WDR-Mediathek: Das Geschäft mit dem Tod

In der ARD-Mediathek ist eine Fernseh-Reportage aus dem Jahr 1965 zu sehen. Natürlich in Schwarz-Weiß. Ziemlich schwarz ist die Aussage des Films: „Das Geschäft mit dem Tod.“

Beinahe gnadenlos rattert die Angestellte eines Bestattungsinstituts in sachlicher Kühle herunter, was an Kosten für eine Beerdigung auf Hinterbliebene zukommt. Vor ihr sitzt eine trauernde Witwe. Das Gesicht hinter einem Schleier.

Sie fragt erschlagen ein ums andere Mal: „Und muss ich das auch noch bezahlen?“, „Und das kostet auch noch Geld?“

Der Film wirft einen Blick darauf, wie in den 1960er-Jahren Kommunen und Bestatter Geld „machten“ – auch weil sie die Hinterbliebenen beinahe schamlos in die Pflicht nahmen. Für ihre lieben Verstorbenen sollte, bitteschön, nur das Beste teuer genug sein.

Anders tat’s der Kölner Bestattungsunternehmer Fro Kuckelkorn. Er sagte ins Mikrofon: „Jeder, der in unserem Gewerbe tätig ist, sollte einen Schuss Idealismus mitbringen … und mehr sein als ein Sargverkäufer.“ …

… oder ein Leichenredenverkäufer, wie der WDR damals feststellt. Die christlichen Kirchen verweigerten Verstorbenen in bestimmten Fällen den kirchlichen Beerdigungsritus. „Das eröffnet einem weiteren Geschäft fantastische Möglichkeiten, dem des Leichenredners“, sagt der Sprecher.

Trauerzug in den 1960er-Jahren auf dem Weg zum Grab. Foto entnommen dem WDR-Film: "Das Geschäft mit der Trauer".

Der Film führt die Zuschauergemeinde an ein Grab. Ein Mann steht davor. Im Ornat eines katholischen Priesters. Er beginnt seine Leichenrede, salbungsvoll geleiert, immergültig passend und unpersönlich.

Dann schwenkt der Film in eine ähnliche Szene. Ein Mann im Gewand eines evangelischen Geistlichen. Er  steht über einem Grab und redet – salbungsvoll geleiert, immergültig undsoweiter…

Der Fernsehzuschauer stutzt. Moment, der Mann sieht aus wie der Kerl in der ersten Szene. Nur in anderer Kluft. Er sieht nicht nur so aus. Er ist es leibhaftig.

In der ditten Einstellung mimt derselbe Herr einen freien Leichenredner. Same procedure, salbungsvolles Geseiere… Der Mann lässt sich für alle Arten von Leichenreden buchen und wählt schlicht die passende Maskerade. Die Kirchen sind empört, nennen das Ganze „Karikatur einer christlichen Beerdigung.“ Sie sei nur unter kommerziellen Gesichtspunkten zu verstehen.

Ausführlich lässt der Regisseur echte Geistliche gegen den Verkleidungskünstler wettern und den Sinn christlicher Bestattungsriten erklären. Vieles klingt in heutigen Ohren fremd und gestrig.

Auch die Kommunen bekommen ihr Fett weg. Vor allem Köln. Die Stadt lasse die Hinterbliebenen teuer dafür bezahlen, dass sie einen Grabstein aufstellen wollen – bis 500 Mark. Auch schreibt Köln die Art des Blumenschmucks vor.  Teile der Dekoration müssen gemietet werden.

Frau Bertram fragt: "Und das kostet auch Geld?" Foto entnommen dem Film "Das Geschäft mit dem Tod".

Am Ende des Streifens geht ein Trauerzug seinen Weg. Die Kamera streift eine schluchzende Witwe. Angehörige werfen Blumen ins Grab. Der Sprecher sagt: „Der Tod sollte nicht zum Geschäft werden, nur weil er ein krisenfestes Gewerbe bietet.“ Das ist gut gesagt.

Dann wird der Sprecher selbst ein bisschen salbungsvoll: „Der Tod ist kein Streitobjekt, kein Thema der Philosophie, kein Schreckgespenst und kein Mysterium. Er ist allenfalls ein früher Schicksalsschlag, ein Ruf Gottes, eine erlösende Gnade oder ein unausweichlicher Abschluss unseres Daseins.“

Wer sich den WDR-Film ansehen möchte, klickt auf den folgenden Link:

https://www.ardmediathek.de/video/wdr-retro-spezial/das-geschaeft-mit-dem-tod/wdr/

Und wer wissen möchte, wie heute Geschäfte mit dem Tod gemacht werden, dem sei der NDR-Film „Die Tricks der Bestattungsbranche“ empfohlen, der vor wenigen Tagen am 10. Januar 2022 ausgestrahlt wurde. Markt-Moderator Jo Hiller deckt unschöne und sehr teure Maschen auf. Der Link:

https://www.ardmediathek.de/video/die-tricks-oder-die-tricks-der-bestattungsbranche/ndr/

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