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    SACHBEGRIFFE |
Tebartz, Paul-Peter

Bauunternehmer in Kevelaer | * 1931 | † 2013

Paul-Peter TebartzDie inzwischen eingestellte Baufirma Gebrüder Tebartz konnte 1998 auf ihr 125-jähriges Bestehen zurückblicken, eine Betriebstradition, die in der Zeit der Pleiten und Finanzschwäche, der Mindestlöhne und illegalen Arbeiter nicht alltäglich war.

Paul-Peter Tebartz (1997).

Von Anfang an der handwerklichen Tradition verpflichtet, entwickelte sich die Firma in diesen über 125 Jahren ihrer betrieblichen Existenz zu einem modernen und leistungsfähigen Bauunternehmen. Die Brüder Gerhard, Peter und Heinrich Tebartz sind die Firmengründer. Ihr Vater Johann Tebartz bewohnte eine Katstelle in Keylaer. Leider sind die Unterlagen, die über die frühen Jahre der Firmengeschichte Auskunft geben könnten, im Zweiten Weltkrieg verloren gegangen, so dass wir sehr wenig über die Gründerzeit der Firma wissen.

Im Handelsregister wurde im Jahre 1892 der Kaufmann und Maurermeister Gerhard Tebartz als alleiniger Inhaber des Unternehmens eingetragen. Seine Söhne Johann und Peter arbeiteten im Betrieb mit. Der Aufschwung der Firma ging Hand in Hand mit der wirtschaftlichen Blütezeit Kevelaers vor dem Ersten Weltkrieg. Im Jahr 1895 erwarb die Firma Tebartz den über vier Hektar großen Besitz Schravelnsche Heide, auf dem sie eine Ziegelei errichtete.

Am 1. Januar 1901 ging das Unternehmen von Gerhard Tebartz auf seine Söhne über. Die Häuser und Lagerplätze an der Rheinstraße waren schon damals, wie auch bis 1994, Sitz der Firma, die dann ihren Betrieb in das neue Gewerbegebiet in Kevelaer auslagerte und erweiterte.

1906 erwarb die Firma Gebrüder Tebartz das 45 Morgen große Gelände des Gruyterhofes, um dort eine neue Dampfziegelei anzusiedeln. Sie wurde mit ihren modernen Maschinen zu einer soliden Basis für das Unternehmen, zumal damit die Möglichkeit gegeben war, hier die Bauarbeiter auch im Winter zu beschäftigen und sich dadurch einen festen Stamm von Fachkräften für das gut florierende Baugeschäft zu sichern. Eine lange Abfolge erfolgreicher Betriebsjahre wurde durch den Ersten Weltkrieg unterbrochen. Die Ziegelei lag still, und das Baugeschäft beschränkte sich auf Kriegsnotmaßnahmen. In den Nachkriegsjahren nahm das Unternehmen seine rege Tätigkeit wieder auf, wovon viele Bauten in der näheren und weiteren Umgebung, vor allem im Gebiet der Stadt Kevelaer, Zeugnis ablegen. Im Jahr 1932 erhielt Peter Tebartz den Titel eines Baumeisters verliehen. Nach dem Tode seines Bruders wurde er Alleininhaber. -

Während des Zweiten Weltkrieges, in dem die Firmenanlagen durch Bombentreffer beschädigt wurden, leiteten Albert, Paul und Gerd, die Söhne von Peter Tebartz, gemeinsam die Firma. Nach dem Krieg trennten sie sich. Je eine der Ziegeleien wurde von Dr. Albert Tebartz und von Gerd Tebartz, der außerdem ein eigenes Baugeschäft gründete, geführt, während sich Paul um die alte Firma „Gebr. Tebartz“ kümmerte.

Sie nahm fortan einen stetigen wirtschaftlichen Aufschwung. Vor seinem Tod im Jahr 1957 übergab Paul Tebartz die Firma seinem Sohn Paul-Peter, bei seinen zahlreichen Freunden als Paul-Pitt bekannt, der sich in den Folgejahren besonders mit Rationalisierungsmaßnahmen und mit der Modernisierung des Maschinenparks beschäftigte. Bis zu siebzig Mitarbeiter verdienten in den darauf folgenden Jahren zeitweilig ihren Lebensunterhalt bei der Baufirma. 1998, in einer Zeit der Rezession und eines mangelnden öffentlichen Bauvolumens, waren es noch 35 Mitarbeiter, die bei der Firma beschäftigt waren.

Paul-Peter Tebartz
Der Unternehmer Paul-Peter Tebartz an seinem Schreibtisch (1997).

Mit Stolz konnte der Betrieb Tebartz auf seine über 125 Jahre zurückblicken. Eine der größten städtischen Attraktionen, die in den Stilen des Historismus gehaltene Häuserzeile in der Annastraße, in der unter anderen das Ehrenmitglied des Vereins für Heimatschutz und Museumsförderung, > Dr. Hans A. Hoffmann, wohnte, spricht ebenso für die Qualität des Betriebs wie die zahlreichen Wohnkomplexe, Geschäftshäuser, Bungalows, Verwaltungs- und Betriebsgebäude im Altkreis Geldern und in der Stadt Kevelaer.

Ob es sich um öffentliche weltliche Bauten wie das Konzert- und Bühnenhaus, die Theodor-Heuss-Schule, das Niederrheinische Museum für Volkskunde und Kulturgeschichte, die Realschule, die Stadtverwaltung und das Hallenbad handelt oder um kirchliche Einrichtungen wie die Schwesternschule mit Wohnheim, die Friedhofskapelle oder den Wiederaufbau der Pfarrkirche St. Antonius, die Firma „Gebr. Tebartz“ war stets dabei oder führte den Bau in eigener Regie durch. Industrieller Wandel und städtische Strukturveränderungen schlugen sich ebenfalls in den Auftragsbüchern des Bauunternehmens nieder.

Paul-Peter Tebartz
Paul-Peter Tebartz förderte den > KSV - eine Aufnahme aus 1991.

Als das > Verlagshaus mit Druckerei Butzon & Bercker in das Industriegelände verlagert wurde, bekam die Firma Tebartz den Auftrag zur Bauausführung, > VW-Opwis und das Sporthotel Schravelen wurden ebenfalls von den „Gebr. Tebartz“ erbaut. Ein Garant für die Solidität der sich immer in Familienbesitz befindlichen Baufirma Tebartz waren die Firmeninhaber und deren Kontinuität. Weil man wusste, dass Paul-Peter Tebartz seit dem 13. November 1957 die Firmengeschicke leitete und über 40 Jahre in der Verantwortung stand, dann wusste man auch, dass bei dieser Firma nicht auf Sand gebaut wurde.

Den Erfolg hatte Paul-Peter Tebartz durch Fleiß, Pünktlichkeit, Pflichtbewusstsein und Zuverlässigkeit erreicht. In einem KB-Gespräch erzählte er, dass sein Arbeitstag, der morgens um 6 Uhr beginnt, mindestens zwölf Stunden hat. Urban Brutscher ist sein engster Mitarbeiter, sozusagen Weggefährte seit 35 Jahren. Als wichtigste Leitlinie für sein Unternehmen nannte Paul-Peter Tebartz die Qualität: „Sie ist das A und O“.

Anfang Mai 2001 beendete der Unternehmer die Geschäftstätigkeit seiner Firma, nachdem sich kein Käufer für das Unternehmen gefunden hatte.

Am 5. Oktober 2013 gab seine Familie bekannt, dass Paul-Peter Tebartz am 29. September verstorben war. Er wurde im engsten Familienkreis beigesetzt.

Zu einem Gedenkgottesdienst wurde für Samstag, 12. Oktober 2013, 12.30 Uhr, in die Pfarrkirche St. Antonius Kevelaer eingeladen.
 

© Martin Willing 2012, 2013