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Erster Niederrhein-Bischof | * 1927 | Priesterweihe 1954 | Bischofsweihe 1973 | † 2013
Was
Umorientierung, Wechsel und Neuausrichtung angeht, da „macht mir so
schnell keiner was vor“, merkte Hamburgs Alt-Erzbischof Ludwig Averkamp
einmal schmunzelnd an. Er sei „an der achten Station meines
priesterlichen Wirkens angelangt“, resümierte der Bauernsohn aus Velen
im Kreis Borken: von Datteln über Rheine nach Ostbevern und Münster, von
dort nach Xanten am Niederrhein, dann ins Nachbarbistum Osnabrück, Ende
1994 schließlich in das neu errichtete Erzbistum Hamburg. Alt-Erzbischof
Averkamp hat auch als Emeritus seinen Wohnsitz in der Freien und
Hansestadt beibehalten. Sein Nachfolger ist der ebenfalls aus dem Bistum
Münster stammende Erzbischof Werner Thissen.
„Ich schätze Ludwig Averkamp als einen Mann mit überaus
menschenfreundlichem Wesen, der die Gabe des vermittelnden Ausgleichs
und der Integration besitzt“, sagte Bischof
>
Lettmann, als im November
1994 aus Rom die Kunde von der Ernennung Averkamps zum Erzbischof kam.
Er kennt seinen Mitbruder aus Jahrzehnte langer gemeinsamer Arbeit und
erinnert sich besonders an den 24. Februar 1973: Damals wurden Ludwig
Averkamp, Max Georg Freiherr von Twickel und Reinhard Lettmann im Dom zu
Münster zu Weihbischöfen geweiht. Der münsterischen Kathedrale und ihrem
Kapitel ist der Erzbischof von Hamburg bis heute als Ehrendomkapitular
besonders verbunden.
Wallfahrtseröffnung in Kevelaer 1983 (v.l.): Diakon > Heinrich Schmitz, Ludwig Averkamp, Pfarrer > Richard Schulte Staade.
Ludwig Averkamp ist den Niederrheinern aus seiner Zeit als Weihbischof (Xanten) in bester Erinnerung. Bischof Dr. Reinhard Lettmann charakterisierte ihn 1994 zum 40-jährigen Priesterjubiläum so: „Er besitzt die Gabe des Ausgleichs: Er kann Menschen mit unterschiedlichen Meinungen zusammenführen“. Das hat er in Hamburg auch nötig: Im flächengrößten deutschen Bistum, das neben Hamburg auch Schleswig-Holstein und Mecklenburg umfasst, sind die rund 410.000 Katholiken unter 5,4 Millionen Menschen eine kleine Minderheit.
Wallfahrtseröffnung in Kevelaer 2007: Bischof Dr. Ludwig Averkamp mit Pfarrer Dr. Stefan Zekorn (r.).
Mit Ludwig Averkamp wurde sichtbar und sozusagen anfassbar, was es mit
der 1973 von Bischof Heinrich Tenhumberg vollzogenen Bistumsneuordnung
für die Menschen an Rhein und Niers auf sich hatte. Die Diözese Münster
mit ihren 21 Millionen Katholiken war in drei (später fünf) Regionen
aufgeteilt worden. Weihbischof Averkamp übernahm den Niederrhein,
Weihbischof Lettmann gemeinsam mit Weihbischof Böggering den
westfälischen und Weihbischof von Twickel den niedersächsischen
Bistumsteil. Diese Regionalisierung der drittgrößten deutschen Diözese
gab zeitgemäße Antworten auf den Abschluss der Nachkriegszeit.
Weihbischof Ludwig Averkamp wurde für die niederrheinischen Gemeinden
eine feste Bezugsperson. An ihm schätzten sie die familiäre
Menschenfreundlichkeit. Er spürte selbst im scheinbar durch und durch
Schlechten noch das Gute auf. Krisen sah er nicht als Katastrophen,
sondern als Chance, neue Wege zu finden. Der Bischof: Ein
unverbesserlicher Optimist, der seiner Dissertation den Titel gab „Von
der Freude des Christen nach Paulus“.
Ludwig Averkamp und sein Nachfolger als Niederrhein-Bischof, Heinrich Janssen (r.).
Für ihn (und Nachfolger
>
Heinrich Janssen) war die Nähe zu den Gläubigen allerdings
gleichbedeutend mit zahllosen, Kraft zehrenden Reisen in die Pfarreien.
Ludwig Averkamp war häufig in Kevelaer. Bei einer dieser Gelegenheiten -
es war eine Besprechung im Dezember 1985 mit der Spitze von Rat und
Verwaltung im alten Rathaus - sagte er auf eine KB-Frage, ob die Kirche
Antworten auf die Arbeitslosigkeit habe: „Wenn eine Hausfrau und Mutter
von der Gesellschaft erfahren würde, dass sie in der Familie wertvollere
Arbeit leistet, als wenn sie acht Stunden im Büro an der Schreibmaschine
sitzt“, dann wäre schon ein großer Schritt geschafft. Bei einer solchen
„neuen Sicht“ von sinnvoller Betätigung an sich falle es jenen, die
bezahlte Arbeit haben, leichter, Anteile zu Gunsten von Arbeitsuchenden
abzugeben. Er bezeichnete es als falsch, Arbeitsumverteilungen staatlich
zu verordnen. Das sei kein Gesetzesproblem, sondern ein
Bewusstseinsproblem. - Die heute in Politik und Kirche zu beobachtende
Betonung und Förderung des Ehrenamts könnten vielleicht die Frage
beantworten, ob die Gesellschaft im Sinne Averkamps Fortschritte gemacht
hat.
Ludwig Averkamp wurde 1987 Bischof von Osnabrück und 1994 Erzbischof von
Hamburg. Drei Jahre nach seinem Amtsantritt in Hamburg wurde er von
einem Journalisten gefragt, ob er nicht wegen hoffnungsloser
Diasporaverhältnisse verzage. „Wir müssen als Kirche“, antwortete er,
„mitten in der Gesellschaft missionarisch tätig bleiben und unverdrossen
suchen. Das Bekehren ist sehr mühselige Einzelarbeit.“
Mit 75 Jahren emeritierte der Erzbischof von Hamburg. Dort ist Ludwig
Averkamp am 29. Juli 2013 im Alter von 86 Jahren gestorben.
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Dr. Ludwig Averkamp Textstellen in der Kevelaerer Enzyklopädie: |
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