|
|
|
Generalsekretär der Wallfahrt Kevelaer | * 1963
Die
Position eines Generalsekretärs der Wallfahrt Kevelaer ist nicht in der
Tradition des Priesterhauses verwurzelt. Sie ist vergleichsweise jung,
besetzt mit einem Mann voller Schaffenskraft, der die Spanne zwischen
Tradition und Geschichte auf der einen und den Anforderungen des 21.
Jahrhunderts auf der anderen Seite mit Wissen, Können und Leidenschaft
überbrückt. Für die Weiterentwicklung der Kevelaer-Wallfahrt, die sich
den Anforderungen und Veränderungen der Gesellschaft im
Internet-Zeitalter stellen muss, war diese moderne Personalentscheidung
von tragender Bedeutung.
Dass ihn einmal eine Berufung ins >
Priesterhaus holen könnte, ahnte
der junge Mann während seiner Berufsfindungszeit nicht. Rainer Killich,
dessen Elternhaus an der Bahnstraße 25 steht - direkt am Bahnübergang,
wo seine Mutter jahrzehntelang das Modehaus Rösen geführt hat -, wollte
Journalist werden. Freilich hatte er schon damals einen direkten Draht
zur Kirche, und zwar als begabter Musikus: Rainer Killich betreute -
ebenso wie Stefan Pannen und Winfried Günster - die von Pfarrer
> Gerd
Coenen 1976 gegründeten Antonysingers und leitete den kleinen Chor.
Rainer Killich (r.) mit den
Musiker von Horizonte (1992).
Derweil suchte >
Richard Schulte Staade, als Chef im Priesterhaus für das
Management der Kevelaer-Wallfahrt verantwortlich und auf helfenden Hände
angewiesen, eine vertrauenswürdige Stütze an seiner Seite - sozusagen
seine zweite Hand. Seine Wahl fiel auf Rainer Killich, der am 1. April
1992 seinen Dienst im Priesterhaus antrat. Killich sollte im Jahr darauf das
Aufgabenpaket von Canisianerbruder Sebald Stark, dem
"Sekretär im Wallfahrtsbüro", übernehmen. Bruder Sebald stand
nach über 35-jähriger Mitarbeit vor seinem Abschied von Kevelaer.
Schon
bald horchte Kevelaer auf. Der "neue Mann im Sekretariat" hatte was zu
sagen, so auf der Pilgerleitertagung des Jahres 1996, als er über das
Wesen der Wallfahrt sprach, sie gegen den Tourismus abgrenzte.
Rainer Killich (1993).
Killichs
Vortrag kam so gut an, dass ein Teilnehmer lautstark quer durch´s mit
300 Pilgerleitern gefüllte Bühnenhaus den Wunsch anmeldete: "Was Sie da
gerade erzählt haben, hätte ich gern schriftlich". Es war deutlich zu
spüren, daß etliche Pilgerleiter nicht nur praktische Hilfen für den
Wallfahrtsalltag erwarteten, sondern auch inhaltliche Ausrichtung.
Darüber hinaus müssen im Priesterhaus die Programme von weit über tausend angemeldeten
Pilgergruppen jedes Jahr koordiniert werden. Im Kevelaerer Blatt war
bereits damals zu lesen: "Zu einer nicht mehr wegzudenkenden Stütze der
Wallfahrt hat sich Organisator Rainer Killich entwickelt. Das Management
im Priesterhaus klappt so gut wie nie zuvor."
Rainer Killich wurde inzwischen als die "rechte Hand" des
Wallfahrtsrektors bezeichnet. Mit seinen Erfahrungen im säkularen Leben
hielt Killich den Anschluss an die Wirklichkeit. So erkannte er früh,
worin in den 1990er-Jahren das Geheimnis steigender Pilgerzahlen lag:
Wenn sich die Gesellschaft zunehmend verweltlichte, "konzentriert sich
das kirchliche Leben in immer stärkerem Maße auf Wallfahrtsorte, Klöster
oder andere kirchliche Ziele". Der große Schub in der
Wallfahrtsentwicklung - sichtbar in der Verlagerung von Großprozessionen
mit vielen hundert Pilgern zu kleineren Gruppen bis zu
Individualwallfahrten mit Einzelpilgern - wurde von Killich als
Zukunftsmodell dargestellt, dem die Realität dann auch folgen sollte.
Inzwischen war der gebürtige Kevelaerer nicht nur hauptberuflich,
sondern auch ehrenamtlich in der Pfarrgemeinde St. Marien tätig, nachdem
er sich in den Pfarrgemeinderat hatte wählen lassen. Mit dem Autor
dieses Dossiers traf Rainer Killich über viele Jahre fast jede Woche im
Priesterhaus zusammen, wo Wallfahrtsrektor Richard Schulte Staade,
Rainer Killich und der Journalist wichtige Kevelaer-Themen besprachen.
Rainer Killich war es, der als erster
von dem kühnen Plan erfuhr, im Jahr 2000 die Gottesmutter zur
Stadtpatronin der neuen Stadt Kevelaer auszurufen.
Logo der Bewegung Maria Kevelaer 2000.
Er war ebenso wie ich
im November 1997 Teilnehmer des II. Internationalen Kongresses der
Wallfahrtsstädte in Altötting. Wir saßen beim bunten Abschlussabend am
selben Tisch und verabredeten, dass er, Killich, am nächsten Morgen mit
mir im Reisemobil die Heimreise nach Kevelaer antreten würde.
Ich hatte mich schon früh am Abend in mein Gefährt zurückgezogen und noch gearbeitet.
Dann stand irgendwann - freilich nach langer gedanklicher Vorarbeit -
plötzlich der Auftrag im Raum, die Gottesmutter zur Stadtpatronin
auszurufen. Das war für mich am nächsten Morgen so klar und deutlich,
dass ich meinem Mitfahrer Rainer Killich davon erzählen konnte. Es war
der erste Gedankenaustausch über das noch in einer ungewissen Zukunft
liegende Geschehen am 31. Mai 2000, dem historischen Datum der
Patronatserklärung. Killich, der später mit Delia Evers und mir das praktisch
arbeitende Sekretariat des Kuratoriums von >
Maria Kevelaer 2000 bildete,
erwies sich als wertvoller Helfer und Verbindungsmann während der fast
dreijährigen Vorbereitungszeit.
Er setzte auch die richtigen Akzente. Im Frühjahr 1998 trafen sich die
Rektoren der Wallfahrtsorte im deutschsprachigen Raum zum dritten Mal - nach Mariapocs
(1996) und Kevelaer (1997) diesmal in Maria Einsiedeln (Schweiz). Sie beschlossen,
ihrer Arbeitsgemeinschaft eine feste, institutionalisierte Form zu
geben. Das drückte sich in der Einrichtung eines Sekretär-Amtes aus. Mit
dieser wichtigen Funktion wurde Rainer Killich beauftragt.
Der
"zweite Mann" im Priesterhaus hielt auf internen und öffentlichen
Zusammenkünften Vorträge, die die Entwicklungsgeschichte der Wallfahrt
durchleuchteten. Längst hatte sich Killich den Ruf erarbeitet, nicht nur
ein erstklassiger Organisator im Wallfahrts-Management, sondern auch ein
exzellenter Kenner des sensiblen Stoffes zu sein, den Marienverehrung
und Volksfrömmigkeit nach außen hin darstellen.
"Täglich Brot": Arbeit am Computer.
Darüber
hinaus machte er sich die moderne Technik untertan. Ende 1999 stellte er
nach dreijähriger Entwicklungsarbeit durch die Ideenschmiede des >
Benno
van Aerssen eine multimediale CD vor, die es erlaubte, die Gnadenstätten
von Kevelaer virtuelle zu besichtigen, durch die Basilika zu wandern und
per Mausklick die Orgel losjubeln zu lassen. Internet und Multimedia -
das waren nun im Priesterhaus eingeübte Begriffe.
Seine Leidenschaft für Musik kam in all den Jahren nicht zu kurz. Rainer
Killich, dessen Instrument die Querflöte ist, bildete 1997 mit >
Annegret
Beckedahl, der Musikvereinsvorsitzenden, mit Weihbischof >
Heinrich
Janssen und anderen ein Kuratorium zur Unterstützung der
Basilikakonzerte. Er wirkte 1997 beim Singspiel "Regenbogenfisch" für
die Erstkommunionkinder vom Niederrhein mit, war im Jahr 2000 bei der
Uraufführung des Singspiels "Das Mädchen und der Engel" als Mitglied der
Gruppe Horizonte dabei, außerdem bei einem Stück, das dem heiligen
Willibrord gewidmet, und bei manch anderem musikalischen Ereignis in den
folgenden Jahren.
Rainer Killichs Doktorarbeit fand im Jahr 2000 besondere Anerkennung
durch die Volksbank-Stiftung, die den Autor mit einem hohen Betrag
ausstattete, um die Arbeit drucken lassen zu können. So wurde die
Veröffentlichung seiner Dissertation > "Adrian Poirters - Het Pelgrimken
van Kevelaer“ möglich. Killich hatte im Fach Musikwissenschaften
promoviert und Gesänge von Pilgern wissenschaftlich untersucht. Dabei
hatte der Kevelaerer die Einheit aus Texten und Melodien wieder
hergestellt.
Das erste Liederbuch für Kevelaer.
Auf diese Forschungsarbeit war er durch Zufall gestoßen. In der
Königlichen Bibliothek in Gent hielt der Flötist mit ausgezeichnetem
Solotalent als Musikstudent der Universität in Münster eines Tages ein
kleines Gebets- und Gesangbuch für Kevelaer in der Hand, ein zerlesenes
Exemplar aus gelbem und grobem Papier, das fast auseinander fiel. Der
Jahrgang elektrisierte ihn: 1648, aufgelegt wenige Jahre nach den
wunderbaren Ereignissen auf dem heutigen Kapellenplatz: „Het Pelgrimken
van Kevelaer“ aus der Feder des damals berühmten Dichters Adrian
Poirters. „Von diesem Büchlein wusste niemand etwas“, sagte Killich über
das Werk, das heute als das erste und älteste Gebets- und Gesangbüchlein
für Kevelaer gilt.
Neben seinem Beruf sind für sein Leben Musik und Sport wichtig. Aber
nichts geht über seine Familie, mit der der zweifache Vater in der
Marienstadt zu Hause ist.
Rainer Killich, „Adrian Poirters - Het Pelgrimken van Kevelaer“, Rekonstruktion historischer Kevelaerer Wallfahrtsgesänge aus dem 17. und 18. Jahrhundert, Lit-Verlag Münster, Bd. 3, 2001, 344 S., 59,80 DM, ISBN 3-8258-3348-8