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In
den 1990er-Jahren endete das fernsprechmäßige Mittelalter. Das war jene
Epoche, als der Deutsche als solcher ein gestripptes Telefon besaß und
damit glücklich war.
Glückliches Kind: Smartphone
am Ohr.
Überkam den Menschen im vorhandyalen Zeitalter unterwegs ein heftiges
Sprechbedürfnis, peilte er eine Telefonzelle an, warf Groschen hinein
oder steckte eine Telefonkarte in den Schlitz. Vor allzu langen
Gesprächen bewahrten ihn die Beine, die ihm in den Bauch standen.
Heute telefoniert schon jedes Blag. Das dritte Wort nach „Mama“ und
„Papa“, das das deutsche Kleinkind aussprechen kann, ist „Händie“, und
wenn nicht, liegt eine signifikante Entwicklungsstörung vor.
Die Erwachsenen machten es vor. Er, der Erwachsene als solcher,
bescheinigte sich durch allzeitliche Rufbereitschaft seine Wichtigkeit.
Es ist ja auch ein schönes Gefühl, aller Augen auf sich gerichtet zu
sehen, wenn mitten in einer Besprechung das Handy quäkt, weil Tante
Frieda aus dem Emsland ihrem Neffen mitteilen muss, dass es dort gerade
regnet, und sie der Antwort auf ihre Frage entgegenfiebert, wie denn das
Wetter in Kevelaer sei. Kein Wunder, dass auch die Kinder inzwischen
ohne Smartphones nicht mehr leben können.
Wie, Ihr Fünfjähriger hat noch kein Handy? Dann warten Sie mal ab! Das
Christkind leidet an ansteckender Telefonitis und verteilt die Dinger
wie Grippeviren.
Donnerstag, 20. September 2012
© Martin Willing 2012