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Schuhfabrikant in Kervenheim | * 1887 | † 1953
Es geschah auf der Fahrt von Rheinberg nach Kervenheim. Wilhelm
Otterbeck, Chef der gleichnamigen Schuhfabrik in Kervenheim, starb nach
einem Autounfall. Er wurde nur 65 Jahre alt.
Im Geburtsjahr von Wilhelm Otterbeck - 1887 - hatte sein Vater Ernst
Otterbeck in Mülheim an der Ruhr eine Schuhfabrik gegründet. Hier ging
Wilhelm in die Schuhmacherlehre, heiratete im Kriegsjahr 1917 Josefine
Luft, wurde eingezogen und nach Polen geschickt. Ein Fronteinsatz blieb
ihm erspart.
Der Betrieb in Mülheim entwickelte sich in den 20er und 30er Jahren
erfreulich. 1936 traf Wilhelm Otterbeck die Entscheidung, in Kervenheim
einen Zweigbetrieb zu eröffnen, nachdem er wegen der hier herrschenden
Arbeitslosigkeit darum gebeten worden war. Otterbeck mietete eine alte,
geschlossene Schuhfabrik und fuhr die Produktion versuchsweise an.
Menschen kamen in Brot und Arbeit, und das war für Otterbeck der Grund,
das Versuchsstadium zu beenden und eine bleibende Niederlassung
einzurichten. Zur Jahreswende 1937 übernahm er die 1893 in Kervenheim
gegründete „Niederrheinische Schuhfabrik“ an der Uedemer Straße.
Das Unternehmen wuchs zu beachtlicher Größe heran. Als 1940 die
Otterbeck-Betriebe in Mülheim und Kervenheim aufgeteilt wurden, übernahm
Wilhelm Otterbeck die hiesige Fabrik und wurde deren Alleininhaber. Nun
hatte Otterbeck auch den Freiraum, seinen Arbeitern Sozialeinrichtungen
zu bieten, die damals ihres Gleichen suchten. Die Duschkabinen in der
Fabrik waren so vorzüglich, daß nicht wenige Einwohner gerne das Angebot
annahmen, sie mitzubenutzen.
Als sich die Kriegslage zuspitzte, lief die Produktion aus, weil
Material und Arbeitskräfte fehlten. In der Endphase der Befreiung durch
die Alliierten wurden Kervenheim und die Schuhfabrik zerstört. Wilhelm
Otterbeck, der sich mit seiner Familie nach Mülheim zurückgezogen hatte,
kehrte 1945 nach Kervenheim zurück, wo sich ihm ein trostloses Bild bot.
Entschlossen kämpfte er um den Wiederaufbau, der schließlich gelang.
Die Schuhfabrik Otterbeck partizipierte vom „deutschen
Wirtschaftswunder“ und blühte in den Nachkriegsjahren auf. Obwohl er
sich erst 1948 ganz aus den elterlichen Geschäften in Mülheim
verabschiedete, fühlte sich Wilhelm Otterbeck längst als Kervenheimer
und übernahm hier auch Ehrenämter. Einige Jahre war er Bürgermeister des
Schusterdorfes. 1951 gelang die Umstellung in Produktion und Vermarktung
vom Arbeitsschuh auf den modischen Herrenschuh. Die Firma Otterbeck
wuchs und wuchs und bot Vollbeschäftigung.
Als 65-Jähriger immer noch auf der Höhe seiner unternehmerischen
Schaffenskraft, wurde Wilhelm Otterbeck durch den Verkehrsunfall im Mai
1953 aus dem Leben gerissen. Vor seiner Beerdigung in Mülheim nahm in
Kervenheim eine endlose Trauergemeinde Abschied von einem Wohltäter.