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Druckerei-Unternehmer in Kevelaer | * 1935
Er
gehört zu der Generation, die um ihr Recht auf unbeschwerte Kindheit
betrogen worden ist. Als er geboren und auf den Namen Paul Nikolaus
getauft wird, hat das Nazi-Regime bereits von Deutschland Besitz
ergriffen. Und er ist zehn Jahre alt, als das Dritte Reich
zusammenbricht und die Notzeiten des Wiederaufbaus beginnen. Behütet
durch ein starkes Elternhaus, geprägt von der christlichen
Lebenseinstellung seiner Eltern
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Edmund und
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Hildegard Bercker, taucht Klaus, der Jugendliche und
Heranwachsende, in die erste Nachkriegszeit ein.
Ihm wird nichts geschenkt, und er muss sich seine Ausbildung zum Setzer
und Drucker und seine spätere Rolle im väterlichen Unternehmen wie jeder
andere erarbeiten. Ausgebildet im eigenen Haus und in Betrieben in Köln,
Irland, Olten, Kempten und München, beginnt Klaus 1956 seine berufliche
Laufbahn im Unternehmen Bercker. Sein Vater wird 25 Jahre später über
ihn sagen: „Für all deine Umsicht, die wir persönlich kennengelernt
haben, und für all deine Arbeitsleistung sei dir herzlich gedankt.“
Früh wird Klaus Bercker ebenso wie sein Bruder Edmund vom Vater in die
Geschäftsleitung von
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Butzon & Bercker eingebunden. Über eine lange Zeit
bereitet Edmund Bercker sen. seine Söhne auf die spätere alleinige
Verantwortung für Hunderte von Arbeitsplätzen und eine alte Kevelaerer
Traditionsfirma vor.
Klaus Bercker entwickelt sich im verschachtelten Unternehmen zum ersten
Mann für den grafischen Zweig, der die mit Abstand höchsten
Investitionen in Personal, Maschinen und Auftragsakquisition fordert.
Immer größere Druck- und Buchbindekapazitäten verlangen nach immer mehr
„Futter“. Mit viel Ausdauer und Geschick baut Klaus Bercker einen
wachsenden Kundenstamm für das grafische Unternehmen auf. Zusammen mit
seinen Vertrauten in der Führungsetage liefert er die richtigen
Grundlagen für Zukunftsentscheidungen, so dass es dem Grafischen Betrieb
Bercker gelingt, im Konzert der deutschen Druckindustrie in den vorderen
Reihen mitzuspielen.
Das ist eine nicht hoch genug einzuschätzende Leistung, denn der
gigantisch gewachsene Kapitalbedarf im grafischen Gewerbe industrieller
Prägung löst Firmenzusammenbrüche und -fusionen aus. Wenige Konzerne
nehmen heute mit ihrer konkurrenzlosen Auftragsmacht eine beinahe
monopolistische Marktstellung ein.
„Wir haben die Marktveränderungen rechtzeitig erkannt und sind heute
sehr stark im Fachbuch“, sagt Klaus Bercker 1992 in einem KB-Gespräch.
Gemäß alter Familientradition will Klaus Bercker auch im
gesellschaftlichen Leben seiner Heimatstadt Aufgaben übernehmen. Er
tritt 1968 in die CDU ein, lässt es aber dabei bewänden und schaltet
sich nicht aktiv in die Kommunalpolitik ein. Ihn zieht es in der
Freizeit eher zur „Sportfraktion“ - zum Tennisverein und zum
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KSV, dessen Förderkreis er unter seine Fittiche nimmt. Zuvor
Beisitzer im KSV-Förderkreisvorstand, wird er 1981 Vorsitzender als
Nachfolger von Bernd Weckenbrock.
1988 wählen ihn die Mitglieder des Tennisvereins Blau-Weiß zum
Vorsitzenden - ein Amt, das der begeisterte Tennisspieler zwölf Jahre
lang ausübt und das ihm viel Freude bereitet. Er engagiert sich zudem
seit 1974 in der Selbstverwaltung der Allgemeinen Ortskrankenkasse. Für
dieses bürgerschaftliche Engagement wird ihm 1993 das
Bundesverdienstkreuz verliehen. Auch in Berufsverbänden wie der
Unternehmerschaft Papierverarbeitung Linker Niederrhein übernimmt er
Verantwortung.
Klaus Bercker (r.) und sein
Bruder Dr. Edmund Bercker (l.): Chefs von Butzon & Bercker und des
Graphischen Betriebs Bercker.
Klaus Bercker, ein kontaktfreudiger Mensch, der am geselligen und
kulturellen Leben seiner Heimatstadt mit Freude teilnimmt, begegnet
seinen Mitarbeitern auch im Berufsalltag mit menschlicher Wärme. Wer
einmal in der Firma Fuss gefasst hat, gehört in der Regel ungewöhnlich
lange zur großen Mannschaft. Für jene Unternehmer, die sich zu ihrer
sozialen Verantwortung als Arbeitgeber bekennen und danach handeln, ist
Klaus Bercker ein herausragendes Beispiel. „Chef-Allüren“ sind ihm, auch
darin ähnelt er seinem Vater, völlig fremd.
Es bleibt nicht verborgen, dass zwischen den beiden Bercker-Brüdern
Spannungen bestehen. Trotzdem ist die Öffentlichkeit überrascht, als
Ende 1998 die Entscheidung bekannt wird, dass die Brüder künftig
geschäftlich getrennte Wege gehen. Bislang sind Klaus und Dr. Edmund
Bercker je zur Hälfte an der Bercker Graphischer Betrieb GmbH und der
Butzon & Bercker GmbH beteiligt. Zum 1. Januar 1999 wird der Grafische
Betrieb, der zu diesem Zeitpunkt 150 Mitarbeiter beschäftigt, an den
Ulmer Unternehmer Ulrich Schurer verkauft. Gleichzeitig überlässt Klaus
Bercker seinem Bruder den 50-Prozent-Anteil an der Butzon & Bercker
GmbH, so dass Dr. Edmund Bercker alleiniger Inhaber des Verlages mit den
angeschlossenen Betriebszweigen Bronzegießerei, Kunstwerkstätten und
Ladenbau wird.
Für Klaus Bercker ist es ein Abschied aus dem Berufsleben in Raten. Zwar
gehört er im „neuen“ Grafischen Betrieb Bercker neben dem
geschäftsführenden Gesellschafter Ulrich Schurer als zweiter
Geschäftsführer zunächst noch zum Leitungsgremium, zu dem auch Prokurist
Herbert Ehren, Helmut Eich (Einkauf) und Fritz Wimmers (Verkauf) zählen;
und Bercker will, wie er sagt, dem Unternehmen „noch einige Jährchen“
zur Verfügung stehen. Aber es werden kaum mehr als zwölf Monate. Ein
gesundheitlicher Rückschlag ruft ihm nachhaltig in Erinnerung, dass er
nicht unbegrenzt Zeit hat.
Nach 44 Jahren im Betrieb verabschiedet er sich im April 2000 endgültig
ins Privatleben. Er dankt bei der Abschiedsfeier seinen ehemaligen
Mitarbeitern und vor allem seiner Frau Maria, die wie seine Kinder in
turbulenten Jahren auf ihn verzichten mussten. „Ich will mir Zeit nehmen
für Reisen. Ich war viel unterwegs in der Welt und habe doch kaum etwas
kennengelernt außer den Hotels. Es blieb bei den Geschäftsreisen keine
Zeit für Privates.“ Das soll sich ändern.
Zwölf Jahre danach...
Im März 2012 musste Klaus Bercker miterleben, wie der neue Inhaber die
Schlussphase für den grafischen Betrieb mit fast 200 Mitarbeiter
einleiten musste. Der grafische Betrieb Bercker war insolvent geworden,
wurde abgewickelt und vom Markt genommen. Was 1870 mit einer kleinen
Buchbinderei begonnen hatte, wurde 142 Jahre nach der Gründung für immer
beendet.