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Präsident der St.-Antonius-Schützengilde | * 1942
Das
Schicksal meint es nicht gut mit dem Kind. Es wird ausgerechnet am
Heiligabend geboren, was seinem späteren Leben eine Mangelerscheinung
aufdrückt: Nie weiß Fred so recht, ob er ein Weihnachts- oder ein
Geburtstagsgeschenk erhält. Dafür wird man später, besonders in
Schützenkreisen, genügend Anlässe finden, den „gelernten“ Kevelaerer zu
feiern und zu ehren.
Im Kriegsjahr 1942 erblickt er das Licht der Welt in Goch. Seine Mutter
ist Margarete Bay (geborene Paepen von der Hauptstraße in Kevelaer),
sein Vater Robert Bay, ein selbstständiger Kaufmann, der sich zeitweilig
auch anstellen lässt. Vier Kinder gehen aus der Ehe hervor, und zwar in
dieser Reihenfolge: Karl, Fred, Klaus und Heiner. Alle werden in
Kevelaer Wohnung nehmen.
Gegen Ende des Krieges wird die Familie von Goch nach Süddeutschland
evakuiert. Als sie an den Niederrhein zurückkehren darf, findet sie ihr
Haus in Goch zerstört vor. Weil Mutter Margarete aus Kevelaer stammt,
kann die Familie bei ihren Geschwistern Paepen in der Hauptstraße Nr. 42
unterkommen. Hier wachsen die vier Bay-Kinder auf.
Fred Bay besucht die Marktschule auf dem heutigen Peter-Plümpe-Platz und
die Sexta des >
Kevelaerer Gymnasiums. Er wechselt an ein naturwissenschaftliches
Gymnasium in Wattenscheid, wo eine Tante wohnt. Dort lebt er während der
Schulzeit, und in den Ferien radelt Bay nach Kevelaer zu Eltern und
Geschwistern. Mit der Mittleren Reife verlässt er das Gymnasium in
Wattenscheid und beginnt bei Schlosser- und Kunstschmiedemeister Erich
Rasch an der Ecke Schanzstraße/Venloer Straße (in der Nähe des früheren
Feuerwehrgerätehauses) eine Schlosserlehre. Nach dreijähriger Ausbildung
geht Fred Bay für ein Jahr auf Montage nach Düsseldorf und für zwei
Jahre zur Bundeswehr zu den Fallschirmspringern. Nach der Bundeswehrzeit
erkrankt der junge Mann so schwer, dass er ein Jahr seinen Beruf nicht
ausüben kann.
Auf dem zweiten Bildungsweg arbeitet sich der Kevelaerer in Stuttgart
zum staatlich geprüften Techniker - Fachrichtung Stahlbau - hoch,
außerdem zum REFA-Fachmann und Schweißtechniker. Mit dieser
Qualifikation findet er schnell seine erste „richtige“ Stelle und tritt
in die Dienste einer kleinen Firma in Krefeld ein. Später wechselt er
nach Veert, geht dann aber nach Krefeld zurück, wo er für eine große
Stahlbaufirma 27 Jahre lang bis zu seinem gesundheitsbedingten,
vorzeitigen Ruhestand im Jahr 1999 tätig ist.
Fred Bay heiratet 1971 Maria Rogmann, die Tochter von
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Paul Rogmann,
der von 1953 bis 1974 Präsident der St.-Antonius-Schützengilde Kevelaer
ist. Die Eltern von Maria Bay wohnen in der Dondertstraße, dort wo Fred
und Maria Bay heute leben. Zwei Söhne werden ihnen geboren: Volker Bay
(später tätig als Diplom-Ingenieur Fachrichtung Kommunikation) und
Michael Bay (Diplom-Ingenieur und Schweißfach-Ingenieur).
Die „Vorbelastung“ durch den Schwiegervater bleibt nicht ohne Folgen. Um
einen Bierdeckel versammelt, debattieren eines Abends im Jahr 1976 Fred
Bay und Mathias Roelofs vom Ballspielverein über das Für und Wider einer
Mitgliedschaft im Schützenverein im Allgemeinen und in der
St.-Antonius-Schützengilde im Besonderen. Der Ballspieler bringt vor
allem das durchschlagende Argument, es gehe ja wohl nicht an, die
Tochter eines früheren Schützenpräsidenten zu heiraten und selbst nicht
Schütze zu werden.
Fred Bays „Kapitulation“ und Aufnahmeantrag in die Gilde werden an Ort
und Stelle auf einem Bierdeckel dokumentiert.
Von einem besonders aktiven Mitglied kann zu diesem Zeitpunkt weniger
gesprochen werden, zumal Fred Bay 1978 im Auftrag seiner Krefelder Firma
für ein Jahr nach Saudi-Arabien geht, wo er Baustellen leitet. Von 1981
bis 1983 arbeitet der Kevelaerer wieder in Saudi-Arabien. Er ist mit den
zwei „Grundgesetzen“ in diesem islamisch geprägten Land vertraut: „Keine
Frauen, kein Alkohol“. Ausgestattet mit einem Sechs-Monate-Arbeitsvisum,
müssen die Deutschen bei Ablauf der Arbeitserlaubnis das Land wenigstens
für 24 Stunden verlassen, was zu dem einen oder anderen Kurzurlaub - zum
Beispiel nach Ägypten - führt. Am nächsten Tag stehen sie wieder auf
ihren Baustellen - mit einem frischen Einreisestempel im Pass. Und damit
es nicht auffällt, hat jeder zwei Pässe in der Tasche.
Beim dritten und letzten Aufenthalt in Saudi-Arabien vereinbart Bay mit
seiner Firma einen anderen Arbeitsrhythmus: Vier Wochen Saudi-Arabien,
dann 14 Tage zu Hause in Kevelaer. Das ist Fred Bay seiner Familie
schuldig, und die Firma stimmt gerne zu, denn sie hält große Stücke auf
den Fachmann und will nicht auf ihn verzichten.
Fred Bay, von Hause aus mit einem eher dunklen Teint ausgestattet, wird
in Saudi-Arabien, zumal er von der Sonne gebräunt ist und ausnahmsweise
einen Bart trägt, das Opfer einer Verwechslung. Ein Saudi, der sich um
das Seelenheil des Kevelaerers sorgt, hält Fred Bay für einen
Einheimischen und will ihn mit rabiaten Argumenten in eine Moschee
treiben. Erst als Bay, der sich in Saudi-Arabien normalerweise auf
Englisch unterhält, in deutscher Sprache protestiert, gibt der strenge
Sittenwächter Ruhe.
Drei Jahre ist Fred Bay in seiner Heimatstadt „sesshaft“, da lässt er
sich in der Antoniusgilde aktivieren und 1986 zum Stellvertreter des
Präsidenten >
Johann Ingenhaag als Nachfolger von Mathias Jansen wählen. Im Jahr
1987 kommt es „knüppeldick“: Bay wird Festausschuss-Vorsitzender für die
Vorbereitungen zur Kirmes 1989 (festgebender Verein), er schießt beim
Königsschießen der Gilde den Vogel ab, wird bald darauf Stadtkönig -
diesen Wettkampf gibt es von 1986 bis 1988 -, erringt den zweiten Platz
beim Stadtbundschießen und vertritt den Bezirk beim Bundesschießen in
Kleve. 1989 nimmt Fred Bay als erster Kevelaerer am Europa-Schützenfest
in Valkenburg bei Maastricht in Holland teil. Geschossen wird mit alten
Vorderladern.
Nach dem Rückzug von Johann Ingenhaag als Präsident der
St.-Antonius-Schützengilde wird Fred Bay 1989 auf der
Martini-Versammlung zu dessen Nachfolger gewählt. 80 bis 100
Verpflichtungen im Jahr bringt das Präsidentenamt mit sich. „Privat
läuft dann kaum noch was“. Aber diese Zeit macht Bay viel Freude.
Die „Männ“ ist intakt, und für Weiterentwicklungen ist immer Raum: Fred
Bay führt die „Tour de Männ“ ein, eine ausgiebige Fahrradtour, die heute
als Teil des jährlichen Familienfestes der St.-Antonius-Schützengilde
veranstaltet wird. Unter Bays Präsidentschaft werden für die
Jungschützen die bisher blauen Westen gegen schwarze ausgetauscht.
Schüler und Jugendliche erhalten ein neues Abzeichen, das aufgenäht
wird. Ein fahrbarer Schießstand für Jungschützen wird gebaut, für den
Bay bei seiner Firma in Krefeld einen alten Bauwagen organisiert hat.
Der Schießstand wird noch heute - gemeinsam mit der St.-Hubertusgilde -
benutzt. Bay ist Mitinitiator, als der
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Schießstand des Stadtbundes der Schützen bei Scholten erweitert und
erneuert wird.
Als 1994 die St.-Antonius-Schützengilde ihr 450-jähriges Bestehen feiert
und festgebender Verein in Kevelaer ist, wird unter der Präsidentschaft
von Fred Bay etwas Besonderes organisiert: Vom 19. bis 27. März
unternehmen die Schützen eine Rompilgerfahrt, die - offen auch für
Nichtmitglieder - von Pastor Alois van Doornick geistlich begleitet
wird. 114 Teilnehmer hat diese unvergessliche Fahrt. Zum Jubiläum zeigt
die Gilde in der Volksbank eine viel beachtete Ausstellung. Und
geschossen wird im Jubläumsjahr nicht am Stand Scholten, sondern dort,
wo die Wurzeln der Gilde liegen und wo bis 1962 das Vogelschießen
abgehalten worden ist: Auf dem Gildenkamp an der Gelderner Straße. Die
Vorstandsmitglieder erscheinen zum Fest so wie früher, nämlich mit
Zylinder und im Cut.
Im Jahr nach dem Jubiläum endet Fred Bays Amtszeit als Präsident der
„Männ“. Er gibt das Ruder an seinen Stellvertreter Rudi van Bühren ab.
Bays Gesundheit spielt nicht so mit, wie er es sich wünscht. Das ist
auch der Grund für seinen Vorruhestand, auf den er sich mit seiner Firma
für Ende 1999 verständigt hat. Seitdem genießt er die schönen Seiten des
Schützenlebens - ohne die früheren Belastungen.