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Datenschutz-Verständnis der CDU-Kreispartei war ich bereits verzweifelt.
Jetzt kam der nächste Tiefschlag: Die Kreis Klever SPD adelte die
Datenkrake Facebook, indem sie sich nun ebenfalls in dem
asozialen Netz präsentiert, dessen Methoden von deutschen Datenschützern
als illegal eingestuft werden ("Die Zeit").
Der Kampf scheint verloren zu sein. Wenn selbst Kirchen und
Kirchengemeinden mit den Wölfen heulen und vom hohen Aufmerksamkeitswert
profitieren wollen, den die riesige Facebook-Community
verspricht, müssen sich CDU, SPD & Co. für ihre Fehltritte nicht
schämen? Von wegen! Daran ändert auch der Papst nichts, der künftig bei Twitter vertreten
sein will.
Das Nicht-Sehen der Gefahren durch die Datensammlungs-Unternehmen, die
Profile von den Nutzern herstellen und für punktgenaue Werbung an
zahlende Kunden verkaufen, ist erschreckend. Dem Verantwortlichen für
die Öffentlichkeitsarbeit der Kreis Klever SPD, Bodo Wißen, fiel zur
SPD-Premiere bei Facebook nur ein: "Wir setzen auf den direkten
Bürgerdialog auf allen Kanälen. Dazu gehören Info-Abende, Info-Stände,
Hausbesuche, Sprechstunden, die klassische Pressearbeit und natürlich
seit vielen Jahren auch unser Internetauftritt. Dieser wird nun durch
ein modernes und sehr beliebtes Kommunikationsmittel ergänzt." Ein
Armutszeugnis!
Parteien und verantwortliche Politiker geben mit ihrem Persilschein für
Facebook Millionen Menschen, die sich ahnungslos in die Fänge
begeben, ein miserables Beispiel. Nicht nur das. Sie ermuntern geradezu,
ihnen ins Facebook-Netz zu folgen.
Hat denn niemand gelesen, was Innenminister Hans-Peter Friedrich Mitte
Oktober in der "Zeit" erklärt hat?
Facebook tut Dinge, die nach unserem Verständnis nicht akzeptabel sind. Was kann ich als deutscher Innenminister dagegen tun? Facebook argumentiert, sie säßen in Irland und unterlägen entsprechend dem EU-Recht dem irischen Datenschutz. Das ist nicht von der Hand zu weisen. Was ich also tun kann, ist erstens für ein besseres EU-Recht zu sorgen. Zweitens kann ich versuchen, dass sie sich zusätzlich zu den für sie geltenden Gesetzen einer freiwilligen Kontrolle in Deutschland unterwerfen.
Und:
Facebook und Co. sind kommerzielle Organisationen, die mit dem, was sie tun, Geld verdienen wollen. Dort muss man ansetzen. Wenn sie hier in diesem Markt Geld verdienen wollen, müssen sie sich an unsere gemeinsamen Gesetze halten. Sie sagen, sie tun es nicht, weil die Gesetze nicht durchgesetzt werden. Unser Ansatz ist es nun, einen Datenschutz zu schaffen, der für ganz Europa gilt – für einen Markt mit 500 Millionen Menschen. Damit haben wir Facebook gegenüber eine größere Macht, diesen Datenschutz auch durchzusetzen. - Entscheidend ist, dass wir ein einheitliches Datenschutzgesetz für ganz Europa wollen. Ist das erst einmal verabschiedet, müssen Konzerne wie Facebook und Google sich gut überlegen, ob sie es riskieren wollen, in diesem großen Markt nicht mehr vorzukommen.
Noch deutlichere Worte hat Thilo Weichert, der deutsche
Landesdatenschützer für Schleswig-Holstein, gefunden, die aufklären, um
was es sich seiner Meinung nach bei Facebook handelt:
Das Konzept ist: rechtswidrig personenbezogene Daten zu erheben, diese umfassend auszuwerten und zur Grundlage für den Verkauf von zielgerichteter Werbung zu nutzen, um damit gewaltige Summen Geld zu verdienen.
Und:
In Hinblick auf das deutsche und europäische Datenschutzrecht müssen wir
das Geschäftsmodell von Facebook als illegal bezeichnen.
(Quelle: "Facebook ist illegal", Newspaper & Webtech 3/2012, S. 14)
Wie passt das alles zusammen? Auf der großen politischen Bühne wird um
die Lösungen gerungen, wie die Datensammlungskonzerne gezwungen
werden können, sich an Datenschutzgesetze zu halten. Gleichzeitig wird
auf der lokalen Bühne mit der Krake, die es zu bändigen gilt,
herumgeturtelt.
Donnerstag, 15. November 2012
© Martin Willing 2012