strand. Er wartet Ebbe ab und wandert durch das Wattenmeer bis zur Ostseite der Insel. Von einer Familie Brouwers wird er willkommen geheißen, und es entsteht eine erste Brücke der Freundschaft, über die viele deutsche Feriengäste kommen werden. 1910 begleitet Janssen eine erste deutsche Reisegesellschaft auf die Insel. Und er lernt die niederländische Sprache.

Im Sommer 1918, unmittelbar nach dem Ersten Weltkrieg, nutzt Edmund Janssen seine bereits gewachsenen Beziehungen zur Bevölkerung der niederländischen Nordseeinsel Ameland und vermittelt unterernährte, deutsche Kinder in Ameländer Familien. Sie werden gastfreundlich aufgenommen und gesund gepflegt - kostenlos für die Deutschen. Durch diese erste karitative Aktion angeregt, kommt ihm die Idee zu einem groß angelegten Jugendferienwerk.

1920 wird er als geistlicher Studienrat ans Lyzeum in Kleve versetzt. Er besitzt inzwischen ein Kapitänspatent und kann einen alten Fischkutter benutzen, der im Spoykanal bei Kleve liegt. Im Jahr darauf schippert er mit diesem Kutter zum ersten Mal mit einer Gruppe Jugendlicher durch den Spoykanal zum Rhein, zweigt in die Ijssel ab, erreicht die Zuidersee - heute das Ijsselmeer - und steuert hinter der Schleuse zur Nordsee die vorgelagerte Insel Ameland an. Nach dieser Premiere - die Schiffsfahrt dauert zwei Tage - schippert Janssen bis 1938 jedes Jahr mit seinem Schiff von Kleve bis in die Nordsee. Als organisatorische Basis für diese immer beliebter werdenden Jugendfahrten dient der 1921 gegründete Amelandverein „Poort van Kleef“.

1928 wird der Kevelaerer, der zuvor ein Zweitstudium in Bonn und an der Sorbonne in Paris absolviert hat, als Kanonikus in die St.-Remigius-Pfarrgemeinde in Borken berufen. Von Borken aus kümmert er sich weiter um sein Amelandwerk, aber mit dem aufkommenden Nationalsozialismus hat er ganz andere Sorgen: Als in seiner Gemeinde am Vorabend von Fronleichnam Außenaltäre von herumpöbelnden SA-Leuten geschändet werden sollen, legt er sich mit ihnen an und kann die Altäre schützen.

1936 wird er Pfarrer, und zwar der Grenzgemeinde St. Pankratius in Anholt. Zu den Niederländern in der Nachbarschaft unterhält der Ameland-Freund herzliche Beziehungen. Er beherrscht die niederländische Sprache perfekt und unterhält freundschaftliche Kontakte auch zu Erzbischof de Jong in Utrecht, einem geborenen Ameländer. Janssen ist einer, dem die Holländer vertrauen, und er erfährt früh von Verfolgungen im Nachbarland. Der Anholter Pfarrer lässt etliche Niederländer, die bedroht werden, über die Grenze kommen und in Bauernschaften seiner deutschen Gemeinde untertauchen. Einige von ihnen leben hier in Deutschland über Jahre unentdeckt, während sie in ihrem Heimatland Holland gesucht werden. Für andere geht der Weg umgekehrt: Edmund Janssen verhilft Juden, KZ-Flüchtlingen und anderen bedrohten Menschen zur Flucht über die nahe Grenze in die Niederlande.

Der Pfarrer ist ein Vertrauter des Münsteraner Bischofs Clemens August von Galen und wird vom Bischof etliche Male in geheimer Mission nach Berlin gesandt, wo der Kevelaerer bei Heinrich Himmler vorsprechen soll. 60 Mönchen des niederländischen Klosters Zion bei Doetinchem, bereits zum Tode verurteilt, kann Edmund Janssen durch Intervention bei Himmler das Leben retten. Er reist mit solchen vertraulichen Aufträgen des Bischofs von Münster mehrmals nach Berlin zum Reichsführer SS. Er trifft während des Krieges einmal sogar auf Ameland mit Himmler zusammen. Dabei gelingt es dem Geistlichen, Himmler von seinem Vorhaben abzubringen, die gesamte Inselbevölkerung zu evakuieren und die männlichen Einwohner zur Zwangsarbeit nach Deutschland zu verschleppen. Das couragierte Auftreten des Kevelaerers muss Himmler beeindruckt haben. „Sie sind“, sagt Himmler einmal zu Janssen, „ein frecher Hund“.

Mit Propagandaminister Dr. Joseph Goebbels erzielt Edmund Janssen eine Übereinkunft, dass die Borromäusbüchereien in Deutschland nicht vernichtet werden. Sie müssen zwar schließen, aber die Buchbestände bleiben erhalten.

In den letzten Kriegstagen sieht Edmund Janssen, wie Anholt völlig zerstört wird. Deutsche Fallschirmjäger sprengen zudem seine Pfarrkirche. Der Pfarrer ist tief schockiert.

Edmund Janssen überlebt den Zweiten Weltkrieg und kann 1953 seine geliebten Amelandfahrten wieder aufnehmen. Längst besitzt der Kevelaerer den Ehrentitel „Pastor von Ameland“. Seinen Pfarrhaushalt in Anholt versorgt - von 1951 bis 1956 - seine Nichte > Marianne Janssen, die heute in der Marienstadt im Haushalt von > Hubert Janssen lebt, der von Duisburg-Homberg aus 1953 das Kinderferienwerk Ameland ins Leben ruft und 1956 das bekannte Amelandlied komponiert und textet. Auch Marianne Janssen ist längst „Ameländerin“ und über 25 Jahre lang auf der Insel Lagerköchin.

Aber für Edmund Janssen (70) ist die Zeit gekommen. Er stirbt 1957 in Anholt.

14 Jahre nach seinem Tod, 50 Jahre nach seinem ersten Besuch auf Ameland, wird eine bronzene Gedenktafel zu Ehren des Begründers der Ferienfahrten nach Ameland am Hauptportal der St.-Clemens-Kirche zu Nes auf der Insel angebracht. Man nennt ihn hier „Heeröhme“; in Kevelaer heißt er„Mön“ Janssen. Bis heute haben rund 900.000 Kinder an Ferienfreizeiten auf der Insel teilgenommen, allein seit 1960 rund 6.500 aus Kevelaer.

Plakette für Edmund JanssenAuch an der Fassade der St.-Pankratius-Kirche zu Anholt ist eine solche Gedenktafel angebracht, die die nachfolgenden Generationen an den Geistlichen erinnern will, der in schweren Zeiten den Mut besessen hat, christliche Nächstenliebe nicht nur zu predigen, sondern auch vorzuleben. Die Tafel ist von seinem Neffen Hubert Janssen entworfen, von dem Kevelaerer Goldschmied Albert Metsch gestaltet und von der Bronzegießerei > Butzon & Bercker gegossen worden.

Die Plakette für Edmund Janssen, hier mit > Cilli Pannen.

Ein solcher Mann müsste auch in seiner Vaterstadt Kevelaer in Ehren gehalten werden, sagt sich 1996 der Vorsitzende des Ameland-Verein Kleve e.V., Dieter Bullack aus Goch, und schickt 1996 an Pastor > Richard Schulte Staade einen Brief, in dem er ihn bittet, einen würdigen Standort für die gleiche Bronzetafel zu finden, von der Edmund Janssens Neffe Hubert einen Abguss besitze. Als der Brief unbeantwortet bleibt, wendet sich 1998 Hubert Janssen mit der gleichen Bitte an den Leiter des > Kevelaerer Museums, > Dr. Robert Plötz. Janssen erhält rasch Antwort: Das Museum sei leider nicht der richtige Ansprechpartner. Er, Plötz, habe die Unterlagen an Bürgermeister > Dr. Friedrich Börgers und an Pastor Richard Schulte Staade weitergeleitet.

Weil sich nach Ansicht des Vorsitzenden des Amelandvereins, Dieter Bullack, nichts bewegt, wendet sich Bullack im August 1998 an den Vorsitzenden des Museumsvereins, Reinhard Thoenissen. Er bittet Thoenissen, sich um einen Standort für die Bronzetafel zu kümmern. Hubert Janssen werde für die Kosten aufkommen. Aber es tut sich nichts.

Im Frühjahr 1999 wendet sich Hubert Janssen an die Stadt. Stadtdirektor > Heinz Paal sagt im Hauptausschuss, er wolle sich um eine Lösung bemühen.

Anderthalb Jahre danach wird bekannt, dass am Samstag, 25. November 2000, im Foyer der städtischen Begegnungsstätte am Bühnenhaus die Erinnerungstafel für Edmund Janssen enthüllt werden soll.

Unterdessen hat > Theo Bogers eine kleine Broschüre geschrieben und publiziert, in der er an „40 Jahre Amelandaktion Kevelaer“ (1960 - 2000) und an den Gründervater, Edmund Janssen, erinnert. Dort sehen wir auch, auf Seite 11, die Erinnerungsplakette abgebildet, für die in Kevelaer nach vierjähriger Suche doch noch ein Platz gefunden worden ist - in der Cafeteria der öffentlichen Begegnungsstätte Kevelaer.

© Martin Willing 2012, 2013