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Weltgereister Geistlicher aus Kevelaer | * 1927 Kevelaer | geweiht 1952
Der
katholische Geistliche Hubert Janssen, Sohn von Hubert Janssen und
dessen Frau Franziska (geb. Forstreuter), kehrte 1995 nach einem
bewegten Leben in seine Heimatstadt zurück und wird heute von seinen
Schwestern
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Marianne und Elisabeth versorgt.
Der Junge wuchs zusammen mit zwei Brüdern und drei Schwestern an der
Schravelener Mühle und an der Weezer Straße auf, besuchte Antonius- und
Rektoratsschule, dann während des Krieges die Gymnasien in Goch, Kleve
und Geldern. Zwischendurch, von Weihnachten 1944 bis Kriegsende, musste
er als Flakhelfer die Möhnetalsperre verteidigen. 1946 machte er in
Geldern sein Abitur und studierte bis 1952 hauptsächlich in Münster
Theologie und Philosophie. Im August 1952 wurde er als einer von 37
Diakonen in Münster zum Priester geweiht.
Seine erste Stelle war in St. Johannes Homberg (1953), wo er bis 1956
als Jugendkaplan wirkte. Bereits 1953 gründete der Kevelaerer das heute
bundesweit ausgedehnte Kinderferienwerk Ameland, vorbelastet durch
seinen Onkel
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Edmund Janssen, der als Geistlicher 1921 den Ameland-Verein
„Poort van Kleef“ ins Leben gerufen hatte. Die Zuwendung den Kindern und
Jugendlichen gegenüber prägte sein ganzes Berufsleben.
1956 war er unter Bergleuten Jugendkaplan in Ahlen, 1959 wurde er
hauptamtlicher Religionslehrer an der Berufsschule und
Schifferberufsschule in Homberg, 1963 Religionslehrer und Studienrat in
Recklinghausen an den Berufsschulen, wo er 20 Jahre lang jungen
Menschen, die in den Beruf drängten, seelisches Rüstzeug vermittelte.
Zugleich arbeitete er als Subsidiar in Recklinghausen und im Dekanat
Marl. Die weite Welt lernte er schon ab 1958 bei verschiedenen
Gelegenheiten als Bordgeistlicher auf Passagierschiffen kennen.
1983 wurde Hubert Janssen als Oberstudienrat vorzeitig pensioniert. Er
leitete zusammen mit seinem Bruder Dr. Fritz Janssen das Ameland-Werk
noch bis 1988 weiter. Seit 1990 ist Hubert Janssen Geistlicher Beirat
des Berufsverbandes katholischer Arbeitnehmerinnen in der Hauswirtschaft
in Deutschland (BKH), seit 1992 im Vorstand der Pax-Vereinigung der
katholischen Kleriker in Deutschland, seit 1995 - dem Jahr seiner
Heimkehr nach Kevelaer - Subsidiar in den acht Gemeinden des
Pfarrverbandes Kevelaer.
Hubert Janssen steht in dem Ruf, keinen Konflikt zu scheuen. Er
kritisierte im Kevelaerer Blatt den, wie er meinte, „Geist der Opus
Dei-Bewegung im Mariologischen Arbeitskreis Kevelaer“ oder - zum
Kirchenvolksbegehren - in einer Tageszeitung die von ihm so empfundene
„Bevormundung des Kirchenvolkes“ durch Papst und Bischöfe. Bei einer
Fernsehdiskussion im Jahr 1887, gesendet aus dem Bühnenhaus in Kevelaer,
erregte er mit seinen Wortbeiträgen kaum weniger Aufsehen als die
Theologie-Professorin Uta Ranke-Heinemann, die sich allerdings mit ihren
Aussagen zur „Jungfrauengeburt“ der Gottesmutter („Ein zeitbedingtes
Vorstellungsmodell“) in einen so krassen Gegensatz zur katholischen
Kirche setzte, dass Ruhrbischof Franz Hengsbach ihr, nachdem sie sich
geweigert hatte zu widerrufen, die Lehrerlaubnis entzog.
Als wir - im Herbst 1999 - mit Hubert Janssen, der mit seinen Predigten
und Ansichten die einen begeistert, die anderen entgeistert, zu einem
langen Gespräch in der KB-Redaktion zusammen kommen, berichtet der
weitgereiste Priester von abgelegenen Gebieten in Übersee, wo die
Gläubigen monatelang keinen Priester sehen und deshalb ein
Gemeindevorsteher, ein Laie, die Messe zelebriere - mit Hinnahme durch
die Kirchenleitung. Janssen selbst reicht auf seinen Schiffsreisen bei
Messfeiern an Bord die Kommunion in beiden Gestalten an jeden, der den
Empfang wünscht, obgleich Janssen weiß, dass womöglich weniger als die
Hälfte der Messbesucher katholisch ist. „Das ist ein offizieller
Auftrag“, sagt der Bord- und Auslandstouristenpfarrer mit Blick auf
Fundamentalisten in der katholischen Kirche, mit denen er auf Kriegsfuß
steht.
Er fordert von seiner Kirche, dass sie die Erkenntnisse der
Wissenschaften ernster nehme. Patriarchalische Bilder hätten sich in der
Kirche so stark erhalten, dass die Vorstellung, „Gottvater ist zugleich
auch unsere Mutter“, vielen Gläubigen immer noch schwer falle. Mit
seinen Meinungen zu Themen wie „Zölibat“ oder „Priesterweihe der Frau“
glaubt sich Janssen einig mit großen Teilen des Kirchenvolks, was nicht
bedeuten muss, dass Rom den Aussagen beipflichtet.
Der 1973 mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnete Geistliche, den
auch Caritas und Malteserhilfsdienst mit Nadeln und Plaketten geehrt
haben, behält seine Auslegungen der Heiligen Schrift nicht für sich. Sie
sind in seinen Predigten hier in Kevelaer zu hören oder in seinen
Publikationen nachzulesen, so in seinem Buch „Gott, wie siehst Du aus?“
(Aachen 1998).
Wer dort nachschlägt, findet, wenn er nur Janssens Image als „Schwarzes
Schaf“ kennt, Erstaunliches, beispielsweise in dem Abschnitt „Maria im
Advent“: „Marianisch leben heißt adventlich leben, offen sein für den
ankommenden Christus, ihm die Wege bereiten, ihm eine Chance geben in
dieser Welt“. Da fallen gepflegte Vorurteile über Bord, denn so wie
diese Aussage scheint an Janssen alles „glasklar katholisch“ zu sein.
„Meister, bring deine Jünger zum Schweigen! Er erwiderte: Ich sage euch:
Wenn sie schweigen, werden die Steine schreien“, zitiert Janssen Lukas
(Lk 19,39-40) und fügt an: „Sie haben nicht geschwiegen“. In einer
solchen furchtlosen Gefolgschaft Christi begreift sich der unbequeme
Gelehrte aus Kevelaer: „Wir können unmöglich schweigen über das, was wir
gesehen und gehört haben“ (Apg 4,20). Seine Vorfahren mütterlicherseits,
erläutert Janssen in dem Buch (S. 113), seien französische Hugenotten
und Salzburger Protestanten aus dem Pongau gewesen. „Um ihres Glaubens
willen wurden sie 1732 aus ihrer angestammten Heimat vertrieben, nachdem
sie am 12. Juni 1731 in Schwarzach den sogenannten Salzbund geschlossen
hatten. Den Zeige- und Mittelfinger der rechten Hand an ein Salzgefäß
gelegt, taten sie den Schwur, ihren bis dahin geheim gelebten Glauben
offen zu bekennen und zu bezeugen, und zwar mit der Begründung: ‘Man
muss Gott mehr gehorchen als den Menschen’ (Apg 5,29)“.
Janssen will Farbe bekennen und Flagge zeigen in einem Meer von Fähnchen
der Kleingläubigkeit, des Angepasst-Seins, der Rückständigkeit. Dabei
läuft er furchtlos Gefahr, wie Küng und andere Denker ausgegrenzt zu
werden, ohne wirklich draußen zu sein. Dieses Ärgernis gegenseitigen
Missverstehens, bei dem eigenes Gerechtigkeitsempfinden eine Rolle
spielen könnte, bringt den Menschen Janssen in Bedrängnis. Er versucht
entbehrte Akzeptanz in Klerikerkreisen auszugleichen und ist nicht immer
frei von Eitelkeit. Er erzählt gern von seinen diesseitigen Erfolgen, zu
denen musikalische Kompositionen (u.a. „Ihr seid das Salz der Welt“,
„Ave Maria“), bemerkenswerte Publikationen, sein Gefragt-Sein in der
großen weiten Welt und natürlich das Ameland-Werk gehören.
Mag sein, dass einige geistliche Mitbrüder insgeheim davon träumen, so
frei wie Janssen sprechen zu können. Mit Furchtlosigkeit, einer von
Janssens Eigenschaften, hat das viel zu tun, weniger mit Mut. Bei Hubert
Janssen, der als Oberstudienrat a. D. durch eine Staatspension versorgt
wird, würden denkbare Disziplinierungsinstrumente kaum greifen. So
bleibt der Subsidiar, der in acht Gemeinden einspringt, eine
zuweilen hingenommene, zuweilen sehr gefragte Hilfe. Als Denkanstoßer
ist er wichtig.