Straelen,
Heinrich van
►
Rechtsanwalt
in Kevelaer |
* 1907 |
† 1985
Heinrich
van Straelen gründete nach dem Krieg in Kevelaer auf der Hauptstraße
eine Rechtsanwaltskanzlei, für die er im April 1946 die Genehmigung der
britischen Militärbehörde erhalten hatte.
Heinrich van Straelen entstammt einer weitverzweigten Familie, deren
Mitglieder schon im 12. Jahrhundert als Vögte von Straelen und im 14.
Jahrhundert als Schöffen und Bürgermeister von Geldern die Geschicke
dieses Raums mitbestimmt haben.
Mit der Wanderung der Franken waren die ersten van Straelens
beziehungsweise van Stralens an den Niederrhein gekommen und hatten sich
in den Sumpfniederungen der Niers dort niedergelassen, wo heute die
Stadt Straelen liegt. In einer Urkunde von 1150 heißt es bereits, dass
die van Straelens auf ihrer Burg in Nachbarschaft von Haus Caen von
alters her ein Geschlecht auf eigenem Grund und Boden seien. Mithin
dürfte die Familie van Straelen zu den ältesten in Kevelaer und Umgebung
zählen, deren Geschichte über 800 Jahre nachgewiesen werden kann.
Bis 1344 hatte die Familie van Straelen das Vogtamt für das Gebiet
Straelen inne. Sie unterstützte mit ihrer Gerichtsbarkeit die kirchliche
Abtei Siegburg, zu der das Gebiet Straelen gehörte. Zu ihrem Eigentum
zählte die Familie neben ihrer Burg unter anderem die Herrlichkeiten
Well, Aerssen und Bergen.
Das Jahr 1344 brachte eine Zäsur: Als Schlusspunkt langer
Auseinandersetzungen mit dem Herzogtum Geldern verkaufte der letzte Vogt
Heinrich van Stralen das Gericht und die Herrschaft zu Straelen sowie
alle Güter an den Herzog von Geldern. Mitglieder der
van-Straelen-Familie wirkten fortan im Herzogtum Geldern als Schöffen,
denen die Rechtsprechung oblag.
Der erste nachgewiesene Schöffe aus der Familie ist Johannes de Stralen
(Urkunde von 1293). Bis zum Beginn des 17. Jahrhunderts finden sich in
den Listen der Schöffen, Ratsmitglieder und Bürgermeister zahlreiche
Mitglieder dieser Familie. In Kevelaer besaß der hiesige Zweig der
Familie „an den Eeyken genannt van Stralen“ unter anderem das
Heynartzgut (1453) und das Allodialgut (1570), im Süden der heutigen
Stadt gelegen. Der in den Taufregistern von 1655 bis 1665 erwähnte Zweig
ließ sich in Uedem nieder, wo er in Steinbergen den Kilmontshof erwarb.
Zu ihm zählte Theodor van Straelen, der 1867 nach Kevelaer zurückkehrte
und an der Hauptstr. 34 ein Haus bewohnte, das später auf
Dr. med.
Alfons Hölzle, verheiratet mit Anni van Straelen, überging (deren
Sohn
Klaus,
Neffe des Kanzleigründers Heinrich van Straelen, und Rüdiger van
Straelen, Sohn des Gründers, übernahmen später die Unternehmung; sie
trennten sich im Jahr 2002).
Heinrich van Straelen übte seinen Anwaltsberuf bis ins hohe Alter aus.
Seine ersten Sporen hatte er sich in Berlin als Scheidungsanwalt
deutscher Schauspieler verdient.
Bekannt gegeben hatte er seine Tätigkeit unter anderem im Kävels Bläche
– zum Beispiel mit dieser Annonce: Berlin, den 30. März 1935 - Wir
zeigen hierdurch ergebenst an, daß wir uns in Berlin als Rechtsanwälte
niedergelassen haben. Unser Büro befindet sich Hohenzollerndamm 204. van
Straelen, Dr. Pabst von Ohain, Rechtsanwälte.
1939 wurde Heinrich van Straelen zur Marine eingezogen und war
Navigationsausbilder. Er wurde 1944 aus der Partei ausgeschlossen, weil
er den Hitlergruß verweigert hatte.
Nach dem Krieg inserierte van Straelen erneut, diesmal im Amtlichen
Mitteilungsblatt der Militärregierung:
„Nach mehr als 10jähriger Zulassung als Rechtsanwalt beim Landgericht
Berlin bin ich jetzt beim Landgericht Kleve und beim Amtsgericht Geldern
als Rechtsanwalt sowie beim Militärgerichtshof in Kevelaer als
Strafverteidiger zugelassen. van Straelen, Rechtsanwalt, Kevelaer,
Hauptstr. 34, Tel. 235.
Die Not der Menschen war damals groß: Heinrich van Straelen wurde als
Anwalt der (erwischten) Schmuggler weithin bekannt. Sein Honorar bestand
vorzugsweise aus einem Stück Speck oder ein paar Eiern.
Zudem arbeitete er in Entnazifizierungsprozessen. So verteidigte er den
ehemaligen Kevelaerer NSDAP-Chef Theodor Brocks Anfang der 50er-Jahre in
Düsseldorf. Brocks-Sohn Hans erzählte dem KB einmal: „Angehörige der
verschiedenen Kevelaerer Parteien sagten nur Positives über Vater aus.“
Heinrich van Straelen habe ihn erfolgreich verteidigt.
Auch kommunalpolitisch betätigte sich Heinrich van Straelen.
1946 gründete er die CDU-Ortspartei in Kevelaer mit. Er wandte sich aber
schon bald der Zentrumspartei zu, für die er kandidierte und bis Ende
1949 in der Amtsvertretung als Fraktionsvorsitzender arbeitete.
Politischer Höhepunkt war die Bürgermeisterwahl im November 1948: Er
trat auf FDP-Vorschlag als Gegenkandidat zu Peter Plümpe an. Zentrum,
SPD und FDP wählten van Straelen, die CDU wählte Plümpe, der die
Abstimmung mit 9:8 nur knapp gewann.
Mit seinem Parteiaustritt verließ van Straelen 1949 zugleich den Rat.
Wenig später half er mit, die bis 1933 als Partei existierende
Arbeitsgemeinschaft selbstständiger Berufe (ASB) in Kevelaer neu zu
gründen (1950). Die ASB hatte nun einen rein berufspolitischen
Charakter. Vorsitzender wurde
Arnold Dyx, der
für van Straelen in den Rat nachgerückt war; der Anwalt übernahm die
Geschäftsführung im Verein.
Zu seinen liebsten Nebenbeschäftigungen zählten die Erforschung der
Familiengeschichte, sein sieben Morgen großer Besitz auf Schravelen und
sein Segelschiff „Ariadne“, mit dem er dreimal die rauhe Biskaya
überquerte.
Als Heinrich van Straelen 1985 starb, hieß es im Nachruf des Klever
Anwaltsvereins e. V.: „Der Verstorbene hat mehr als 50 Jahre
gewissenhaft dem Recht gedient. Zielstrebiger Arbeitseifer und
unermüdlicher Einsatz für die sich ihm anvertrauende Klientel zeichneten
sein Leben aus. Wegen seines liebenswerten Wesens erfreute er sich
allseitiger Wertschätzung.“