|
|
|
Galerist mit Mut in Kevelaer | * 1919 | † 2002
In seinem Herzen war er ein Abenteurer - nicht weil er fremde Länder bereiste, sondern weil er Kunst und Kultur fremder Länder nach Kevelaer holte. Vor fast 30 Jahren ermöglichte Willi Kocken seinen Kunden in der neu gegründeten Galerie zum ersten Mal solch eine hautnahe und umfassende „Expedition“ zu originalen Werken.
Willi Kocken (1996).
Das war 1971. Es dauerte nicht lange, und Willi Kocken hatte die ersten
Kritiker seiner ungewöhnlichen Ausstellungen gegen sich; manch einer
belegte den Ur-Kevelaerer hinter vorgehaltener Hand mit dem Schimpfwort
„Bolschewist“ - Willi Kocken hatte 1973 mitten im Kalten Krieg den Mut
gehabt, die erste Ausstellung von Werken russischer Künstler zu zeigen.
Den Nörglern fehlte das Gespür dafür, daß Kunst eine eigene Sprache ist,
so frei wie die Gedanken selbst.
Willi Kocken lag diese Sprache im Blut. Vielleicht hatte er es mit ihr
etwas leichter als andere, denn er war nicht nur Kunsthändler, sondern
immer auch Künstler. Einige seiner Werke, darunter ein schlicht-schönes
Bronze-Kreuz mit Mosaikarbeiten, stehen noch heute in der Galerie, die
Willi Kocken 1985 an seinen Sohn Herbert übergeben hat.
Willi Kocken
und sein Sohn
Herbert (1996).
Als junger Mann, lange vor der Eröffnung seiner Galerie, hatte Willi
Kocken eine künstlerische Laufbahn einschlagen wollen und als
Voraussetzung für den Besuch der Werkkunstschule in Krefeld das
Malerhandwerk erlernt.
Das kam ihm nach dem Krieg zugute. Um seinen Lebensunterhalt und sein
Studium an der Meisterschule unter den Professoren Bertlings, Fünders,
Goossens und Zeiser zu finanzieren, strich er in Kevelaer Fußböden und
tapezierte Wände, erlöste mit seinen Diensten bei Landwirten Wurst und
Schinken. Die gab der junge Willi bei seinen vor Hunger geschwächten
Dozenten in Zahlung.
Als Kocken nach seiner Ausbildung 1952, jung verheiratet mit Hanna, ein
Geschäft an der Hauptstraße vorwiegend mit religiöser Kunst eröffnete,
gaben ihm viele Kevelaerer kein Jahr. Dennoch hatte er besondere
Freunde. Wenn Pastor
>
Heinrich Maria Janssen, der spätere Bischof von
Hildesheim, vorbeikam, steckte er gelegentlich den Kopf zur Türe herein
und fragte, Mut machend: „Löpt et?“
Willi Kocken 1986 in
geschäftlicher Besprechung (v.l.): Sohn Willi Kocken, Willi Kocken sen.,
Architekt
>
Werner Helmus und Sohn Herbert Kocken.
Es lief. Willi Kocken blieb mutig, machte nicht, was alle machten,
kaufte nicht, was andere kauften: Kocken fuhr zu den Künstlern selbst,
lernte Persönlichkeiten kennen, erstand vor allem Schnitzkunst. Später
war er der einzige weit und breit, vermutlich sogar nach dem Krieg der
erste in Deutschland, der mit ausländischer Kunst handelte.
Auf einer Messe in Frankfurt kaufte er einmal einen ganzen Stand auf,
obwohl das verboten war. Irgendwie schaffte er es, die Ware durch die
Sperren zu bringen.
Mit seiner Frau Johanna Kocken,
geb. Timmermann (* 1916, † 2012), feierte Willi Kocken im Jahr 2000 das
Fest der Goldenen Hochzeit. Da war der Senior bereits von seiner
Krankheit gezeichnet.
Noch lange freute er sich an diesem Coup, zählte gern die Länder auf,
deren Kunst er schon damals zeigte: Stücke aus Bali, Peru, Mexiko und
Spanien, später auch aus Afrika. Sein Wunsch wuchs, regelrechte
Ausstellungen anzubieten. So eröffnete er 1971 zusätzlich zur Heimkunst
seine Galerie. Trotz einiger Nackenschläge wurden die
Ausstellungseröffnungen bald zu gesellschaftlichen Ereignissen, zu denen
die Damen in Abendgarderobe erschienen.
Vielen sind die Ausstellungen unvergessen - vor allem die der Künstler
Jan Makkes, Fons Verstraeten, Peter Calmés, Marc Chagall, Ursula Elbin,
Professor Fröhlich, Jean Penuel, Robert Schuppner und Brigitta Zeumer.
Zu Werner Labbé hatte Willi Kocken stets ein intensiv freundschaftliches
Verhältnis. Die beiden Künstler mochten sich, haben viel zusammen
verwirklicht. Gern erinnerte sich Kocken, wie er und Labbé mit dicker
Zigarre und bei einem Glas Rotwein stundenlang über „Gott und die Welt“
plauderten.
Kocken gab vielen, oft noch unbekannten und später berühmten Künstlern
in seiner Galerie einen hochwertigen Markt. Sie hatten Gewinn an ihm und
seinen weitreichenden Beziehungen. - Aus vielen „normalen“ Menschen
machte Kocken lebenslängliche Kunstfreunde: Willi Kocken führte sie in
die besondere Sprache der Kunst ein, die so frei ist, wie die Gedanken
selbst. In diesem Sinne war er ein Lehrer.
Aber niemand hat´s gemerkt.
*
Willi Kocken Textstellen in der Kevelaerer Enzyklopädie: |
| Hans-Josef Kuypers | Marketingpreis | Wallfahrt der Karnevalisten | Karl Vos | |