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  MARTINI ON THE ROCKS | Martinus auf der Palme

Beherrschen uns künftig die Maschinen?

Die Öffnungszeiten von Pofalla und anderer Blödsinn

Logo für Mr. W. Martini on the RocksWenn Sie in die hochgepriesene Suchmaschine Google die beiden Begriffe "Pofalla, Kevelaer" eingeben, zeigt Google bereits an neunter Stelle der Trefferliste folgendes Ergebnis:

www.marktplatz-mittelstand.de › Nordrhein-Westfalen › Kevelaer
Sie Suchen nach pofalla. Hier finden Sie Adressen, Telefonnummern, Bewertungen und Öffnungszeiten für pofalla.

Die cleveren Programmierer der Website "marktplatz-mittelstand.de" tricksen bei Google den Algorithmus aus. Mit dessen Hilfe wählt ein Computerprogramm Ergebnisse einer Suchanfrage aus und sortiert sie nach scheinbarer Wichtigkeit. Wenn Google an prominenter Stelle, nämlich auf der ersten Ergebnisseite, auch solchen Blödsinn anbietet, müssen wir den Verdacht hegen, dass selbst der Weltmarktführer nur mit Wasser kocht.

Ähnliche Scherzartikel werden Ihnen präsentiert, wenn sie beispielsweise in digitalen Zeitungsarchiven mit Hilfe eines Stichworts recherchieren. Gnadenlos wird alles angeführt, was der Buchstabenfolge des Suchbegriffs entspricht. Ohne verfeinerte Suche mit Hilfe präziserer Angaben suchen Sie sich im Datenmüll einen Wolf.

Ich bin mit der Unvollkommenheit der Maschinen eigentlich recht zufrieden. Der Anwender erkennt noch, dass maschinengesteuertes Wissen brüchig, unvollkommen und zuweilen grottenschlecht ist.

Aber das wird sich ändern.

Die Computerprogramme werden eines Tages so perfekt funktionieren, dass wir nicht mehr merken werden, wie Maschinen unser Wissen und Kaufverhalten, unsere Erkenntnisse und Bedürfnisse, unsere Leidenschaften und Entscheidungen beeinflussen. Und vielleicht sogar steuern.

Was für ein Reinfall! Als die große Freiheit des Internets die Menschen erfasste und sie glaubten, nun sei die Macht der Konzerne und des großen Kapitals gebrochen, weil jeder das Netz nutzen und durch eigene Angebote bereichern könne, glaubten wir noch an den Weihnachtsmann. Ich gehöre übrigens auch dazu:

Das Publizieren, schrieb ich vor mehr als 15 Jahren auf meiner ersten Homepage, sei nun "demokratisiert". Nachrichten zu erarbeiten und zu veröffentlichen, sei nicht mehr das Privileg kapitalstarker Verlage und Sender. Kostspielige Druckmaschinen und Sendeanlagen, früher unerlässliche "Hardware" der Medien, seien nicht mehr zwingend erforderlich. Die Karten seien neu gemischt, und alles stehe auf Anfang. Nun endlich hätten alle die gleichen Chance - dank des frei zugänglichen Internets.

Diese weihnachtsmannmäßige Annahme ist von der Wirklichkeit seit langem gekillt. Die Chancengleichzeit im Netz wird durch trickreiche Programme, die von hochbezahlten Spezialisten komponiert werden, unterlaufen. Wer über diese teuren Hintergrund-Programme verfügt - und das sind natürlich die Großanbieter -, steuert beispielsweise die Suchmaschinen so, dass seine Inhalte auf der ersten Seite und ganz vorne präsentiert werden, auch wenn es sich im Vergleich zu anderen Inhalten um Zweitrangiges oder um Schrott handelt.

Ich habe keine Ahnung, was uns die Zukunft bringen wird. Nur eines ist klar: Wer den Mächtigen wie Google, facebook & Co. wenigstens den einen oder anderen Etappensieg verhageln möchte, muss mit völlig neuen Ideen kommen.

Donnerstag, 22. November 2012 

© Martin Willing 2012