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    SACHBEGRIFFE |
Elisabethverein in Kevelaer

Gegründet 1851

Vor mehr als anderthalb Jahrhunderten begannen Kevelaerer, ihre ehrenamtliche karitative Arbeit gemeinsam und organisiert zu gestalten. Den Tagebüchern von > Johann Heinrich Krickelberg (Pastor in Kevelaer von 1817 bis 1863) verdanken wir den Nachweis für die Gründung des Kevelaerer Frauenvereins, der in der heutigen Caritas-Konferenz weiterlebt.

Caritaskonferenz 1997
"Ganz, ganz herzlichen Dank", sagte Weihbischof Heinrich Janssen den vielen Helferinnen der Caritas bei dieser Visitation in Kevelaer (1997). In der Bildmitte Pfarrer Aloys van Doornick, Weihbischof Heinrich Janssen und - mit Tasche - Änne Kasper.

Das Vorbild der heiligen Elisabeth (* 1207, † 1231), die als Tochter eines Königs und als Landgräfin in Thüringen dem Luxus entsagte und sich aufopfernd um Arme und Kranke kümmerte, war die Antriebskraft der Menschen, die 1840 einen ersten Elisabethvereins in Deutschland (Trier) ins Leben riefen.

Sechs Jahre danach - 1846 - sprach der Pastor von St. Antonius Kevelaer, Johann Heinrich Krickelberg, auf einer Kirchenratsversammlung den Arzt Dr. Viehoff darauf an, „ob es nicht tunlich sei, daß hier ein Frauenverein gestiftet werde zur Unterstützung von armen Wöchnerinnen und armen Kranken, der Art, daß z. B. 14 Frauen es übernehmen, an bestimmten Tagen, alle 14 Tage eine für dieselbe koche und so ihrem Tage für das Notwendige derselben sorge etc.. Was der Doctor sowohl als auch die ganze Gesellschaft gut fand. Wir wollen sehen, was daraus wird“ (Heinrich Janssen Hrsg., Johann Heinrich Krickelberg 1785 - 1863, Pastor von Kevelaer 1817 - 1863, Tagebücher und Aufzeichnungen, Kevelaer 2001, S. 466).

Es wurde was daraus. Für Ende November 1851 notierte Krickelberg:

War auf Ankündigung der Doctorin Viehoff eine Versammlung der Frauen in dem Schulsaal der Mädchen zur Beratung und Constituierung eines Frauenvereins zur Unterstützung der armen Wöchnerinnen und besonders armer Kranker. Ich hab schon lange mit dem Dr. Viehoff mich darüber beraten und endlich haben wir auch zusammen die Statuten entworfen, die auch angenommen worden sind. Es erschienen nur 13 Frauen. Ich eröffnete die Versammlung, der Dr. Viehoff war verhindert durch sein Asthma. Nach Erörterung und Annahme der Statuten wurde zur Wahl des Vorstandes geschritten durch Stimmzettel und ich als Präses und Dr. Viehoff als Secretär, dann die folgenden vier Frauen zu Vorsteherinnen gewählt: Frau Dr. Viehoff als erste, Frau Dr. Griesenbeck, Frau J. Geenen und Frau B. M. Voß als Mitvorsteherinnen. Mehrere sind später beigetreten. Die erste Versammlung des Vorstandes war beim Dr. Viehoff den 2. Dezember. Ich erbot mich, die Statuten drucken zu lassen auf meine Rechnung, Dr. Viehoff wollte das Vereinsbuch machen lassen […]
(S. 526)

Krickelbergs Tagebucheintragung ist der wichtigste Beleg für die Entstehung des Frauenvereins. In den Tagebüchern, die er bis zu seinem Tod (1863) akribisch führte, erwähnte er den Frauenverein, wie das Register im Anhang des von > Weihbischof Heinrich Janssen herausgegebenen Buchs ausweist, noch mehrmals, denn der Frauenverein und dessen Arbeit lagen Krickelberg sehr am Herzen.

Das zeigt auch eine Begebenheit aus November 1852: Der Pastor, den die Gräfin Hoensbroech zu einer Jubiläumsfeier auf Schloss Haag eingeladen hatte, schrieb ihr eine „höfliche“ Absage. Ihm war wichtiger, in Kevelaer mit dem Vorstand des Frauenvereins zusammenzutreffen.

Ein Jahr später - November 1853 - nahm Krickelberg die Generalversammlung des Frauenvereins zum Anlass, den engagierten Mitgliedern für die „Wohltaten, die sie im Verlaufe des Jahres den armen Frauen dargebracht“, herzlich zu danken.

Der Frauenverein, der sich in den Anfangsjahren besonders um Arme und Wöchnerinnen kümmerte, erweiterte sein Arbeitsfeld, nachdem sich aus dem > Pinder’schen Armenhaus Ende der 1870er-Jahre das > Marienhospital zu entwickeln begann. Der neue Name „Elisabethverein“ war Programm.

Für den Wechsel vom Frauen- zum Elisabethverein gibt es bisher nur einen - indirekten - Beleg, und zwar einen Bericht des Kävels Bläche aus 1886 über eine Versammlung des „hiesigen St. Josephs-Bauvereins“. Auf jener Tagung sprach Kirchenmaler Friedrich Stummel, der sich auf die Ausmalung der Kirchen am Kapellenplatz vorbereitete, über seine jüngsten Studien:

Dem beifällig aufgenommenen Vortrage des Herrn Stummel schlossen sich Erinnerungen des Herrn Kaplan > Brockes aus der Zeit seines Besuches der thüringischen Stadt Marburg und der Wartburg an. Nach Beschreibung der dortigen mittelalterlichen Bauwerke verbreitete sich der Redner eingehender über das Leben der heiligen Landgräfin Elisabeth, die dort heute noch auch bei Andersgläubigen im besten Andenken stehe und dies auch vollauf verdiene, weil sie es so recht verstanden habe, die sogenannte sociale Frage durch Werke der Frömmigkeit und des Wohlthuns in christlich praktischem Sinne zu lösen. Es sei deshalb höchst erfreulich, daß das Beispiel dieser großen Heiligen in heutiger Zeit, wo diese Frage wieder besonders brennend sei, auch hierorts Nachahmung gefunden habe durch den jüngst gegründeten Elisabethen-Verein; hoffentlich würde das Wirken unserer Frauen in diesem Verein auch bei den Männern Lob und Unterstützung finden. (Allseitige Zustimmung).

Obschon seit 1896 der in Köln durch den Priester Lorenz Werthmann gegründete Deutsche Caritasverband existierte (1916 anerkannt von den deutschen Bischöfen), nannten die Kevelaerer, die ehrenamtlich und organisiert karitativ tätig waren, ihre Gruppe noch lange Zeit „Elisabethverein“, bevor er - 1972 - in der Caritas-Konferenz aufging. Aus einer Bekanntmachung im ersten Kriegsjahr 1914 erfahren wir von einer neuen Tätigkeit des Elisabethvereins:

Der Gemeinderat von Kevelaer hat in seiner heutigen Sitzung beschlossen, aus Anlaß der gegenwärtigen Kriegslage bei den Schwestern von der hiesigen Bewahrschule unter Mitwirkung des Elisabethvereins eine Volksküche einzurichten, in welcher den notleidenden Bewohnern von Kevelaer bis auf weiteres jeden Mittag angemessene Kostportionen, bestehend aus einer Suppe von Reis, Gerste, Hülsenfrüchten, Kartoffeln u.s.w. mit Fleischbeilage verabreicht werden sollen.

Als Empfänger kommen inbetracht:

1. alle Familien, welche zur Zeit von der Armenverwaltung eine fortlaufende oder periodische Unterstützung erhalten,
2. diejenigen bedürftigen Familien, deren Ernährer zu den Fahnen einberufen sind,
3. solche Familien, die durch den Kriegszustand brotlos oder doch im Verdienst erheblich geschmälert worden sind.
[…]
Kevelaer, den 6. August 1914.
Der Bürgermeister: Marx.
KB vom 12.8.1914

Wie wichtig Frauen aus Kevelaer ihre Arbeit im Elisabethverein war, bezeugen zahlreiche Totenzettel und Traueranzeigen im Kävels Bläche, in denen bis in die 1960er- Jahre die Mitgliedschaft im Elisabethverein besonders vermerkt wurde.

Mit Übergang zur Caritas-Konferenz (1972) wurde die Arbeit des früheren Elisabethvereins erheblich erweitert und professionalisiert. Altentagesstätten, Essen auf Rädern, Häusliche Pflege, Suchtberatung, Kranken-, Alten- und Pflegeeinrichtungen und vieles mehr ruhen heute auf den Schultern der Caritas, ihrer Organisationen und vor allem ihrer vielen ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern.

 

Heilige Elisabeth
Elisabeth von Thüringen, Landgräfin, geboren 1207 in Ungarn, Tochter von König Andreas II, Mutter von drei Kindern. Elisabeths ganze Liebe gehörte neben den Kindern den Armen. Sie verließ die Wartburg, um den Bedürftigen zu helfen. Später trat sie in den Franziskanerorden ein. Sie starb bereits am 17. November 1231. Vier Jahre danach wurde sie vom Papst heiliggesprochen. Ihr kirchlicher Gedenktag ist der 19. November, der Tag ihrer Beerdigung.

© Martin Willing 2012, 2013