Logo für Blattus Martini



Logo für Buchstaben A Logo für Buchstaben B Logo für den Buchstaben c Logo für den Buchstaben d Logo für den Buchstaben e Logo für den Buchstaben f Logo für den Buchstaben g Logo für den Buchstaben h Logo für den Buchstaben i Logo für den Buchstaben j Logo für den Buchstaben k Logo für den Buchstaben l Logo für den Buchstaben m
    |
Wehren, Wilhelm sen.
Landwirt, Bürgermeister, Landtagsabgeordneter | * 1914 | † 1999

Foto zeigt Wilhelm Wehren sen.
Wilhelm Wehren war ein wichtiger Zeuge des 20. Jahrhunderts. Nach dem Krieg bildeten Kervenheim und Winnekendonk wieder ein Amt: Während August Wormland 1946 die Aufgabe eines hauptamtlichen, „unpolitischen“ Amtsdirektors übernahm, wurde Wehren ehrenamtlicher Amtsbürgermeister dieses Gemeindeverbunds.

Wehren (CDU), von Hause aus Landwirt, vertrat ab 1950 die Interessen dieser Region im Düsseldorfer Landtag.

Sein Nachfolger wurde 1970 Dr. Jochen van Aerssen († 1992).
 
Grossmutter Gertrud Wehren mit ihren KindernWilhelm Wehren war 1914 als Kind der Ackerwirtsleute Johann Peter Wehren und Gertrud, geb. Hartjes aus Helsum, auf dem Voeskenshof zur Welt gekommen. Kaum war das Kind geboren, fiel der Vater im September 1914 bei einem Sturmangriff im Weltkriegsgemetzel in Frankreich.

Gertrud Wehren, geborene Hartjes, mit ihrem Sohn Wilhelm auf dem Arm und ihrer Tochter Maria, später verheiratete Austermann, als alleinerziehende Mutter.

Im Zweiten Weltkrieg musste Wilhelm Wehren selbst einrücken. Sein Sohn Wilhelm jr. erzählt: "Vater wollte nicht zur Kavallerie, um dann nach Ammoniak stinkende Pferde zu versorgen. Bei der Einberufung lag allerdings sehr viel Schnee in der Kaserne, und die Rekruten wurden gerade robbend durch diesen Schnee gescheucht." Da habe ein Unteroffizier gerufen: "Es werden noch drei Leute für die Pferde gesucht. Wer will, zwei Schritte vortreten." Das sei die Erlösung vor dem Schnee gewesen: "Der Stall war warm und die Arbeit für ihn als Landwirt nicht ungewohnt."

Wilhelm Wehren als LandwirtWilhelm Wehren war nicht lange beim Militär. Als einziger Sohn einer Landwirtswitwe wurde er zur Nahrungsmittelproduktion in Kervendonk gebraucht und musste sich auch um die Bewirtschaftung naheliegender anderer Höfe kümmern.

Wilhelm Wehren 1947 noch in "Kalk-Stickstoff-Schutzkleidung".

Vielleicht festigte sich in dieser Zeit sein Engagement für andere, das ihn bis in seine letzten Tage auszeichnete.

Er war mit Margarete, geb. Hönnekes, verheiratet, die auf einem Nachbarhof aufgewachsen war. Aus dieser Verbindung gingen die Kinder Gertrud und Wilhelm hervor. Seine Frau unterstützte ihn tatkräftig bei der Führung des Voeskenshofs, auf dem jahrzehntelang Hauswirtschafts- und Landwirtschaftslehrlinge ausgebildet wurden. Sie begleitete ihn verständnisvoll bei seiner politischen Arbeit, die häufige Abwesenheiten zur Folge hatte.

Die Familie war Wehrens guter Rückzugsort. Im Landtagswahlkampf 1962 sagte er: "Wenn ich oft abgespannt und strapaziert aus Düsseldorf in den Kreis Geldern komme, dann freue ich mich auf die wenigen freien Stunden im Kreis meiner Familie."

Wilhelm Wehren und Frau
Wilhelm und Margarete Wehren im Jahr 1996 bei ihrer Goldenen Hochzeit.

Eine solche politische Machtfülle, wie sie Wilhelm Wehren besaß, würde die CDU selbst in einem dramatischen Wahljahr niemandem mehr zugestehen. Der Kervendonker war fast 20 Jahre lang gleichzeitig Amtsbürgermeister und Landtagsabgeordneter.

Der Bauer auf Voeskenshof war ein Mann der ersten Stunde. Vor der Kommunalwahl im Herbst 1946 wurden in Kevelaer und in den umliegenden Gemeinden Ortsverbände der neuen Partei CDU gegründet. In Kervenheim/Kervendonk wurde die Ortspartei Anfang März 1946 aus der Taufe gehoben. Zu ihren Vorsitzenden wurden Reinhard Martzeller und Wilhelm Wehren gewählt. 

Wehren kandidierte nicht für den Gemeinderat Kervendonk, sondern für die politische Vertretung des Amtes Kervenheim, zu dem sich die Gemeinden Winnekendonk, Kervenheim und Kervendonk zusammengeschlossen hatten. Während in Kervenheim Wilhelm Otterbeck und in Kervendonk Theodor van Doornick Bürgermeister wurden, übernahm Wilhelm Wehren die übergreifende Aufgabe eines Amtsbürgermeisters. In dieser Funktion war der Kervendonker viele Jahre das Pendant zu Amtsbürgermeister Peter Plümpe in Kevelaer. Im Amt Kevelaer waren die Gemeinden Kevelaer, Wetten, Twisteden und Kleinkevelaer vereint.

Wehren war ein zupackender Politiker. An wichtigen Betriebsansiedlungen nach der Währungsreform - besonders in Winnekendonk, der größten Gemeinde im Amt Kervenheim - war er „maßgeblich beteiligt“, wie Amtsdirektor August Wormland in einem Verwaltungsbericht für jene Zeit anerkennend vermerkt. In einem zeitgenössischen Zeitungstext heißt es, zahlreiche Schulen, Kindergärten, Altenheime und Krankenhäuser im Kreis Geldern seien unter Wehrens "reger Mitwirkung und Fürsprache" gebaut worden.

In den Verwaltungsberichten und Niederschriften jener Zeit taucht sein Name immer wieder auf. So heißt es in Zusammenhang mit dem 1957 in Angriff genommenen neuen Kindergarten in Winnekendonk, dass dessen „Finanzierung dank der Mitwirkung des Herrn Wehren nunmehr sichergestellt ist“.

Offenkundig hatte er zudem gute Beziehungen ins Bistum. So half er, die Finanzierung für den Wiederaufbau des Katharinenhauses und der Pfarrkirche St. Urbanus in Winnekendonk in trockene Tücher zu bringen.

Wilhelm Wehren sen.Da war Wilhelm Wehren längst zu einem der führenden CDU-Politiker im Kreis Geldern aufgestiegen. Die Parteibasis hatte ihn 1950 zusätzlich nach Düsseldorf geschickt, wo Ministerpräsident Karl Arnold vor einem großen Sieg stand. Zu ihm trug Wilhelm Wehren (das Foto zeigt ihn während seiner MdL-Zeit) gehörig bei, denn er gewann den Wahlkreis Geldern souverän. Vier Jahre danach holte Wehren fast 70 Prozent der Stimmen bei der Landtagswahl.

Der Mann vom Voeskenshof war und blieb zudem Landwirt. 24 Jahre lang engagierte er sich als stellvertretender Vorsitzender der Kreisbauernschaft und arbeitete als Mitglied im Kuratorium der Landwirtschaftsschule mit.

Im Landtag trug er seine Fachkenntnisse in den Ausschuss für Ernährung, Land- und Forstwirtschaft. Er saß im Aufsichtsrat der Verkaufsvereinigung Rheinischer Molkereien und der Rheinischen Molkerei-Einkaufsgenossenschaft (hier als Vorsitzender).

Für Willi Wehren war 1969 der rechte Zeitpunkt gekommen, nach fast 25 Jahren zumindest aus der Politik auszusteigen. Die Ämter Winnekendonk und Kevelaer wurden aufgelöst und die beteiligten Gemeinden verloren ihre Selbstständigkeit. Kevelaer erging es nicht besser, denn auch die Tage der einzigen Stadt in den beiden Ämtern waren gezählt. 

Die große kommunale Neuordnung, der 1975 die Bildung des neuen Kreises Kleve folgen sollte, ließ - von Weeze abgesehen - keine Kommune im Umfeld ungeschoren. Die aufgelösten Gemeinden Winnekendonk, Kervenheim und Kervendonk, die schon immer zum großen Nachbarn Kevelaer in einem herzhaften Spannungsverhältnis gestanden hatten, wehrten sich mit aller Kraft gegen ihre „Eingemeindung nach Kevelaer“, die in Wirklichkeit gar keine war: Alle Gemeinden, also auch Kevelaer, wurden aufgelöst, um dann eine neue Stadt zu bilden. 

Wilhelm Wehren, der bisherige Amtsbürgermeister mit der zusätzlichen Reputation eines langjährigen Landtagsabgeordneten, nahm zwar regen Anteil an den Entwicklungen in seiner Heimat, wollte sich selbst aber die Geburtswehen der neuen Stadt nicht mehr zumuten. Er kandidierte nicht für den Stadtrat und gab im Jahr darauf auch sein Landtagsmandat auf, das der Kevelaerer Dr. Jochen van Aerssen übernahm. 

Inzwischen war Wilhelm Wehren 55 Jahre alt geworden. Auf Voeskenshof in Kervendonk wartete viel Arbeit. Der Mann, der als Landespolitiker eingeübt hatte, über den örtlichen Tellerrand zu schauen und wichtige Entwicklungen zu erspüren, war zwar mit Leib und Seele Bauer. Aber die Zukunft des Voeskenshofs sah er nicht mehr zuvorderst auf der Scholle, die der Pflug umschlägt. Die Strukturveränderungen in der Landwirtschaft gaben ihm zu denken. Er wollte als Alternative auf seinem Grund einen Ferienpark bauen.

Im Februar 1970 wurde der Kevelaerer Stadtrat zum ersten Mal mit dem Plan vertraut gemacht, dass für Kervendonk an der Schwelle zu Winnekendonk ein „umfangreiches Bauprojekt“ vorgesehen sei. 800 bis 1000 Wochenendhäuser sollten am Voeskenshof entstehen.

Begeisterungsstürme unter den Politikern löste die Nachricht nicht aus. Im Oktober 1970, als die Bebauungspläne als Satzung beschlossen werden sollten, forderte der CDU-Fraktionsvorsitzende, ohne Sachdiskussion abzustimmen, um „damit das Ding vom Tisch zu fegen“. Die Abstimmung ergab etwas anderes: 16 Ja, 10 Nein, zwei Enthaltungen.

Unterdessen pachtete die Bottroper Firma Hein & Co. den Baggersee auf dem Wehren-Grundbesitz und errichtete, nachdem die Bebauungspläne Rechtskraft erlangt hatten, zwei Musterhäuser. Nach einer Besichtigung schrieb das Kävels Bläche 1971: „Manche fühlen sich an Winnetou erinnert, wenn sie die zeltartigen Dächer sehen.“ Interessenten müssten mit Kosten von rund 40.000 D-Mark rechnen. Das 300 bis 400 qm große Grundstück pro Einheit werde gepachtet, nicht gekauft. Wehrens landwirtschaftlicher Betrieb solle umfunktioniert werden. Reitstall, Tennisplätze, Restaurant und ein Einkaufszentrum seien vorgesehen.

Familie Wilhelm WehrenBald zeigte sich, dass Wehren und Sohn Wilhelm, der schon früh den elterlichen Betrieb übernahm, auf das richtige Pferd gesetzt hatten.

Familie Wehren: v.l. Sohn Wilhelm jr., Mutter Margarete und Vater Wilhelm Wehren mit Schwiegertochter Gisela (es fehlt Tochter Gertrud).

Der neue Ferienpark GreenVillage zog Interessenten und Käufer in Scharen an, weil hier zu überschaubaren Kosten eigene vier Wände im Grünen erworben werden konnten. 

Faustdicke Überraschung 1986: Die Firma Hein & Co war pleite. 

Die Liquidation wirkte sich auf die Ferienpark GmbH Kevelaer und die Hausbesitzer allerdings nicht aus: Wilhelm Wehren jr., der alleinige Gesellschafter, führte den Wohnpark weiter. Und die Menschen dort konnten ihre Refugien weiterhin genießen.

Bis ganz kurz vor seinem Tod 1999 gestaltete Wilhelm Wehren sen. sein Leben in sehr aktiver Weise. Für seine Familie war er ein liebevoller und fürsorglicher Ehemann und Vater. Seine realistische und tolerante Weltsicht sowie seine positive Grundeinstellung machten ihn zu einem angenehmen und wertvollen Gesprächspartner.