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Roermonder Platz

2003 eröffnet

Roermonder PlatzDie Kreuzung der Gelderner Straße mit der Bahnstraße gehörte zu den Knotenpunkten mit hohem Verkehrsaufkommen.

Der Roermonder Platz heute.

Hier trafen sich einheimische und auswärtige Autofahrer, wenn sie die Innenstadt aufsuchten oder durch die City fuhren, um das Umland zu erreichen. Eine andere leistungsfähige "Durchfahrt" gab es nicht. Sie wurde auch nicht entwickelt, weil sich alle Hoffnungen auf die Umgehungsstraße OW 1 konzentrierten. Erst mit dieser OW 1 würde es möglich sein, die Verkehrsführung in der City nachhaltig zu verändern.

Deshalb war 1990 kaum realisierbar, was Martin Willing im Kävels Bläche als Idee skizzierte, nämlich "zwischen Post und Stassen, zwischen altem Rathaus und Bahnübergang einen verwinkelten und deshalb um so reizvolleren Innenstadtplatz heranwachsen" zu lassen.

Ab 1988 ließ sich die Stadt Kevelaer vom Verkehrsplaner Reinhold Baier aus Aachen beraten, der bereits für die Umgestaltung der Innenstadt Geldern gearbeitet hatte. 1990 lag sein Verkehrsentwicklungsplan vor, der revolutionäre Vorschläge beinhaltete, zum Beispiel den Autoverkehr ganz aus der Innenstadt herauszunehmen, den Peter-Plümpe-Platz für Autos zu schließen sowie die Markt-, Bahn- und Twistedener Straße verkehrszuberuhigen. Die meisten von Baiers Lösungsvorschlägen wurden im Rathaus als "nicht durchführbar" angesehen. Ohne OW 1 dürfe man den Verkehr in der Innenstadt nicht ausbremsen.

Roermonder PlatzWährend der folgenden zehn Jahre bahnte sich langsam, aber sicher ein "Wunder" an: Mitte 1999 erfolgte tatsächlich der erste Spatenstich für die OW 1 - 43 Jahre nach Antragstellung. Er wirkte wie ein Ventil für Ideen der Innenstadt-Gestaltung.

Die frühere Kreuzung der Gelderner Straße vor Stassen in den 1960er-Jahren. So etwa sah sie bis Anfang der 2000er-Jahre aus.

Zum Einstieg wagte sich die Stadt an eine Einbahnstraßenregelung für die Bahnstraße. Als diese "Halbierung des Verkehrs" akzeptiert war und allgemein als Vorteil für die City empfunden wurde, wuchs zum ersten Mal auch der kühne Plan eines großzügigen Platzes heran, der den Verkehrsknotenpunkt bei Stassen auflösen und ersetzen könnte.

Im Frühjahr 1999 war der Reifungsprozess abgeschlossen. Rat und Verwaltung waren sich einig, den Bereich vor dem "Kaufcenter" zwischen Bahn-, Markt- und Gelderner Straße zu einem Platz auszubauen. Mit der Namensgebung wurde das Projekt endgültig konkret: Bürgermeister Dr. Friedrich Börgers schlug "Roermonder Platz" als Bezeichnung vor. Roermond und Kevelaer, so begründete er seinen Vorschlag, stünden in enger geschichtlicher Verbindung. Kevelaer gehörte, als 1642 die Wallfahrt entstand, zum Bistum Roermond. Die längste Zeit seiner Geschichte zählte Kevelaer zu Roermond, nämlich von 1559 bis 1801.

So ganz glatt ging die Namenswahl nicht durch. Als sich im Mai 1999 der Stadtrat mit dem Namen beschäftigte, monierte die SPD, Börgers habe den Vorschlag nicht mit den Fraktionsvorsitzenden abgesprochen.

Lang, lang ist's her: Die Stassen-Kreuzung zu Beginn
des 20. Jahrhunderts.

Mit nur 15 Stimmen wurde die Bezeichnung "Roermonder Platz" beschlossen; neun Ratsmitglieder stimmten dagegen, vier enthielten sich der Stimme.

Baumfrevel für den Roermonder PlatzVom künftigen Roermonder Platz war noch nichts erkennbar, als er 2000 bereits optisch belastet wurde, und zwar durch eine große, beleuchtete Litfasssäule unweit der Ampelanlage.

Als Frevel wurde von vielen Bürgern empfunden, dass für das Platz-Projekt eine riesige alte Linde am Kopf der Hauptstraße gefällt wurde, weil sie in einem "Hochbeet" stand, das zum Niveau des künftiges Platzes nicht passte.

Baumfrevel für eine Platzgestaltung: Diese alte Linde am Kopf der Hauptstraße wurde gefällt, weil die Planer das "Hochbeet" der Linde nicht mit dem Niveau des künftigen Roermonder Platzes in Harmonie zu bringen verstanden.

Den eigenen Leuten im Rathaus trauten die Grünen nicht über den Weg; sie beantragten im März 2000, ein Fachbüro mit der Planung des neuen Platzes zu beauftragen, wobei besonderer Wert auf die Sicherheit der Radfahrer zu legen sei.

Im Jahr darauf stockte die weitere Entwicklung des Roermonder Platzes, weil durch ein neues Projekt - ein Warenhaus am Bahnhof - die Karten neu gemischt wurden und man sich vorstellte, durch den Abriss des "Kaufcenter"-Gebäudes neue Gestaltungsmöglichkeiten für den zentralen Platz zu gewinnen.

Im Frühjahr 2002 verknüpfte die Stadt die Platz-Ausbaupläne mit den Planungen für eine Erneuerung der Kanäle in diesem Bereich. Beide Projekte wurden zusammengefasst, um die Kosten und Behinderungen möglichst gering zu halten. Klarheit war noch nicht gewonnen. Inzwischen geisterte auch die Idee einer Tiefgarage unter dem Peter-Plümpe-Platz durch die politischen Gremien. Auch wo die Pilgerbusse demnächst die Gäste aussteigen lassen würden, war ungeklärt.

Eines jedoch war klar: Die Bahnstraße würde stadteinwärts nur für Einbahnverkehr geöffnet und gleichzeitig verkehrsberuhigt sein. Und auch dieses: Mitten auf dem Platz sollte ein Brunnen sprudeln. Angedacht war eine Baumhecke zum "Kaufcenter" hin, um es hinter Grün verschwinden zu lassen.

Die Ideen stießen keineswegs nur auf Begeisterung. Viele Bürger äußerten sich in den Anhörungen kritisch über den befürchteten "Verlust von Parkplätzen". Auch die Kirchengemeinde zeigte sich wenig begeistert, als vorgeschlagen wurde, die Ummauerung des Kirchhofs zu entfernen und Kirchhof und Roermonder Platz nahtlos miteinander zu verschmelzen. Außerdem: SPD, KBV und FDP sprachen sich im Frühjahr 2002 gegen die Umgestaltung von Bahn- und Gelderner Straße zum damaligen Zeitpunkt aus.

Roermonder Platz 1996Zunächst wurden die Abwasserkanäle in Bahn- und Gelderner Straße saniert. Dann begann der Umbau der Bahnstraße von den Schranken bis zu "Alt Derp". Der stark verschlissene Unterbau der Gelderner Straße wurde erneuert und bis zur Antoniusstraße mit einem neuen Kanal versehen. Zwischenzeitlich hatte man sich das Pflaster für die jeweils 6 x 6 Meter großen Felder auf dem Roermonder Platz ausgesucht.

Der Roemonder Platz 1996.

Die Kevelaerer freundeten sich mit dem Gedanken an, dass hier ein großer Platz mit einem mehr als acht Meter hohen Obelisken in einem Brunnen als Mittelpunkt entstehen würde.

Die kritischen Stimmen verstummten allerdings nicht: Der Künstler Paul Wans sprach von einer drohenden "Kaputtverschönerung" dieses zentralen City-Punkts. Der große Obelisk sollte ein Geschenk des Natursteinwerks van Ommeren und ein Dankeschön an die Stadt für die Hilfe bei der Ansiedlung des Unternehmens am Stadtrand sein.

Paul WansDie moderne Gestaltung des Platzes wurde als gewöhnungsbedürftig empfunden. Doch bis heute gilt er wohl den meisten - auch Dank seiner Beleuchtung mit Hilfe zahlreicher Lichtstelen - als gelungenes, repräsentatives Entree für die City, für das Beigeordneter Karl-Ulrich Braasch teilweise gegen seine eigenen Vorstellungen federführend verantwortlich gewesen war.

Paul Wans: Kevelaer verschönert sich kaputt.

Die Aufgabe war überaus anspruchsvoll, denn es handelte sich um Kevelaers ältesten Platz, der schon existierte, als es die Wallfahrt noch nicht gab. Ihn zeitgemäß zu gestalten und zugleich in seiner historischen Bedeutung zu betonen, war ein Problem, dessen Lösung Zuspruch und Kritik gleichermaßen hervorrufen musste.

Auch der Obelisk wurde von einigen Kritikern abgelehnt. Er sei nun alles andere als "christlich" und rage wie ein Monument in den Himmel und das ausgerechnet in der Blickachse zur Marienbasilika. Als Anfang 2003 bekannt wurde, dass der Obelisk zweigeteilt würde, wodurch die beiden acht Meter höhen Säulen "viel lockerer" wirkten, bröckelte der Widerstand. Versöhnlich stimmte zudem der Plan, zusätzlich eine alte Pumpe mit Figuren zweier Kinder aufzustellen.

Herbert CürversGoldschmied Herbert Cürvers sen. hielt an seiner kritischen Einstellung fest: Kevelaer bringe sich mit der Gestaltung des Roermonder Platzes um die Chance, das historische Gesamtbild zu verbessern.

Herbert Cürvers sen.: Historisches Gesamtbild nicht verbessert.

Die Inflation von obeliskenartigen Pfeilern im Bereich der Kirchenummauerung und nun auch noch auf dem Roermonder Platz stelle keine Verbesserung dar. Paul Wans ätzte: Hier entstehe ein "Paal-Mal 2003".

Horst KuhrtIm Mai 2003 waren fast 1,7 Millionen Euro für den nun 3.000 Quadratmeter großen Platz und die angrenzenden Straßen verbuddelt. Von einer Pumpe freilich, die Horst Kuhrt von der Gelderner Straße vorgeschlagen hatte, war nichts zu sehen.

Horst Kuhrt: Von einer Pumpe nichts zu sehen.

Als KBV-Ratsherr Heinz-Josef van Aaken nachhakte, wo die versprochene Pumpe abgeblieben sei, erläuterte Beigeordneter Karl-Ulrich Braasch, wegen der Dimensionen des Platzes sei entschieden worden, diesen zunächst fertigzustellen und auszugestalten, um anschließend den endgültigen Standort für den "Pumpen-Brunnen" festzulegen. Wasseranschlüsse seien bereits an verschiedenen Standorten gelegt.

Wenig später fragte auch FDP-Ratsherr Klaus Sadowski nach der Pumpe, für die es auf dem Platz ein historisches Vorbild gegeben hatte. Wiederum versicherte Braasch, dass die Pumpe eingeplant sei. Sie könne problemlos zu einem späteren Zeitpunkt aufgestellt werden.

Ende Mai 2003 feierte die Werbegemeinschaft Bahnstraße die Fertigstellung ihrer Einkaufsstraße.

Verzichtet wurde um diese Zeit auf den ursprünglichen Plan, die Doppelstele mit Ornamenten, die Eckdaten der Stadtgeschichte bezeichnen sollten, auszustatten. Noch standen die beiden Hochsteine nicht. Sie befanden sich im Sommer 2003 noch in China. Erst im Herbst würden sie nach Europa geschifft. Deshalb wurde die feierliche Eröffnung des Roermonder Platzes, eigentlich für Mai vorgesehen, auf den September verschoben.

Helmut PetersUnterdessen tobte im Hintergrund ein kleiner Rosenkrieg. Bürgermeister Heinz Paal, frisch aus dem Urlaub zurück, ärgerte sich maßlos über die gepflanzten Rosen, die nicht blühten. Das tun sie zwar meistens nicht zur Unzeit, aber der Lieferant, ein Kevelaerer Gärtner, wurde bezichtigt, drittklassige Rosen gesetzt zu haben (worauf der Gärtner - es handelte sich um Helmut Peters - dem Bürgermeister mit einer Verleumdungsklage drohte).

Helmut Peters: Rosenkrieg mit Bürgermeister Heinz Paal.

Als Paal erkannte, dass der Gärtner "unschuldig" an den nicht blühenden Rosen war, wuchs Braasch in die Rolle des Rosensündenbocks hinein. Der Beigeordnete habe versagt, indem er Rosen bestellt habe, die nicht ewig blühen. Die Auseinandersetzung zwischen Paal und Braasch im Rosenkrieg war im ganzen Rathaus zu hören und endete mit der Drohung eines Disziplinarverfahrens gegen Braasch, das sich allerdings später durch eine taktische Entschuldigung von Braasch für leider nicht existierende, ewig blühende Rosen in Wohlgefallen auflöste.

Von dem Ärger bekam die Bevölkerung zunächst nichts mit. Bereits im Juli 2003, als Ziersäulen und Brunnen noch fehlten, konnte das KB melden: "Die Menschen, die hier flanieren, haben den Roermonder Platz bereits angenommen." Und: "Friedrich Börgers, der im Mai vorigen Jahres verstarb, hätte wohl seine Freude an dem großen Platz gehabt. Auch wenn der Platz anders heißt, kann er die Einheimischen an einen aufrechten, großen Kevelaerer erinnern."

Und dann blühten sie doch rechtzeitig! Die Rosen von Helmut Peters präsentierten sich im Juli in einer Blütenpracht wie aus dem Bilderbuch. Und flugs wurde die Eröffnungsfeier auf Samstag, 26. Juli 2003, gelegt - trotz der noch fehlenden Stelen. Das Bürgerfest war eine Duftwolke wie die Rosenbatterien.

Der Pfarrer der benachbarten St.-Antonius-Kirche, Alois van Doornick, Pfarrerin Karin Reinhardt (Dembek) von der evangelischen Kirche und Pastor Bernd Tubach von der evangelisch-freikirchlichen Gemeinde nahmen die Segnung vor. "Wir segnen das Leben auf dem Platz, nicht die Bausteine, nicht das Werk“, sagte Alois van Doornick. Zuvor hatte Bürgermeister Heinz Paal Worte der Anerkennung und des Dankes an alle Beteiligten gesprochen.

Es wurde 2004, und die Stelen waren immer noch nicht angekommen. Im Februar würden sie eintreffen, berichtete Beigeordneter Braasch dem nachfragenden Ratsherrn Josef Zeller. Anfang März lagerten die beiden aus China importieren Granitquader am Hoogeweg. Aus ihnen baute Steinmetz Karl Hoß die beiden acht Meter hohen Türme für den Roermonder Platz zusammen. Mit Pappmaché-Attrappen ermittelten Mitarbeiter der Stadtverwaltung die optimale Position der beiden Türme. Enttäuscht war Künstler Norbert Vorfeld, der den Entwurf zum Werk geliefert hatte, dass der Granit nicht tief schwarz war, sondern anthrazitfarben und dazu glänzend und marmoriert. Acht Quader wurden wie Bauklötze zu zwei Türmen gestapelt.

Unverdrossen wurde die Pumpenfrage immer wieder gestellt. Im Frühjahr 2004 wollte Heinz Platzer (KBV) wissen, was mit der "historischen Pumpe auf dem Roermonder Platz" sei. Paal vertröstete, das Thema werde später aufgegriffen, wenn die "Kostensituation" klar sei.

Ende 2005 wurde immer klarer: Horst Kuhrt war mit seinem Pumpen-Projekt endgültig vor die Pumpe gelaufen.

Roermonder Platz
Ist die Statik der beiden Türme auf dem Roermonder Platz noch in Ordnung (2013)?
Fotos: Martin Willing

Die beiden anthrazitfarbenen Türme auf dem Roermonder Platz, die zunächst ein einteiliger Obelisk sein sollten und dann zweigeteilt wurden, hatten nicht nur Freude ausgelöst, als sie zum ersten Mal in Augenschein genommen werden konnten. Nun, zehn Jahre danach, sollte man aus Sicherheitsgründen die Türmen etwas genauer beäugen: Die Steine sind an einigen Stellen über die gesamte Breite gerissen.

Auf den ersten Blick sehen die Risse wie Schmutzfäden aus. Beim Befühlen allerdings wird klar: Zumindest die Oberfläche hat Risse bekommen. Der Stein ist offenkundig in Mitleidenschaft gezogen. Sollte dadurch die Statik des acht Meter hohen Bauwerks beeinträchtigt werden, hätte die Stadt ein Sicherheitsproblem mitten in der City.

Obelisk
Was wie Schmutzfäden aussieht, sind in Wirklichkeit Risse: Die beiden Säulen auf dem Roermonder Platz sind beschädigt (Aufnahme von 2013).

© Martin Willing 2012, 2013