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Pastor in Kervenheim | * 1891 | † 1977
In Kevelaer ist er weniger bekannt, dafür in Kervenheim um so mehr, und
hier besonders den Menschen, die die Kriegszeit miterlebt haben: Pastor
Franz Nellis. 1891 in Leuth geboren, wurde Franz Nellis 1917 zum
Priester geweiht; er wirkte als Kaplan zunächst in Oedt und Rheinhausen
(St. Peter) und arbeitete in dieser Stadt - ab 1928 - auch als
Religionslehrer. Seine Ernennung zum Pfarrer von St. Antonius Kervenheim
erreichte Nellis im Kriegsjahr 1941, als sein Vorgänger Theodor Klucken
nach Meiderich versetzt worden war.
Franz Nellis hat die Geschehnisse in der Zeit der größten Not und
Unterdrückung in einer Pfarrchronik festgehalten, die erhalten geblieben
ist. Von ihm erfahren wir beispielsweise für den 15. Februar 1945, daß
im Keller des Kervenheimer Pfarrhauses 20 Kinder mit ihren Müttern
schliefen oder daß fünf Tage später der Endtschenhof [Endschenhof] „in
Feindeshand“ fiel und daß „die Familie Deckers mit Pastor R. Coenders
und Schwester aus Kevelaer ... mit dem Leben davongekommen (sind)“.
Seine Aufzeichnungen sind wichtige Dokumente für die Endphase des
Krieges, die in Kervenheim niederschmetternder und tödlicher war als in
allen anderen Teilen der heutigen Stadt Kevelaer.
Eine Woche vor dem Einmarsch der Alliierten legte sich der Pastor mit
deutschen Fallschirmjägern („eine unverschämte Bande“) an, die den
Pfarrhauskeller, der als Luftschutzkeller diente, zur Funkstation
ausbauen und mit Soldaten besetzen wollten. „Kommt nicht in Frage“,
vermerkte Nellis in der Chronik. Er riskierte eine scharfe
Auseinandersetzung mit einem Oberleutnant, der direkt vor dem Fenster
des Luftschutzkellers Granatwerfer aufbauen ließ. Der Pastor konnte
diese zusätzliche Gefahr für Zivilpersonen nicht verhindern. Am nächsten
Tag, morgens um vier: Volltreffer auf das Pfarrhaus, und in der
Wallstraße brannten Häuser. Franz Nellis verließ den Keller, um sich ein
Bild von den Folgen des Artillerieangriffs zu machen. Er fand Tote und
Verletzte im Dorf.
Erneut wirkte Nellis auf deutsche Soldaten ein, den „nutzlosen Kampf
aufzugeben“. Da wurde er bedroht, wegen Aufforderung zur Übergabe
abgeführt zu werden.
Kervenheim fiel, und seine Bürger wurden ins Lager Bedburg-Hau geführt.
Am 5. April 1945, Ostern war gerade vorbei, durften sie nach Kervenheim
zurückkehren, wo Franz Nellis sie empfing. Seine durch Bomben
beschädigte Kirche hatte er inzwischen soweit aufgeräumt, daß
Gottesdienste gefeiert werden konnten.
Der Geistliche gehörte zu den wenigen Pastören, die ihre Pfarrei in der
schlimmsten Zeit und auch in der anschließenden Wiederaufbauphase
betreuen durften; erst 1964 trat er in den Ruhestand. Seine Arbeit
setzten Josef Schneider (1964), Pater Hermann Bart, Dr. Heinrich
Valentin (1977) und
Dr. Emil Valasek (1982) fort.