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  Blattus Martini | ACH SO!

Die 1001. Geschichte aus "Tausend und einer Nacht"

Aus dem Leben eines Motorradfahrers

Winfried Janssen, Martin Willing, Delia EversHabe ich Ihnen schon mal erzählt, dass ich viele Jahre Motorrad gefahren habe? Ja, tausend Mal, aber diese 1001. Geschichte aus Tausend und einer Nacht noch nicht. Sie beginnt in den 1960er-Jahren mit einem Heinkel-Roller...

Meine erste Goldwing (hier bei der Premiere der Motorradfahrerwallfahrt 1985 mit Winfried Janssen und Delia Evers).

Ich kaufte mit 17 Jahren einen gebrauchten Heinkel für 200 Mark und zählte die Tage, bis ich 18 und in Besitz eines Führerscheins war. Mit 19 ging ich auf große Tour und rollerte bis zur spanischen Mittelmeerküste. Auf dem Rückweg gab der Heinkel ausgerechnet in Todtnauberg hoch im Schwarzwald seinen Geist auf. Zum Glück oben auf dem Berg: Denn so konnte ich die vielen Kilometer bis zur Werkstatt in Lörrach aus eigener Kraft, allerdings ohne laufenden Motor, rollen. Es ging ja immer abwärts...

Dann folgten zwei große BMWs, eine 500er- und eine 600er, die ich - immer noch Schüler - für wenig Geld kaufen konnte. Wenn ich mich recht erinnere, verlief fast keine Ausfahrt mit den betagten Krädern ohne Panne.

Sobald ich als Jungredakteur mein erstes Geld verdiente, legte ich mir eine fabrikneue Maschine zu - eine BMW R 75/5, damals der Inbegriff eines "großen Motorrads". Sie nahm ein unprosaisches Ende: Ich war in Emmerich sesshaft geworden, baute einen alten Kotten aus und brauchte jeden Pfennig. Die schöne BMW wurde zu Geld gemacht.

Heinkel-RollerDer Käufer gab mir seinen alten Heinkel-Roller in Zahlung, den ich als Ersatz-Motorrad und als Baustellenfahrzeug nutzte. Sie glauben gar nicht, was man mit dem Heinkel alles befördern konnte!

So sieht ein Heinkel-Roller aus.

Mitte der 1970er-Jahre - inzwischen arbeitete ich in Geldern und Kevelaer - leistete ich mir wiederum eine neue BMW. Sie fiel allerdings nach einigen Jahren dem Zeitmangel zum Opfer, und es schien, als wäre die Zeit auf zwei Rädern endgültig vorbei. Mitte der 80er trat der schöne Rückfall in Gestalt einer 500er-Honda ein. Diese relativ "kleine" Maschine, eigentlich zur Zivilisierung meiner alten Sehnsüchte angeschafft, tat das genaue Gegenteil: Schon bald tauschte ich die 500er gegen meine erste Honda-Goldwing ein, einen Bolzen mit damals sagenhaftem Hubraum von 1,2 Litern. In jener Phase kam es übrigens zur Gründung der Motorradfahrerwallfahrt in Kevelaer.

Da war sie wieder - die wunderbare Zeit, in der sich kein Mensch um Spritkosten Sorgen machen musste und ich mal eben zum Mittelmeer bretterte, am Strand einen Kaffee trank und wieder zurück nach Kevelaer flog. Auf der Autobahn war natürlich nur Vollgas angesagt. Dass Goldwing-Fahrer auf ihrem Sofa nur gemütlich dahingleiten, widerlegte ich mit durchweg 190 km/h nachhaltig.

1988 stieg ich auf die 1500er-Goldwing um, einen schweren Sechszylinder-Koloss, dessen elektrischer Rückwärtsgang beim Rangieren unerlässlich ist. Ich fuhr sie viele Jahre, und das in zwei Versionen: Zunächst als Solomaschine, dann als Gespann: Ich ließ meiner Goldwing einen zweisitzigen Beiwagen anbauen, was übrigens mehr kostete als die Maschine selbst.

MotorradgespannObwohl der geldliche Aufwand für das große Gespann in Regionen vorstieß, wo der Schwachsinn begann, bereute ich nichts. Und wen kümmerte damals der unglaubliche Spritverbrauch?

Mein Goldwing-Gespann (hier mit dem Logo der Bewegung Maria Kevelaer, das ich während der Motorradfahrerwallfahrt mitführte).

Ab etwa 130 km/h liefen satte 15 Liter durch die Vergaser, was mich bei einem Tankvolumen von 21 Litern zwang, jede zweite Tankstelle an der Autobahn aufzusuchen.

Es war weniger der Ärger mit den erheblich gestiegenen Energiekosten, als vielmehr ein anderer Grund, der 2002 zu der Entscheidung führte, das Motorradfahren aufzugeben. Vier Jahrzehnte war ich auf zwei Rädern unterwegs gewesen - ohne einen einzigen Unfall. Ich war mittlerweile 59 Jahre alt, und es wurde Zeit, das Schicksal nicht länger herauszufordern. Als ich meinem Motorradhändler in Kamp-Lintfort von meiner Verkaufsabsicht erzählte, machte er es mir leichter: Er erschien am selben Tag mit einem dicken Briefumschlag bei mir zu Hause und holte das Gespann ab.

Peter Hohl auf der Velo-SolexWar's das? Nicht ganz. Als mir eines Tages Peter Hohl, der Kreistagsabgeordnete aus Kevelaer, auf seiner Velo-Solex begegnete, wurde mir ganz schwummrig, und ich bestellte bei einem Händler, der den Nachbau des legendären Gefährts aus Frankreich mit Maria-Hilf-Motörchen aus China importierte, zwei Velos - eins für mich, eins für Delia. Der Mann verzögerte die Auslieferung immer wieder, so dass ich die Bestellung stornierte. Stattdessen kauften wir zwei Elektro-Fahrräder.

Peter Hohl auf seiner Velo-Solex.

Mit denen kurven wir heute durch Ostfriesland? Eher nein. Wir haben empirisch ermittelt, dass uns das normale Fahrradfahren mehr Spaß macht. Wir treten lieber richtig in die Pedale.

ENDE, Feierabend, Schluss im Dom

Donnerstag, 29. November 2012 

© Martin Willing 2012