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    SACHBEGRIFFE |
Tentler, Bernd

Geschichte eines alten Kevelaerers | * 1903 | † 1973

Bernhard TentlerTentlers Bernd auf dem Fahrrad - er kannte in Kevelaer jeden, und jeder kannte das Gespann. „Er war ein lieber Mensch“, sagt seine Schwiegertochter Alwine. Bernhard Tentler sorgte für Strom in der Stadt und wurde Anfang der 1920er-Jahre nebenbei zum ersten Filmvorführer Kevelaers.

Als im November 1921 das Lichtspieltheater im Fahnensaal des Priesterhauses eröffnet wurde, montierte und reparierte der 18-jährige Bernhard Tentler Licht- und Kraftanlagen mit Dreh- und Wechselstrom für das Elektrizitätswerk Kevelaer.

Amtsbürgermeister Aloys Eickelberg bescheinigte Tentler später in einem Zeugnis Fleiß, Zuverlässigkeit und Pünktlichkeit, Pflichtbewusstsein und Energie.

So bekam Bernhard Tentler, der vom 5. Oktober 1919 bis zum 31. Juli 1935 im Dienst des Elektrizitätswerks der Gemeinde Kevelaer stand, samstags, sonntags und montags die besondere Aufgabe zugewiesen, Filme im Fahnensaal vorzuführen. Erst nachträglich, im Mai 1925, legte er bei der Prüfstelle für Lichtspielvorführer in Düsseldorf seine Prüfung ab. Sie bescheinigte ihm offiziell, dass er elektrische Bildwerfer selbstständig bedienen könne.

„Auch hat Tentler als geprüfter Vorführer den elektrischen Apparat im öffentlichen Lichtspielhaus der Gemeinde Kevelaer vom 1. November 1921 bis zum 15. Juni 1933 selbständig bedient“, bestätigte der Amtsbürgermeister in einem Zeugnis, das er dem jungen Mann am 14. September 1935 ausstellte.

Bernhard Tentler

Bernhard Tentler war am 23. Dezember 1903 im Ruhrpott, in Duisburg, zur Welt gekommen. Sein Vater Wilhelm war bei der Hafenbahn beschäftigt und litt an Asthma. 1919 zogen er und seine Frau Margarete, geborene Leiendecker, der guten Luft wegen mit ihren drei Kindern an die Twistedener Straße in Kevelaer. Der 16-jährige Sohn Bernhard nahm eine Anstellung beim Elektrizitätswerk an. Als zehn Jahre später Vater Wilhelm starb, ließ er, wie Gefühl und Anstand es forderten, eine Trauerzeit verstreichen und heiratete dann seine Liebe, die Kevelaererin Margareta Valks. Am 12. Januar 1931 schenkte sie ihrem Mann einen Sohn - Helmut.

1935 verkaufte die Gemeinde Kevelaer ihr Elektrizitätswerk an das RWE in Wesel. Es bestehe Einverständnis, dass das RWE einen Meister im Angestelltenverhältnis, ferner einen Kassierer, einen Monteur und einen Hilfsarbeiter im Lohnverhältnis übernehme, hieß es.

„Infolge Übereignung des Elektrizitätswerkes an das R.W.E. wird Tentler am 1. August 1935 mit seinem Einverständnis nach dort versetzt“, teilte der Amtsbürgermeister mit. Im Juli schrieb er ihm:

„Da Sie künftig nach dem beim RWE gültigen Tarif gelöhnt werden, erreichen Sie vorraussichtlich eine finanzielle Verbesserung. Das RWE hat ausdrücklich erklärt, dass Sie mit einer Dauerstellung rechnen können.“

„Mein Vater war nicht im Krieg“, erzählt Helmut Tentler. „Er war für die Stromversorgung verantwortlich.“

Vater Bernhards Gebiet reichte von Wesel über Kevelaer nach Weeze. Wenn jemand anrief, sattelte er sein Fahrrad mit Steigeisen, Flaschenzug und Werkzeugtaschen und fuhr los. Einmal habe sein Vater sonntags Dienst in Wesel gehabt, erinnert sich Sohn Helmut. Um vier Uhr morgens habe sich der Vater auf den Weg gemacht, um vor Ort die Isolatoren der Hochspannungsleitungen zu putzen. Gegen 18 Uhr sei er zurückgekehrt. „Als erstes bockte er sein Fahrrad in der Küche auf und wartete es, dann bekam er etwas zu essen und nickte schließlich im Sessel ein.“ Und wenn es dann nachts Fliegeralarm gegeben habe, habe der Vater sich wieder auf sein Fahrrad gesetzt und sei zurück nach Wesel gefahren.

Mit der Front blieb Bernhard Tentler in Kevelaer, während seine Familie in den Harz evakuiert wurde. Er übernachtete im alten Elektrizitätswerk und überwachte die Funktion der Anlagen. Am 1. November 1945, am Geburtstag der Mutter, kehrte die Familie zurück. Eine kleine Gesellschaft feierte im zerstörten Haus an der Twistedener Straße, während die Ratten über die Plisterlatten krochen.

1969 schied Bernhard Tentler aus seinem Berufsleben aus. Vom einfachen Monteur hatte er sich zum stellvertretenden Betriebsstellenleiter emporgearbeitet.

„Er ist da so hineingewachsen“, sagt sein Sohn Helmut. Seine Frau Alwine und er nahmen die Eltern nach Bernhard Tentlers Pensionierung in ihrem Haus in Winnekendonk auf.

„Er liebte besonders den sonnigen Platz auf der Terrasse“, erinnert sich Alwine und ihr Blick fällt durch das Wohnzimmerfenster in den Garten.

„Viel zu kurz konnte er ihn genießen.“

Bernhard Tentler starb 1973 mit 69 Jahren an den Folgen eines Herzinfarkts. Seine Frau Margareta überlebte ihn 17 Jahre und wurde im Kreis ihrer Familie 87.

Miriam Etzold

© Martin Willing 2012, 2013