Unlängst jährte sich zum 25. Mal der Todestag von Pastor Wilhelm Overlack, der über zwei Jahrzehnte lang an St. Antonius Kevelaer gewirkt hatte. Er starb 1997 im Alter von 91 Jahren.
Er freute sich, wenn ihn seine alte Gemeinde St. Antonius brauchte, und die Gläubigen freuten sich, ihn wiederzusehen.
Er war einer der dienstältesten Geistlichen im Bistum Münster und der einzige, der seine 65 Jahre priesterlichen Wirkens ausschließlich am Niederrhein verbrachte. Er liebte diesen Landstrich und erlebte hier im normalen Alltag ein erfülltes Dasein. Ihm war Disziplin eine gute Hilfe: Jeder Tag war fest gefügt, hatte seine geplante Ordnung, die ihm Halt gab.
Seine Zeit in Kevelaer hatte er an Christi Himmelfahrt 1953 begonnen. Damals schrieb das Kävels Bläche:
“Der Hochwürdigste Herr Bischof hat den bisherigen Kaplan Wilhelm Overlack aus Rheinhausen, St. Josef, zum Pastor an der St. Antonius-Pfarrkirche ernannt. Herr Pastor Overlack ist 1905 in Sterkrade geboren und wurde 1930 in Münster zum Priester geweiht. Er gehörte zum gleichen Weihekursus wie Herr Rektor Dyckmans. Mit der Ernennung zum neuen Hirten für den Pfarrbezirk St. Antonius bekommt die Neuregelung der Seelsorge in Kevelaer festere Formen.”
2000 Gläubige versammelten sich in der Kirche, um Wilhelm Overlack willkommen zu heißen.
Wilhelm Overlack 1990.
Er war in der Großpfarrei St. Antonius Kevelaer zunächst Pastor für den neu einzurichtenden Seelsorgebezirk St. Antonius; der zweite neu einzurichtende Bezirk war St. Marien. Die Pfarrgemeinde St. Marien gab es noch nicht; so „managte“ St. Antonius über 10.000 Gläubige in der Stadt und die Wallfahrt noch dazu.
„Mit dem Himmelfahrtstag“, schrieb Wilhelm Overlack einmal in einer Chronik, „beginnt wieder das Eigenleben von St. Antonius.“ Längst hatten bis dahin viele Gläubige das Gefühl dafür verloren gehabt, wo sie „zu Hause“ waren – in der Pfarrkirche St. Antonius, in der Marienbasilika, in beiden oder in keiner?
1955 wurde der Teilungsvertrag unterzeichnet. Die kirchenrechtliche Abtrennung war immer wieder verzögert worden, weil die grundbuchlichen Verhältnisse über die Jahrhunderte undurchsichtig geworden waren und neu geordnet werden mussten.
Endlich konnte der Bischof von Münster dem Niederrheiner Wilhelm Overlack eines der schwierigsten Ämter anvertrauen, die er zu vergeben hatte: Overlack wurde Pfarrer der neu strukturierten Pfarrgemeinde St. Antonius.
Overlack selbst schrieb über die Ereignisse:
„Als es nun nach dem Krieg auch für die Kirche galt, von neuem anzufangen, nicht nur das Zerstörte aufzubauen, sondern auch die Strukturen der Kirche und die Methoden der Seelsorge auf die Gegebenheiten unserer Zeit einzustellen, was lag da näher als der Gedanke, die große Gemeinde in zwei übersichtliche Seelsorgebezirke aufzuteilen und damit in etwa Pfarrseelsorge und Wallfahrt zu entwirren. Das entsprach zudem ganz dem Programm des damaligen Bischofs Dr. Michael Keller für das Bistum Münster, alle Pfarren über 10.000 Seelen aufzuteilen.“
Overlack erkannte in der Teilung der einen Super-Gemeinde eine einmalige Chance. Die Pfarrei St. Antonius konnte sich zu einem neuen Selbstverständnis mit ausgeprägtem Eigenleben aufmachen. Overlack „rückte“ die Pfarrkirche St. Antonius in den Mittelpunkt seiner Gemeinde.
1957 zog er vom Interims-Pfarrhaus, dem früheren “Kölner Hof” an der Hauptstraße, in das neu gebaute Pfarrhaus hinter der St. Antonius-Kirche.
Es gab auch Schattenseiten. So unterzeichnete Wilhelm Overlack im selben Jahr als Präses ein Schreiben der KAB Kevelaer, das den Politiker Hans Willems aus der Bewegung ausschloss. In dem Schreiben hieß es: “Hans Willems hat als Mitglied der KAB bei den Kommunalwahlen für die SPD kandidiert. Aufgrund seiner freiwilligen Kandidatur auf der Liste der SPD hat er 1. sich selbst aus der KAB-Bewegung ausgeschlossen; 2. sich gegen das Gelsenkirchener Programm gestellt und 3. gegen die KAB-Satzung verstoßen.”
Intensiv kümmerte sich Wilhelm Overlack darum, das kriegsbeschädigte Gotteshaus, das teils noch im Rohbau stand, renovieren und vollenden zu lassen. Overlack initiierte für die Gemeinde den Bau eines Kindergartens (Fertigstellung 1959) und eines Jugendheims (1965).
In der Gemeindearbeit konzentrierte sich Wilhelm Overlack auf die Verkündigung und begleitete junge und alte Pfarrangehörige als Mann des Gottesdienstes, des Gebets und der leisen Töne durch die Zeit. Mit dieser Form der Seelsorge gewann er die Herzen der Menschen und verhalf ihnen zu einem neuen Eigenverständnis als Pfarrgemeinde, die sich gleichwohl gern zu ihrer Verantwortung als „Muttergemeinde“ der Wallfahrt bekannte – und bekennt.
In diesem Geist entwickelte sich unter Wilhelm Overlack (fortgeführt von seinen Nachfolgern Gerd Coenen, Alois van Doornick und Andreas Poorten) ein reiches Pfarrgemeindeleben, dem 1981 die Zerstörung der Kirche durch einen Brand nichts anhaben konnte. Im Gegenteil: Selten haben die Gläubigen das Zusammengehörigkeitsgefühl so stark erlebt wie in den Jahren der „fehlenden“ Pfarrkirche.
1975 wollte er einem Jüngeren Platz machen. Er übernahm die kleine St. Petrus-Pfarre in Xanten-Obermörmter, ging 1981 endgültig in den Ruhestand, zog zurück nach Kevelaer, half aus, wo er konnte, und starb 1997 mit 91 Jahren.
Als Vorarbeiter für die geistige Einheit hat Wilhelm Overlack einen festen Platz in der Geschichte der ältesten Kirchengemeinde von Kevelaer.
Damals konnte Wilhelm Overlack nicht ahnen, dass einmal der umgekehrte Weg gegangen werden würde: nicht die Trennung einer Gemeinde in zwei Gemeinden, sondern letztendlich eine Erweiterung von St. Antonius auf alle Gemeinden im Stadtgebiet mit Ausnahme von St. Marien. Die Anforderung, eine geistige Einheit zu schaffen, bleibt aktuell.