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    SACHBEGRIFFE |
Meiners, Toni

Ehrenamtliche Helferin in Kervenheim | * 1931

Toni ubnd Bernhard MeinersToni Meiners mit ihrem Mann Bernhard.

Toni ist elf Jahre, als sie 1942 im Rahmen der Kinderlandverschickung nach Prag soll. Da läuft ihre religiöse Familie Sturm, denn die Frage, ob in der Nähe des Heims in Prag eine katholische Kirche ist, kann nicht befriedigend beantwortet werden. Für das Mädchen wird eine Alternative gefunden: Durch einen Arbeitskollegen ihres Vaters, der bei Krupp als Ingenieur und Maschinenbaumeister beschäftigt ist, kommt sie zu dessen Frau nach Keppeln an den Niederrhein und besucht das Johanna-Sebus-Gymnasium in Kleve.

Ihre Mutter und ihre Schwester treffen ebenfalls ein; da rückt die Kriegsfront immer näher. Ihr Vater, inzwischen nach Culmbach versetzt, hört entsetzt von Straßenkämpfen zwischen Goch und Uedem und hat Angst um seine Familie: Er will sie aus der Schusslinie holen und lässt sich, immer in der Gefahr, entdeckt zu werden, von einem Verpflegungswagen an die Front schleusen. Er schafft es, seine Familie wegzuholen und nach Culmbach zu bringen. Doch auch hier holt der Krieg sie ein. Tonis Mutter ist die Erste, die eine weiße Fahne aus dem Fenster hängt.

Nach dem Krieg kehren sie nach Essen zurück. Der Vater verzichtet auf eine sichere Stelle bei Krupp - zugunsten eines fünffachen Vaters. Jetzt siedelt die ganze Familie nach Kervenheim über; sie ist über den Großvater von Toni mit den Otterbecks verwandt. Ihr Vater beginnt mit dem Aufbau des zerstörten Maschinenparks in der Schuhfabrik.

Toni, jetzt 15 Jahre alt, geht zur Rektoratsschule nach Kevelaer. Doch sie ist so ausgezehrt, dass sie der Schulweg immer stärker mitnimmt. Nach wenigen Monaten nehmen die Eltern sie von der Schule, und Toni Schäfer beginnt als Anlernling bei Otterbeck in der Buchhaltung. Sie lebt auf, kommt mit den Zahlen sehr gut zurecht, und hat hier, im Büro, 1953 die entscheidende Begegnung mit Bernhard Meiners.
Als sie ihn heiratet, hört sie bei Otterbeck auf. Das ist im September 1955. Doch immer stärker spürt sie, dass sie mehr tun möchte, sie vermisst ihren Beruf, auch wenn sie sich mit ganzem Herzen ihrem Sohn und später beiden Kindern widmet.

Es ist das Jahr 1959, als die Kirchengemeinde St. Antonius Kervenheim einen Nachfolger für den Rendanten Menzel sucht. An eine Rendantin denkt in Münster niemand. Eine Frau auf einer solchen Position? Das hat es nie gegeben. Und das wird´s nicht geben, heißt es im Generalvikariat. Doch Pfarrer Nellis hat einen Dickschädel, und den will er durchsetzen. Er hat Toni Meiners „entdeckt“, die in der Buchhaltung mit allen Wassern gewaschen ist. Sie soll neue Rendantin werden und sonst niemand!

Das sagt er unmissverständlich, als er 1959 mit Toni Meiners nach Münster fährt, um sie durchzusetzen. Das Hauptargument im Generalvikariat gegen eine Frau auf dem Rendantenstuhl: Jeder Pastor könne eine Frau leicht um den Finger wickeln. Nellis überzeugt ihn davon, dass sich jeder Pastor hüten müsse, nicht von Toni Meiners um den Finger gewickelt zu werden. Und er packt noch eines drauf: „Ich bleibe so lange hier sitzen, bis ich eine Zusage habe“. Welches seiner „Argumente“ den Ausschlag gibt, ist nicht verbürgt, aber Toni Meiners bekommt die Stelle. Der 15. Januar 1960 ist ihr erster Dienst-Tag. Sie ist die erste Rendantin im Bistum Münster.

Ein Glücksfall für sie: Sie kann zu Hause arbeiten, sich um ihre Familie kümmern und gleichzeitig die Bücher der Kirchengemeinde auf Vordermann bringen. Sie tut dies mit so viel Wissen und Geschick, dass es schon bald Lob aus Münster regnet. Eine so akribische Buchführung, wird ihr von einem Prüfer bescheinigt, sei im Bistum beispielgebend, und er lobt: „Ich nehme manches mit, was ich noch nicht kannte und was woanders gute Dienste leisten kann“.

Natürlich sind die Finanzen nicht nebenher zu erledigen, sie kommt auf 30 Arbeitsstunden in der Woche. Doch Toni Meiners hat alles im Griff. Erst 1980 wird sie entlastet. Ab 1978 schließen sich auf Wunsch des Generalvikariats alle Kirchengemeinden der Zentralrendantur an; Kervenheim ist ZUm Jahreswechsel 1980 an der Reihe und wird seither von Goch aus mitverwaltet. Toni Meiners ist nun Kämmererin. Ihre Arbeitszeit halbiert sich.

Doch sie bleibt in der Verantwortung und fühlt sich in der Verantwortung, vor allem als die großen Baumaßnahmen in der Gemeinde anstehen: Der Umbau der Kaplanei und die Errichtung des Pfarrheims. Ab April 1986 sitzt sie nicht mehr zu Hause, sondern im Pfarrbüro. In einer Würdigung sagt Roswitha Otterbeck über sie: „Engagiert, mit Herz und Verstand erledigt sie dort ihren Dienst. Taufen, Hochzeiten und Beerdigungen werden mit den Gemeindemitgliedern abgesprochen und später in die Kirchenbücher eingetragen“. Immer hat sie ein Ohr für die persönlichen Anliegen ihrer Besucherinnen und Besucher. Immer wieder ist es auch ein seelsorglicher Dienst, den sie versieht.

Sie schreibt die Berichte für die Kirchenzeitung, verfasst das wöchentliche Publikandum, besucht als Kontaktperson die Kirchenvorstandssitzungen und führt das Protokoll. Sie ist in der Pfarrgemeinde gern und buchstäblich „Mädchen für alles“. Nichts tut sie mit halbem Herzen, gleich in welcher Angelegenheit.

Die Zeit, die ihr zur freien Verfügung bleibt, füllt sie mit anderen Aktivitäten: Von 1985 bis 1993 stellt sie sich als Vorsitzende der Frauengemeinchaft zur Verfügung. Und sie engagiert sich in der Politik: Sie ist Mitglied der CDU, 1983 wird sie Schriftführerin im Vorstand des Stadtverbandes. Sie witzelt: „Das war der Job, den keiner machen wollte, weil er mit viel Arbeit verbunden war. Darum bekam ich immer hohe Stimmergebnisse“. Richtig ist, dass sie ihre Arbeit so ernst nahm, dass noch heute Christdemokraten von ihren sorgfältig verfassten Niederschriften schwärmen.

Sie belebt gemeinsam mit Brigitte Kempen-Hohl die CDU-Frauenvereinigung, führt sie Jahre lang und lässt sich im CDU-Ortsverband Kervenheim einspannen. 1992 rückt sie kurzzeitig für den erkrankten Karl Pegel in den Stadtrat nach. Die politische Arbeit kennt sie längst aus den Gremien, in denen sie tätig ist, und als Sachkundige Bürgerin im Kulturausschuss. 1995 wird sie zur Pressereferentin der CDU-Frauenunion auf Kreisebene gewählt. Noch bleibt sie als Mitglied im geschäftsführenden Kreisvorstand aktiv.

Im Januar 2000 feiert sie ihr 40-jähriges Rendantenjubiläum. Mitte Oktober 2000 wird sie gemeinsam mit ihrem Mann Bernhard aus dem kirchlichen Dienst verabschiedet, am 31. Oktober 2000 ist ihr letzter Arbeitstag.

© Martin Willing 2012, 2013