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INHALTSVERZEICHNIS

KEVELAER (7)

Dank- und Mahnmal an der Basilika

Werk des Bildhauers Bert Gerresheim

Die Basilikaglocken riefen brausend wie ein Orgelsturm zum Abschluss der Wallfahrtszeit. Menschen strömten herbei. Das Jahr hatte sie „hinaus ins Weite" geführt. Jetzt dankten sie für ihre Wege und Pilgerwege und feierten an Allerheiligen (2008) mit dem Osnabrücker Bischof Dr. Franz-Josef Bode den letzten Tag des Pilgerjahrs. Mit den Konzelebranten Wallfahrtsleiter Dr. Stefan Zekorn, Pastor Alois van Doornick, Pastor > Richard Schulte Staade und weiteren Priestern beging er einen festlichen Gottesdienst, der - wie Bode sagte - auch durch die Begleitung der Basilikamusik „kaum zu toppen" sei.

Bode schloss segnend die Pilgerpforte am Turm der > Basilika - jenes Turms, unter dem im Krieg vor 63 Jahren das Gnadenbild vergraben lag und der damit selbst zum „Gnadenort" geworden war - bedroht durch die beschlossene Sprengung.

Jetzt, am Samstag, zogen die Gläubigen ins Forum Pax Christi. Stefan Zekorn dankte allen, die geholfen hatten, den Wallfahrtsort zu tragen und zu stärken, allen voran den 300 Pilgerleitern der Kevelaerer Bruderschaften und Vereinigungen und den vielen Menschen vor Ort. Sie setzten sich in den verschiedensten Bereichen und Gruppen „in großartiger Weise für die Wallfahrt ein".

Der Bischof erinnerte an den 11. September 2001 und an den Schrecken über das „Netzwerk des Bösen", das die Welt überziehe, geknüpft und getragen auch von Menschen, die unerkannt unter uns lebten und fanatisch einen unheiligen Krieg anzettelten. Bode hielt den Schrecknissen das Netzwerk der Seligen und Heiligen entgegen. „Unterschätzen wir nicht die Kraft dieses Netzwerks." Heilige seien immer schon Namensgeber der Menschen gewesen und hätten ihnen durch ihre eigene Lebensgeschichte ein Gesicht gegeben. So sei Geschichte weitergetragen worden. Sie sei zugleich die Geschichte eines Gottes, der nach Menschen benannt werde. Er sei der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs.

Bode rief: „Lassen wir die Namen unserer Kinder wieder sprechen von denen, die vor uns gelebt haben", die so tief in der Volksfrömmigkeit verwurzelt seien und in den Alltag hineinwirkten, dass die Menschen nach ihnen ihre Zeit gestaltet hätten, nach den Heiligen Martin und Nikolaus, nach Peter und Paul, nach Johannes und den vielen anderen.

Nicht nur die Zeit, auch Orte und Bauwerke seien gekennzeichnet durch Heilige - wie der Marienwallfahrtsort Kevelaer. Die Geschichte der Heiligen und ihre Verehrung ziehe die Menschen hinaus ins Weite, ermuntere sie, Grenzen zu überschreiten und damit zugleich ihre eigene Heimat, ihre Beheimatung im Glauben zu stärken. So werde jede Wallfahrt zu einem Mitknüpfen am Netzwerk des Glaubens und der Liebe.

Bode wandte sich an die Gläubigen im Forum: „Ich möchte Ihnen allen danken, dass Sie an diesem Netzwerk des Heils mitgeknüpft haben," das seit Jahrhunderten die Zeit durchwebe und Menschen Alltagskraft schenke. Heilige führten Menschen „in die Weite„. Es sei die Weite, „die aus der Nähe Gottes kommt."

Bischof Bode, Bildhauer GerresheimBischof Dr. Franz-Josef Bode segnete im Brunnenhof der Basilika die Skulpturen des Künstlers > Bert Gerresheim ein, die an die Schrecknisse des Zweiten Weltkriegs erinnern.

Segnung des Dank- und Mahnmals an der Marienbasilika: Bischof Bode, Bildhauer Bert Gerresheim.
Fotos: Martin Willing

Pfarrer Stefan Zekorn dankte dem ungenannten Spender des Werks für dessen Großherzigkeit und erinnerte bewegend tiefgründig und sachkundig an die Ereignisse im März 1945, als mit der Basilika das Gnadenbild in Gefahr geriet. - Bürgermeister Dr. Axel Stibi dankte ebenfalls dem Stifter, „der ein Herz für unsere Muttergottes und für unsere Stadt hat."

Maria beschützt Gnadenkapelle, Gnadenbild und BasilikaBert Gerresheim stellte sein Werk als ein Gedenkbild für die Augen vor. Frömmigkeit kenne viele Weisen, die der Hand, die des Wortes, des Gebets und des Schweigens und die der Augen.

Maria stützt Gnadenkapelle und Basilikaturm, ihr Sohn hält schützend seine Hand darüber.

Der Brunnenhof sei mit seinen Bildern ein Ort der Augenfrömmigkeit, wo Heilserwartung zu schauen sei. Bert Gerresheim sagte: „Machen Sie die Augen auf. Hier können Sie mit Ihren Augen beten."

Gnadenkapelle und Basilikaturm wirken in den Händen Mariens wie eine Einheit. Bert Gerresheim, der Schöpfer der Skulptur, traf damit den entscheidenden Punkt: Denn in der Endphase des Kriegs, als die Basilika gesprengt werden sollte, war der Turm viel mehr als nur ein weithin sichtbares Zeichen. Er war 1945 die Schutzherberge für das Gnadenbild. Beides - Turm und Heiligtum - waren in höchster Gefahr. Was außer Pastor Wilhelm Holtmann und sieben Eingeweihten niemand wusste: Die Basilika war zu diesem Zeitpunkt zur „heimlichen Gnadenkapelle“ geworden, denn unter dem Turm der Basilika - zwischen dem Mittelschiff und dem rechten Schiff - lag das Gnadenbild der Trösterin der Betrübten vergraben und eingemauert. Bei einer Sprengung hätte es für immer verloren gehen können.

Gedenkbuch für die KriegstotenDie beiden neuen Gerresheim-Skulpturen an der Marienbasilika, die sich zuwenden, greifen die zwei Gesichter des Wunders von Kevelaer auf:

Zum einen ist zu danken für die Verschonung von Gnadenkapelle und Basilikaturm und damit auch des Gnadenbildes; ihr Überleben steht stellvertretend für die Verschonung Kevelaers. Auch wenn erhebliche Schäden und Todesopfer nach Bombenangriffen zu beklagen waren, hat Kevelaer kein so schreckliches Schicksal wie Kleve, Goch oder Wesel erleiden müssen, die fast restlos zerstört wurden.

Gedenkbuch für über 1000 Todesopfer des Zweiten Weltkriegs.

Zum anderen ist mahnend daran zu erinnern, dass im Kevelaerer Gedenkbuch der Toten des Zweiten Weltkriegs über tausend Namen stehen - Soldaten, die an fernen und nahen Fronten ihr Leben verloren haben, Einwohner, die in Kevelaer Opfer geworden sind, Kevelaerer, die in ihren Evakuierungsorten fern der Heimat den Tod gefunden haben.
In ihren letzten Stunden waren sie nicht allein. Es ist vielfach bezeugt, dass Soldaten aus Kevelaer das kleine Bild der Trösterin der Betrübten am Herzen trugen, als sie in den Schützengräben lagen. Und niemand weiß, welche Wunder sich ereigneten, als die Soldaten beteten:

„... bitte für uns, jetzt und in der Stunde unseres Todes“.

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© Martin Willing 2012, 2013