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Der
schwierige Beginn
Von Martin
Willing
Wir ahnten zu diesem Zeitpunkt nicht, wie schwierig sich die Kommunikation mit den organisierten Kevelaerern am Anfang gestalten würde. Den Gedanken der Patenschaft aufgreifend, wollten wir einen „Kreis der Paten“ einberufen, so wie er im Frühjahr 1998 von uns entwickelt worden war: „Alle Vereine und Vereinigungen in Kevelaer und seinen Ortschaften, alle Gesellschaften und Unternehmen, Schulen, Jugend- und Kindereinrichtungen, Altenheime und sonstige Einrichtungen, die der katholischen Kirche nahestehen oder sich für den Wallfahrtsort engagieren, sollen eingeladen werden, je einen Paten in diesen ‘Kreis der Paten’ zu entsenden. Der Kreis der Paten soll sicher stellen, dass die Idee von Maria Kevelaer 2000 in den jeweiligen Wirkungskreisen bekannt und lebendig wird. Die Aufgabe der Paten und ihrer Helfer besteht darin, aktiv für das Patronat der Muttergottes für unsere Stadt einzutreten. Jeder, der die Bewegung unterstützt, trägt sich mit Namen und Unterschrift in eine Liste ein und wird damit zum Bürgen der Aktion Maria Kevelaer 2000.“
In einem Vorgespräch informierte ich den Hochmeister der Bruderschaft Consolatrix Afflictorum, Heinz Ingenpaß, über die Bewegung und auch darüber, dass wir ihm den Vorsitz des Patenkreises anvertrauen wollten. Ingenpaß nahm die Aufgabe an und gehörte ab Sommer 1998 als Patenkreisvorsitzender dem Kuratorium an. Inzwischen war auch Liesel van de Braak aus Twisteden ins Leitungsgremium berufen worden; wenig später wurde der frühere Verlagsleiter Josef Heckens Mitglied des Kuratoriums.
Zu diesem Zeitpunkt waren wir guter Hoffnung, mit dem Patenkreis einen Erfolg versprechenden Weg gefunden zu haben, um die Vereine und Vereinigungen zur aktiven Mitarbeit zu motivieren. Uns fehlte noch die Erfahrung aus dem Herbst 1998, in dem wir während der ersten Vollversammlung des Patenkreises im Petrus-Canisius-Haus eine „kalte Dusche“ erleben würden: Das Anliegen von Maria Kevelaer 2000 wurde offenbar von nicht wenigen Vertretern der Vereine und Vereinigungen verdächtigt, ein Geldsammelverein für eine Marienstele auf dem St.-Klara-Platz zu sein. Zum Teil aggressive Ablehnung einiger Wortführer schlug im Herbst der Kevelaerer Geistlichkeit entgegen, die auf dem Podium versammelt war.
Jetzt aber, zum Zeitpunkt der Konstituierung des Kuratoriums und in den Wochen danach, ahnten wir von einem solchen falschen Verständnis der Bewegung noch nichts.
Über ein „äußeres Zeichen“ der Bewegung, das später eine Zeit lang die öffentliche Diskussion beherrschen würde, sprachen die Kuratoriumsmitglieder erstmals auf ihrer Arbeitssitzung am 31. August 1998. In einem Vorschlag war von einer Madonnenfigur auf einer Stele die Rede. Das Kunstwerk könnte durch den Verkauf der Anstecknadeln - 10 Mark das Stück - finanziert werden. Niemand sah das Verhängnis voraus, dass bei Menschen, die über das eigentliche Anliegen der Bewegung nicht oder nur unzureichend informiert waren, der Nadelverkauf ein solches Übergewicht in der breiten Diskussion bekommen würde, dass die Bewegung nicht wenigen Kevelaerern wie ein Finanzierungsfonds für ein Kunstwerk erschien.
Als tief im Jahr 1999 diese völlige Verdrehung des eigentlichen Anliegens durch die unselige „Brunnendiskussion“ noch stärker Platz griff, musste ich zweimal gegen die Versuchung ankämpfen, mich still zurückzuziehen.
Im Hochsommer 1998 rief Hubert Rogmann, der Organisator der Boxmeer-Wallfahrt und einer der Brudermeister der Consolatrix afflictorum, Delia Evers an. Wir waren durch das Telefonat betroffen und verunsichert. Wir trafen uns mit Hubert Rogmann zu einer langen Aussprache. Bisher war mir nicht in den Sinn gekommen, dass die für den 31. Mai 2000 geplante Proklamation der Gottesmutter als Schutzpatronin der Stadt Kevelaer deswegen auf Ablehnung stoßen könnte, weil Maria „schon immer“ als Patronin Kevelaers angerufen worden sei. Ich spürte, dass der als Freudentag geplante 31. Mai 2000 ausgerechnet unter jenen, die zu den zuverlässigsten Hütern des Kevelaerer Heiligtums zählen, tiefreligiöses Empfinden verletzen könnte, wenn wir nicht zu Formulierungen finden würden, die zwar eindeutig sind und die Geschichte nicht verfälschen, aber zugleich auf die Gefühle derjenigen Rücksicht nehmen, für die Maria auch ohne ausdrückliche Erklärung zu allen Zeiten Stadtpatronin Kevelaers gewesen ist. Wir waren Hubert Rogmann für seinen Denkanstoß überaus dankbar.
Seit Bekanntwerden des Ziels, für die Stadt Kevelaer das Marienpatronat auszurufen, hatte ich mehrfach Aussagen gehört, die einer Geschichtsklitterung gleich kommen: Das sei doch längst vollzogen gewesen. Dadurch geriet ich zuweilen in eine Verteidigungsrolle, in der ich die historische Tatsache stärker, als ich eigentlich wollte, zu betonen hatte, nämlich dass es zu einer solchen Patronatserklärung in Kevelaer seit 1642 nie gekommen sei.
Viel wichtiger als die Klärung historischer Fakten aber war das, worauf Hubert Rogmann den Blick lenkte: Wie es unter Kevelaerer Marienverehrern empfunden wurde.
Diese Gedanken, die auch von Mitgliedern des Kuratoriums auf ihren Arbeitssitzungen erörtert wurden, flossen später in das Weihegebet für den 31. Mai 2000 ein: „Seit Generationen“, würde es dort heißen, „empfinden Menschen Dich in ihren Herzen als Patronin; nun rufen wir Dich in aller Öffentlichkeit zu unserer Schutzheiligen aus.“
Mitte Oktober 1998 lud mich Hubert Rogmann ein, eine Fürbitte zu formulieren, die bis zum Patronatsfest im täglichen Marienlob, das von der Bruderschaft der Consolatrix afflictorum in der Kerzenkapelle gestaltet wird, mitgebetet werden könnte. Aus der Vorlage formte die Bruderschaft diese Fürbitte, die ab dem 1. November 1998 bis zum Patronatsfest jeden Tag gebetet werden würde:
Wir bitten um Deine Hilfe,
dass wir Dich
Maria, Trösterin der Betrübten, in der
Mitte des Jahres 2000, vor aller Öffentlichkeit
zur Schutzpatronin unserer Stadt erklären dürfen.
Leite die Frauen und Männer, die in der Bewegung
Maria Kevelaer 2000 auf dieses Ziel hinarbeiten,
und führe alle, die davon berührt werden, zu den
Freuden des Glaubens.
© Martin Willing 2012, 2013