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Verlagsleiter in Kevelaer | * 1923 | † 2000
Saal
Schatorjé, 1. Oktober 1941. Der Saal ist voll, Abordnungen aus
Kevelaerer Betrieben sind zur NSDAP-Kundgebung befohlen. Um 20.45 Uhr
erteilt Kreisleiter Quella dem Gastredner Dr. Reible vom Gau Essen der
NSDAP das Wort.
Reible: „Ich erkläre hiermit öffentlich: Bischof Clemens August ist ein
Landes- und Volksverräter!“
Bei diesem Ausruf stehen vier junge Leute, die an verschiedenen Stellen
im Raum sitzen, auf und verlassen den Saal. Einer von ihnen ist Josef
Heckens, 18 Jahre alt, der im selben Jahr nach seiner Lehre in Kevelaer
und Köln Verlagsbuchhändler wird und den Kaufmannsgehilfenbrief
erwirbt.
Und noch etwas bekommt er im Jahr 1941: Seine Einberufung zum
Reichsarbeitsdienst. Ein Jahr später wird er zur Wehrmacht eingezogen.
Der gebürtige Kevelaerer gerät in französische Kriegsgefangenschaft
(1944) und knüpft nach der Heimkehr 1947 an seine Jugendarbeit in der
katholischen Kirche an, wird Dekanatsjugendführer im Dekanat Kevelaer
und baut den Bund Deutscher Katholischer Jugend auf.
1949, im Jahr seiner Heirat mit Johanna Boers, beruft ihn
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Edmund Bercker
sen. zum Werbeleiter bei
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Butzon & Bercker. Heckens wird zugleich
Redakteur der Reihe „Berckers Kleine Volksbibliothek“, einer Schrift im
späteren „Reclam-Format“, die Millionenauflagen erreicht. 1952 wird er
für fünf Jahre Mitglied des Stadtrates Kevelaer; ihm wird der Vorsitz
des Jugendausschusses anvertraut. 1953 gründet er zusammen mit Hubert
Jacobs und Jugendlichen den Jugendkulturring Kevelaer, den er zunächst
auch leitet. In jener Zeit ist er zudem Schöffe an der Großen
Strafkammer des Landgerichts Kleve.
Im Auftrag des Dechanten
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Heinrich Maria Janssen gründet Josef Heckens
1956/57 das Katholische Bildungswerk Kevelaer. Von 1959 bis 1964
arbeitet er als Verlagsleiter des Sebaldus-Buchverlages in Nürnberg und
hier speziell in den Sparten „Jugendbuch“ und „populäres Sachbuch“. 1964
holt ihn Verleger
Edmund Bercker als seinen Assistenten in die „Schaltzentrale“ des
Kevelaerer Verlages, um ihm zwei Jahre später - bis zu seinem Ruhestand
im Jahr 1988 - die Verlagsleitung zu übertragen.
Heckens’ wichtigste Aufgabe in der zweiten Hälfte der 1960er-Jahre ist
es, die Ergebnisse des II. Vatikanischen Konzils in ein neu zu
konzipierendes Verlagsprogramm einzubringen. Er setzt Akzente und stellt
Weichen für zeitgemäße Kinderbücher, Bücher für junge Leute und Ältere,
Liturgie, Gebet und Meditation, die Heilige Schrift und das
Kevelaer-Schrifttum.
Eingebettet in seine Pfarrgemeinde St. Marien, wird Josef Heckens 1968
zum Vorsitzenden des Pfarrgemeinderates gewählt.
Zu seinen herausragenden Lebensleistungen zählt das zum
Wallfahrtsjubiläum 1992 herausgegebene Buch „Consolatrix afflictorum.
Das Marienbild zu Kevelaer“ (Band I). Nach fünfjähriger, ehrenamtlicher
Arbeit für dieses rund 850 Seiten starke, großformatige Buch verfügt die
Nachwelt über ein Standardwerk, wie es keines zuvor gegeben hat und
vermutlich viele Jahrzehnte auch nicht wieder geben wird. Zahlreiche
Autoren haben hierfür ihr Wissen über die Gnadenstätten und die
Marienstadt zusammengetragen - eine Mammutaufgabe für den Herausgeber,
Koordinator, Forscher, Autor und „Überblick-Bewahrer“ Josef Heckens.
Josef Heckens 1992 bei der
Präsentation des Wallfahrtsjubiläumsbuchs (v.l.): Weihbischof Heinrich
Janssen, Verlagsdirektor Josef Heckens, Kurienkardinal Francis Arinze
(Nigeria), Autor Dr. Peter Dohms und Alterzbischof Jean Hengen
(Luxemburg).
1995 überreichte Weihbischof
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Heinrich Janssen
dem verdienstvollen Kevelaerer die Paulus.-Plakette des Bistums Münster.
Weihbischof Heinrich Janssen
überreicht Josef Heckens die Paulus-Plakette.
Sein vorletztes Buch ist Karl Leisner gewidmet („Rote Rosen und
Stacheldraht. Der selige Märtyrer Karl Leisner“), das Heckens im Auftrag
des Bistums bei Bercker herausgegeben hat.
In einem längeren Gespräch in der KB-Redaktion mit und über Josef
Heckens - wenige Monate vor seinem Tod - kristallisiert sich immer
deutlicher heraus, wie stark ihn die Erlebnisse in seiner Jugend und als
junger Mann prägen.
Unvergessen ist ihm, wie im Mai 1933 vor dem
Kevelaerer Rathaus die Flagge der Weimarer Demokratie verbrannt wird.
Der Ministrant, der vier bis fünf Mal in der Woche morgens unter dem
Jugendpräses Fritz Dyckmans am Altar dient, steht dem
Nationalsozialismus mit Abscheu gegenüber.
Kurz vor seinem Tod gab Josef Heckens sein letztes Buch heraus - sein
eigenes: Gedanken um Kevelaer und die Verehrung der "Trösterin der
Betrübten". Er gab dem Buch den Titel "Es hängt mein Herz an Kevelaer".
Josef Heckens: "Es hängt mein Herz an Kevelaer".
Wenige Monate nach der Patronatsfeier Ende Mai 2000, an der er im Kuratorium Maria Kevelaer 2000 intensiv mitgearbeitet hatte, starb Josef Heckens.
Josef Heckens
und seine Frau
Johanna.