Heute las ich einen Zeitungstext. Die Redaktion stellte Menschen vor, die teils professionell und teils ehrenamtlich an der Seite von Trauernden sind. Da fiel ein denkwürdiger Satz. Wie lange jemand in seiner Trauer begleitet werde, hänge von der jeweiligen Person ab: „Das können schon mal zehn bis 15 Einzelgespräche werden. Mancher ist nach drei Gesprächen befreit und kommt alleine klar.“
Der Satz hat mich umgehauen.
„Mancher ist nach drei Gesprächen befreit.“
Der Trauerbegleiter nimmt sich ein bisschen wichtig, wenn er meint, die Gespräche mit ihm könnten einen Trauernden von seiner Trauer befreien.
Und was heißt befreien? Müssen Trauernde befreit werden? Nimmt Trauer sie denn gefangen? Haben sie irgendetwas an sich, das sie baldmöglich ablegen sollten, als wär‘s ein Paar drückende, weil zu eng gewordene Schuhe, die hinderlich beim Weitergehen sind?
Nein, sie müssen nicht befreit werden von der elementaren Lebenserfahrung, die sie gerade machen. Dieser Prozess will von ihnen durchlaufen werden und endet nicht nach drei, zehn oder 15 Gesprächen und schon gar nicht aufgrund dieser Gespräche. Klar, Begegnungen können hilfreich sein und den Trauernden stützen. Oft sind sie überaus wertvoll. Jeder „Befreiungsversuch“ ist allerdings übergriffig.